Fotoshooting mit Tennisspielerin Angelique Kerber

Angelique Kerber: „Früher war ich verbissen, jetzt kann ich genießen“

Zur Pressekonferenz beim Porsche Tennis Grand Prix in Stuttgart erscheint Angelique Kerber mit extrem guter Laune. Ihre Erst­rundenpartie gegen Roberta Vinci gewann sie glatt, die Pleite vom Fed Cup scheint sie hinter sich gelassen zu haben. Lächelnd beantwortet sie die Fragen zu ihrem Match, posiert danach kurz für ein paar Porträtfotos und kommt dann zum Interviewtermin mit tennis MAGAZIN. Der Kommunikationsbeauftragte der WTA-Tour gibt zu verstehen, dass Kerber 15 Minuten Zeit hat. Nur eine Viertelstunde? Mit ihrem Management waren 20 Minuten vereinbart. 15 minutes, wiederholt der WTA-Mann grimmig. Na dann, schnell loslegen, bloß keine Zeit mehr verlieren.

 

Frau Kerber, liegen Sie eigentlich absichtlich  in vielen Ihrer Matches anfangs zurück?
Wie kommen Sie denn darauf?

Naja, Sie wehren ständig Matchbälle ab und gewinnen dann noch. Dreimal gelang Ihnen das schon in diesem Jahr.
Nein, ich lasse meine Gegnerinnen natürlich nicht mit Absicht in Führung gehen (lacht). Außerdem muss ich Sie korrigieren: Ich konnte 2012 sogar schon vier Partien nach Abwehr von Matchbällen noch drehen.

Tatsächlich?
Ja, zweimal in Indian Wells, einmal in Kopenhagen und dann noch zu Jahresbeginn im aus­tralischen Hobart, woran sich nur noch wenige erinnern können.

Stimmt, das hatte ich auch vergessen. Wie geht das, so oft zurückzukommen?
Ganz ehrlich: Ich habe keine Ahnung. Mein Coach meint zwar, dass ich bei Rückständen plötzlich eine andere Spielerin bin und dann aggressiver werde. Aber ich selbst kann das nicht nachvollziehen. Wie ich etwa in Indian Wells einen 2:6, 1:5, 15:40-Rückstand gegen Sloane Stephens noch aufholte, weiß ich nicht.

Wenn Sie so weit zurückliegen: Glauben Sie dann noch ernsthaft an einen Sieg?
Definitiv. Den Glauben daran verliere ich nie egal, ob es 0:5 oder 4:5 in einem Satz steht. Vor diesem Jahr drehte ich in meinem ganzen Tennisleben vielleicht ein- oder zweimal solche Spiele. Verrückt, dass es 2012 so viele sind.

Sind das vielleicht die Folgen Ihrer Arbeit mit dem Mentalcoach Holger Fischer?
Das könnte sein. Holger hat mir sehr dabei geholfen, Vertrauen in meine Stärken zu entwickeln und innere Ruhe zu bewahren und zwar unabhängig vom Spielstand. Früher hätte ich solche Matches eher abgeschenkt.

Macht sich so die wundersame Wandlung der Angelique Kerber bemerkbar?
Wie oft ich das schon gehört habe in der letzten Zeit (stöhnt). Aber es ist richtig, dass ich mich verändert habe. Mein Selbstvertrauen ist viel größer geworden. Ich bin nicht mehr so verbissen auf dem Platz und kann dadurch schöne Momente besser genießen. Aufgrund meiner Erfolge ist der Respekt vor mir gewachsen. Die Großen der Damenszene grüßen mich jetzt und nehmen mich als ernsthafte Konkurrentin wahr. Es fühlt sich schön an, wenn der eigene Stellenwert wächst.

Sie haben sich auch körperlich verändert und sind fitter als früher. Ist Fitness der wichtigste Aspekt im Damentennis geworden?
Auf der Damentour können alle Tennis spielen. Deswegen kommt der Fitness eine besondere Rolle zu. Nur wer wirklich durchtrainiert ist, kann fünf, sechs oder sieben Matches auf hohem Niveau durchhalten. Genau damit hatte ich noch im letzten Jahr meine Probleme.

Dann folgte das legendäre Drillcamp in der Offenbacher Tennis-University von Alex Waske und Rainer Schüttler im Sommer 2011.
Exakt. Da habe ich zum ersten Mal in meiner Karriere systematisch an meinen körperlichen Schwächen gearbeitet. Nach den vier Wochen Fitnesstraining kam ich direkt  ins Halbfinale der US Open.

Mussten Sie sich danach nicht fragen, was Sie vorher alles falsch gemacht hatten?
Ich war zu unprofessionell. Das weiß ich heute. Früher fehlte mir die Reife, mich auf eine Weiterentwicklung als Spielerin einzulassen. Ich brauchte meine Zeit, um mich aus alten Strukturen zu lösen und neu anzufangen.

Hatten Sie Angst, nach Ihrem Erfolg in New York als Eintagsfliege zu enden?
Ja, davor hatte ich tatsächlich Angst. Ich glaube, dass viele Beobachter davon ausgegangen sind, dass ich bei den US Open nur ausnahmsweise zwei tolle Wochen hatte und danach wieder in der Versenkung verschwinden werde. Aber in New York hat es bei mir Klick gemacht. Ich weiß seitdem, dass ich gegen alle Spielerinnen da draußen Chancen habe. Das habe ich auch schon mehrfach unter Beweis gestellt. Es gab großen Druck, nach New York ähnlich gute Resultate am besten im Wochentakt zu liefern. Aber damit habe ich gelernt, umzugehen.

Warum waren Sie beim Fed Cup gegen ­Australien so meganervös, wie Sie nach dem Match gegen Sam Stosur zugaben?
Das war eine neue Erfahrung für mich. Auf einmal als Nummer eins für Deutschland anzutreten, ist etwas komplett anderes, als irgendwo in der Welt als Einzel­kämpferin ein Turnier zu spielen. Das Gute ist, dass ich aus dieser Situation viel lernen konnte, damit mir so etwas nicht noch einmal passiert.

Wie sehr litt der oft beschworene Teamgeist unter der Niederlage und dem Abstieg?
Wir waren alle sehr enttäuscht, logisch. Aber wir gewinnen als Team und wir verlieren als Team. Das sind jetzt keine hohlen Floskeln, sondern das ist unsere Einstellung. Wir gehen alle nach wie vor davon aus, dass wir eines Tages den Pott holen werden.

Würden Sie mit Ihren Fed Cup-Kolleginnen in den Urlaub fahren?
Ausschließen würde ich das nicht. Aber es gibt keine konkreten Pläne.

Dann verreisen Sie lieber wieder mit  Caroline Wozniacki und den Radwanska-Schwestern?
Auch mit den Dreien ist noch nichts ab-gemacht. Aber wir denken über eine Wieder­holung unseres letzten Urlaubs nach sofern das mit unseren Terminen passt.

Ist es nicht ungewöhnlich, so gut mit WTA-Konkurrentinnen befreundet zu sein?
Ich kenne die Mädels seit meiner frühesten Kindheit. Wir haben alle polnische Wurzeln, sprechen auch miteinander polnisch und spielten etliche Turniere gemeinsam. Das sind gewachsene Freundschaften. Wenn wir in den Urlaub fahren, haben wir viel Spaß und reden über alles nur nicht über Tennis.

Was sagen die drei zu Ihrer Entwicklung und Ihren Erfolgen in diesem Jahr?
Sie freuen sich mit mir darüber wie das bei alten Freundinnen eben üblich ist.

War Caroline Wozniacki nicht sauer, dass Sie jüngst ihre Siegesserie in Kopenhagen beendeten und dort den Titel holten?
Wir trennen berufliche und private Angelegenheiten. Ich setzte mich gegen sie und eine Kulisse von 4.000 dänischen Fans durch, das war schwer genug. Caroline honoriert so etwas.

Welchen Anteil hat Ihr Tour-Coach Torben Beltz an Siegen wie dem in Kopenhagen?
Natürlich einen sehr großen. Er begleitet mich zu allen Turnieren, unterstützt und motiviert mich. Torben war übrigens mein erster Trainer nach meinem Vater, der mir Tennis beibrachte und mich lange trainierte. Vor sechs Jahren arbeiteten wir das erste Mal zusammen. Er kennt mich also sehr gut.

Wie kam es dazu, dass Sie auf Turnierreisen Ihre alte Leidenschaft, das Malen, wieder neu für sich entdeckt haben?
Also, da muss ich gleich etwas klarstellen: Ich sitze nicht mit einer Leinwand einsam im Hotelzimmer und male einen Sonnenuntergang nach dem anderen. So war es irgendwo zu lesen und das ist stark übertrieben. Es stimmt, dass ich schon immer gerne gemalt habe und das auch jetzt manchmal mache.

Was malen Sie denn?
Ach, alles, was mir in den Sinn kommt. Ich habe einen Block und Buntstifte dabei. Abends zeichne ich zur Ablenkung einfach drauf los.

Verschenken Sie die Bilder?
Nein, bloß nicht (lacht). Die sind nur für mich bestimmt. Das Zeichnen entspannt mich. Aber man sollte das nicht überbewerten. Es ist nur ein Hobby.

So wie Ihr Faible für schnelle Autos?
Ach Gott, das wurde auch so aufgebauscht, weil ich gleichzeitig einen Mercedes und einen Audi A3 hatte und gerne zügig unterwegs bin.

In Ihrer Sammlung müsste auch ein Porsche sein, der innerhalb des Deals ­zwischen dem  Sportwagenbauer und dem Deutschen Tennis Bund an jede Fed Cup-Einzelspielerin ging.
Das stimmt, wir haben alle einen bekommen. Flotter Wagen, der Cayenne!

Also haben Sie jetzt drei Autos?
Nein, den Audi habe ich verkauft.

Sind Sie schon oft geblitzt worden?
Eher selten. Der eine Strafpunkt, den ich in der Verkehrssünderdatei in  Flensburg hatte, ist neulich zum Glück verfallen.cheap air jordan 1 low | air jordan 1 cheap australia