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„Ich war besser als alle Jungs“

Frau Petrova, Sie sind die Nummer sieben der Welt, die zweit­beste russische Spielerin in der Weltrangliste. Trotzdem finden Sie in den Medien kaum Beachtung. Stört Sie das?
Klar ist es schön, wenn man Aufmerksamkeit bekommt. Andererseits kann ich mich auf mein Tennis konzentrieren. Und man muss auch sehen, dass Sharapova und Myskina schon Grand Slam-Turniere gewonnen haben. Dementieva stand zweimal im Finale.

Maria Sharapova würde auch ohne einen Grand Slam-Titel Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Und das ist auch okay so. Es muss Spielerinnen wie sie geben. Davon lebt das Tennis. Ich bin anders. Wenn ich auf den Platz gehe, erledige ich meinen Job. Alles andere interessiert mich nicht. Aber ich weiß, dass meine Zeit kommen wird. Vielleicht bin ich ja die nächste Russin, die ein Grand Slam-Turnier gewinnt.

Wo denn am liebsten?
In Paris. Dort stand ich schon zweimal im Halbfinale.
Vor ein paar Jahren, als noch keine Rede von der russischen Revolution im Tennis war, sagten Sie den bemerkenswerten Satz: Bald werden fünf Russinnen in den Top Ten der Welt stehen
und es wurde wahr!

Woher wussten Sie das?
Wir sind ein großes Land. Es gibt viele ehrgeizige Talente. Und es tauchen ständig neue Gesichter auf.
Maria Kirilenko und Dinara Safina zum Beispiel zählen schon zu den besten 20.

Wuchsen Sie wie viele ihrer Kolleginnen in dem berühmten Spartak Club in Moskau auf?
Nein, ich trainierte in einem kleinen Verein auf der anderen Straßenseite. Bis ich zwölf war,
lebte ich mit meinen Eltern in Moskau. Dann bekam mein Vater ein Angebot, beim ägyptischen Leichtathletik-Verband als Trainer zu arbeiten. Wir zogen nach Kairo. Dort entschied ich mich, Profi zu werden.

Ihre Eltern waren früher selbst Topathleten. Ihr Vater war ein berühmter Hammerwerfer, Ihre Mutter lief bei den Olympischen Spielen in Montreal über 400 Meter. Wie groß war deren Einfluss auf Ihre Entscheidung?
Sie haben mich nicht gezwungen, Profi zu werden. Aber sie haben sich schon immer sehr um mein Tennis und meine Fitness gekümmert. Ich wuss­te, wenn ich auf dem Platz bin, muss ich perfekt trainieren und darf keine Zeit verschwenden. Sonst hätte ich mit meinen Eltern Ärger bekommen.
Klingt nicht gerade nach Spaß?
Es war eine harte Jugend. Aber das ist der Grund dafür, warum wir Russinnen so gut sind. Bei uns sind die Eltern von Anfang an involviert. Mit sechs Jahren weiß ein Kind noch nicht, was es will. Also müssen es die Eltern vorgeben. Als ich erwachsen wurde, wuss­te ich, dass es für mich der richtige Weg war. Jetzt bin ich dankbar dafür.

Aber als Kind waren Sie es nicht?
Es gab Zeiten, in denen ich Tennis gehasst habe. Als ich zwölf war, hatte ich Angst, Turniere zu spielen. Ich wusste, wenn ich verliere, werden meine Eltern mit mir schimpfen. Sie haben mich nicht geschlagen, aber sie haben stundenlang auf mich eingeredet. Und ich habe geweint.
Erinnern Sie sich auch an schöne Momente?
Im Sportunterricht war ich immer besser als die Jungs. Sie wussten, dass ich stärker bin als sie, also hatten sie Respekt vor mir.

Wie lebte es sich als angehender Tennisprofi in Kairo?
Das Leben unterscheidet sich gar nicht so sehr von dem Leben in Europa. Mein Vater hatte eine gute Position. Wir wohnten in einer guten Gegend. Okay, es war als Frau in Shorts nicht leicht, herumzulaufen. Aber ich konnte Turniere spielen und hatte genügend Sparringspartner. Trainiert hat mich mein Vater. Er hat auf mich aufgepasst.

Wer war strenger Vater oder Mutter?
Meine Mutter. Ich bin in den letzten Jahren viel mit ihr gereist. Aber ich wollte das nicht mehr. Jetzt fährt mein Vater häufiger mit zu Turnieren. Er setzt mich nicht so sehr unter Druck. Er ist eher ein Freund.

2005 schafften Sie das Kunststück, bei 17 Turnieren mindestens ins Viertelfinale zu kommen. Was haben Sie sich für diese Saison vorgenommen?
Ich habe harte Schläge, ich bin gut am Netz, mein Aufschlag ist gut. Aber all diese Dinge kann ich noch verbessern. Was das Ranking angeht: Ich bin sicher, dass die Nummer sieben nicht mein Limit ist. Ich kann es noch viel weiter nach vorne schaffen. In diesem Jahr will ich ein Grand Slam-Turnier gewinnen und am Ende der Saison unter den Top 5 stehen.

Bei den letzten drei großen Turnieren in Wimbledon, New York und Melbourne verloren Sie gegen Sharapova. Können Sie sie nicht schlagen?
Ich habe sie ja beim Masters in Los Angeles geschlagen. Bei den Grand Slams fehlte mir in den entscheidenden Situationen die Erfahrung. Es war eher ein mentales Problem. Aber das nächste Mal schlage ich sie.

Was haben Sie für eine Beziehung zu ihr?
Gar keine. Ich glaube, es gibt überhaupt keine Spielerin, die zu ihr eine Beziehung hat. Ihr Vater diktiert, was sie zu tun hat. Sie ist eigentlich nie freundlich, macht alles alleine. Mir kommt es so vor, als würde sie eine Rolle in einem Hollywood-Film spielen. Sie ist nicht sie selbst.

Elena Dementieva kennen Sie schon lange. Sie schlug Sie vor acht Jahren im Endspiel der Orange Bowl. Wie verstehen Sie sich mit ihr?
Wir stehen uns sehr nahe. Aber wo Sie gerade das Orange Bowl-Finale erwähnen. Es war eine Fehlentscheidung des Linienrichters, die das Match entschieden hat. Es stand 4:4, Vorteil für mich, und Elena spielte den Ball 20 Zentimeter ins Aus. Der Schiedsrichter sah es nicht. Ich verlor meinen Kopf, das Spiel, und das Match.

Verraten Sie uns: Warum funktioniert der Aufschlag von Dementieva nicht?
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Ein Freund von mir spielt sehr gut Tennis, aber er schlägt schlecht auf. Eines Tages ging er zu Marat Safin und fragte ihn: Was ist falsch an meinem Aufschlag? Marat antwortete: Gott hat dir keinen Aufschlag gegeben. So ist es auch bei Elena. Sie kann ihn nicht lernen, aber dafür schlägt sie von der Grundlinie härter als alle anderen.

Ja. Es gibt ja auch keinen Druck beim Üben. Sie wird in diesen Momenten nicht so viel nachdenken.
Anna Kournikova hat ihr Comeback angekündigt. Was halten Sie davon?
Ich wünsche ihr viel Glück. Aber sie sollte nicht so viele Doppelfehler machen. Sonst hat sie keine Chance. Aber ich finde es toll, dass es bei uns auf der Tour so viele Charaktere gibt. Das Damentennis ist spannend, nicht so wie bei den Herren, wo Federer immer gewinnt. Bei uns kann jede siegen.

Ist die Zeit der Williams-Schwes-tern vorbei?
Ja. Sie haben ihre eigene Modemarke, ihre Fernseh-Auftritte.

Was erwarten Sie von den Belgierinnen Kim Clijsters und Justine Henin-Hardenne?
Kim hat gesagt, dass sie in zwei Jahren aufhören wird. Justine spielt sehr gut, aber sie hat oft gesundheitliche Probleme. Schwer zu sagen, wer künftig an der Spitze steht.

Vielleicht Sie?
Ja, vielleicht ich.

Das Gespräch führten Esther-Skadi Brunn und Andrej Antic
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