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Lleyton Hewitt spielt zum 20. und letzten Mal bei den Australian Open.

Lleyton Hewitt: Mach es noch ein letztes Mal, Rusty!

Jetzt ist es soweit: Lleyton Hewitt geht in Rente, nach den Australian Open ist Schluss, endgültig. Schade. Hewitt war jahrelang meine Konstante im Tennisbusiness. Auf ihn war Verlass. Nein, nicht im Sinne von Federer früher und Djokovic heute. Hewitt war nie unbesiegbar. Ganz im Gegenteil: Er war immer verwundbar, wenn er sich da draußen auf dem Platz in die nächste Schlacht warf. Hewitt war limitiert, er hatte unübersehbare Schwächen in seinem Spiel. Aber – und deswegen konnte man sich so auf ihn verlassen: Er ackerte bis zum allerletzten Punkt, er ließ sein letztes Hemd auf dem Platz und riss sich so oft den Allerwertesten auf. Das imponierte mir. Klar, Federers Eleganz oder der Perfektionismus von Djokovic sind bemerkenswert. Doch Hewitt war mir immer etwas näher. Weil er eben nicht so makellos, so meisterhaft und so vollendet war.

Jüngster Australian Open-Teilnehmer der Geschichte

1997, als ich mir noch ohne ein allzu schlechtes Gewissen haben zu müssen die Nächte während der Australian Open vor dem Fernseher meines Studi-WG-Zimmers um die Ohren schlagen konnte, betrat in Melbourne ein kleiner, schmächtiger Junge im Alter von 15 Jahren und elf Monaten die große Tennisbühne: Lleyton Hewitt hatte sich als jüngster Spieler aller Zeiten für das Hauptfeld der Australian Open qualifiziert. Er verlor in der ersten Runde gegen Sergi Bruguera 3:6, 4:6, 3:6. Ich fand die Story damals fabelhaft – vor allem, weil ich ein Faible für Australien hatte. Es war mein Traumland und alles, was von dort kam, mochte ich, insbesondere die Tennisspieler. Ja, komplett naiv, ich weiß. Aber hey: Ich war auch erst Anfang 20.

Lleyton Hewit mit dem unterlegen Pete Sampras nach dem US Open-Finale 2001

Lleyton Hewitt (li.) mit dem unterlegenen Pete Sampras nach dem US Open-Finale 2001.

Hewitt fand ich cool – Punkt. Ich verschlang seine Geschichten. Wie er schon als Baby im Alter von acht Wochen von seinen Großeltern ein Wimbledon-Shirt geschenkt bekam. Wie er als kleiner Junge immer mit den Eltern die Australian Open besuchte und seitdem von einem Triumph im Melbourne Park träumte („Für einen Sieg würde ich sogar auf Kuhmist antreten!“). Wie er dann, zu seinen Anfangszeiten als Profi, von seinen Landsleuten zum unbeliebtesten Sportler überhaupt gewählt wurde, weil er ihnen zu verbissen und zu respektlos erschien. Und wie er später mit Profikollegin Kim Clijsters liiert war und die beiden ganz Australien verzückten.

Er inszenierte sich früh als „Ultimate Warrior“, als einer, der nie aufgibt, jeden Ball versucht zu erlaufen und immer kämpft. Das war seine große Stärke und sie spielte er schon als Teenager voll aus. Er lief so lange, grub so viele unerreichbare Bälle aus, bis die Gegner schlapp machten. Mit seinen markigen „C´mon“-Schreien brüllte er sich in einen regelrechten Spielrausch, er beschimpfte als Jungprofi Gegner und Schiedsrichter. Und: Er führte tatsächlich die Tradition großer australischer Tennis-Stars fort. Am 19. November 2001 wurde er die jüngste Nummer eins der Tennisgeschichte (mit 20 Jahren und acht Monaten). 80 Wochen hielt er sich an der Spitze und gewann zwei Grand Slam Titel (US Open 2001, Wimbledon 2002).