Miami Open 2018 – Day 14

KEY BISCAYNE, FL - APRIL 01: Alexander Zverev of Germany looks on against John Isner of the United States during the men's final on Day 14 of the Miami Open Presented by Itau at Crandon Park Tennis Center on April 1, 2018 in Key Biscayne, Florida. (Photo by Michael Reaves/Getty Images)

Alexander Zverev und der schmale Grat

Alexander Zverev verpasste seinen dritten Masters-1000-Titel bei den Miami Open nur knapp. Zwischen einer Auftaktniederlage und dem Turniersieg liegen bei dem Deutschen oft nur Nuancen.

Viel hat nicht gefehlt und Alexander Zverev hätte bei den Miami Open seinen dritten Masters-1000-Titel gewonnen – mit knapp 21 Jahren. Wie ist diese Leistung einzuordnen im Vergleich zu anderen Spielern? Nur Rafael Nadal, Boris Becker, Michael Chang und Novak Djokovic wären jünger gewesen bei drei Masters-Titeln als der Deutsche. Wenn Zverev in diesem Jahr einen weiteren 1000er-Titel gewinnt, steht er in dieser Statistik immer noch auf Platz vier. Roger Federer holte seinen dritten Masters-Titel erst mit 22 Jahren und 281 Tagen.

Zu passiv im Finale gegen Isner

Das verlorene Finale gegen John Isner hat indes auch gezeigt, dass bei Zverev spielerisch noch viel Luft nach oben ist. Der aufschlaggewaltige US-Amerikaner agierte von der Grundlinie nicht nur aggressiver, sondern auch sicherer und bewegte sich sogar in der Defensive äußerst geschickt. Zverev spielte zu kontrolliert und hoffte auf die Fehler Isners – die allerdings zu selten kamen. Ein bisschen mehr Mut zum Risiko in den langen Rallys hätte ruhig sein können. Es ist jedoch Klagen auf einem hohen Niveau. Isner spielte in Miami vermutlich das Turnier und das Tennis seines Lebens. Das bekamen in den Runden zuvor auch die formstarken Juan Martin del Potro und Hyeon Chung zu spüren.

Außerdem: Wenn bei einem bald 21-Jährigen (Zverev hat am 20. April Geburtstag), der bereits zwei Masters-1000-Titel gewonnen hat und die Nummer drei der Welt war, noch enormes Steigerungspotential besteht, dann darf man gespannt darauf sein, was in den nächsten Jahren noch kommen wird. Die Miami Open haben erneut gezeigt, dass es zwischen einer Auftaktniederlage und dem möglichen Turniersieg nur ein schmaler Grat ist. Zverev gewann sein Auftaktmatch gegen den Russen Daniil Medevedev im Tiebreak des dritten Satzes mit 7:5. Nach dem Match kommentierte der Deutsche, dass er bei einem Turnier im ersten Match meist keine gute Partie zeige und enorm zu kämpfen habe. Wenn er diese überstanden habe, komme er anschließend häufig ins Rollen, versicherte er.

Kurz vor dem Aus, dann der Turniersieg

Fakt ist: Bei vier seiner bisherigen sechs Turniersiege mühte sich Zverev zu einem Auftakterfolg. Als er im August nacheinander die Turniere in Washington, D.C. und Montreal gewann, siegte er in seinem Startmatch jeweils im Tiebreak des dritten Satzes. In Montreal wehrte er gar drei Matchbälle gegen Richard Gasquet ab und stand wenig später mit dem Turniersieg da – im Finale gegen Roger Federer. Und wer erinnert sich noch an die Australian Open 2016, als Angelique Kerber beim Weg zum Grand Slam-Titel in der ersten Runde einen Matchball abgewehrt hatte. Die Weltspitze im Tennis ist so dicht zusammengerückt, dass in vielen Matches nur Nuancen über ein frühes Aus oder einem späteren Turniersieg entscheiden. Dies sollte man bei der Wahrnehmung und Beurteilung der Ergebnisse von Spielern berücksichtigen.

Nach seiner Erstrundenniederlage gegen Joao Sousa in Indian Wells wurde Zverev in den sozialen Medien zerrissen. Mein tM-Kollege Jannik Schneidert forderte daraufhin in seinem Kommentar, dass man mehr Geduld mit dem Deutschen haben sollte. Nicht auszudenken, was sich bei Facebook & Co. abgespielt hätte, wenn Zverev in Miami sein Auftaktmatch gegen Daniil Medvedev verloren hätte. Stattdessen stand er beinahe mit dem Titel da. Lob, Zuspruch oder sonstige positive Kommentare nach den Siegen gegen Nick Kyrgios, Borna Coric oder Pablo Carreno Busta gab es allerdings nur vereinzelt zu lesen. Vielmehr wurde die Qualität oder der Fitnesszustand seiner Gegner in Frage gestellt. Ein Unding. Nach der Finalniederlage gegen Isner kamen die Zverev-Kritiker wieder aus ihren Löchern gekrochen. Übrigens: Der deutsche Begriff Schadenfreude hat kein Äquivalent in anderen Sprachen. Das sagt auch einiges über die deutsche Kultur aus.

Nur drei Deutsche besser als Zverev

Es gibt keinen Zwang, Zverev mögen zu müssen. Und man kann sein Verhalten auf dem Platz auch durchaus kritisch sehen. Dennoch sollte man anerkennen und würdigen, was er mit knapp 21 Jahren bereits erreicht und gewonnen hat – und das ist eine Menge! Würde Zverev nun seine Karriere beenden, gäbe es nur drei deutsche Herrenspieler, die erfolgreicher (mehr Turniersiege) waren: Boris Becker, Michael Stich und Tommy Haas. Zverev ist kein Überspieler wie Rafael Nadal und Novak Djokovic, die in seinem Alter auf einem konstant hohen Niveau gegen vermeintlich schwächere Spieler stets gewonnen haben. Überraschende Niederlagen, Rückschläge und das eine oder andere kleinere Tal wird es für den Deutschen in den nächsten Monaten wahrscheinlich weiterhin geben.

Was für Zverev spricht: Er ist den Leuten nicht egal, er polarisiert, er hat Ecken und Kanten. Schlimmer wäre es, wenn seine Leistungen und sein Auftreten keinerlei Beachtung finden und in Gleichgültigkeit umschlagen würden. Der Deutsche tut zudem einiges, um ein positives Image von sich zu schaffen. Seine Reden bei den Siegerehrungen, wie die im Finale gegen John Isner, sind für einen 20-Jährigen äußerst reflektiert und alles andere als leere Floskeln. Sein Treffen in Miami mit seinem Edelfan, dem siebenjährigen Felix, der wie eine Minikopie aussieht, war herzallerliebst. Womit Zverev seine großen Gegner und Kritiker vorerst zum Verstummen bringen könnte? Wie wäre es mit einem Sieg im Davis Cup gegen Rafael Nadal auf Sand.

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