Tim Pütz, Jan-Lennard Struff

Tim Puetz (top C) and teammate Jan-Lennard Struff (top R) of Germany celebrate their victory with teammates following the World Group Davis Cup tennis third round doubles match against Matthew Ebden and John Peers of Australia at Pat Rafter Arena in Brisbane on February 3, 2018. / AFP PHOTO / Patrick HAMILTON / --IMAGE RESTRICTED TO EDITORIAL USE - STRICTLY NO COMMERCIAL USE-- (Photo credit should read PATRICK HAMILTON/AFP/Getty Images)

Mail aus Brisbane: Die lang ersehnte Doppelstärke

Jan-Lennard Struff und Tim Pütz haben das deutsche Davis Cup-Team in Australien in Führung gebracht. Dabei wurden sie selbst noch nach dem ersten Aufschlag vom australischen Team unterschätzt. Anschließend gab das Duo überrascht zu, noch kein Spiel verloren zu haben. Vor Ort bleibt festzuhalten: Der DTB hat endlich ein starkes Doppel, das die Grundlage für langfristige Erfolge bilden kann. Gewonnen ist kurzfristig in Brisbane aber noch gar nichts. Jetzt warten alle gespannt auf das Duell zwischen Alexander Zverev und Nick Kyrgios.

Das Scheinwerferlicht in der Arena war getrimmt, der – überraschende – Erfolg längst eingetütet, Tim Pütz wurde gar noch von einem Dopingkontrolleur begleitet (der Sieg hatte Kraft und wohl zu viel Flüssigkeit gekostet); da begannen er und Jan-Lennard Struff mit den Fingern zu zählen und schauten sich verdutzt an.

„Mal überlegen. Französische Liga, deutsche Bundesliga, das Challenger vor dem Davis Cup vergangenem Herbst und eben die Länderspiele in Portugal und heute“, zählte Pütz auf und schaute seinen Partner an. Dieser erklärte dann fast ein wenig peinlich berührt: „Ja, dann sind wir wohl noch ungeschlagen.“

Wurde Pütz unterschätzt?

Beide konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die Überraschungskombination aus Portugal, als Teamkapitän Michael Kohlmann den unbekannten Hessen Pütz, nicht unter den ersten 100 in der Weltrangliste und nur unregelmäßig auf der ATP-Tour unterwegs, im Alleingang nominierte und dank des Sieges viel Schulterklopfen erntete, hat mit ihrem Fünfsatzsieg über John Peers und Mathew Ebden an diesem Samstag in Brisbane den nächsten Schritt in ihrer gemeinsamen Entwicklung getätigt. Zudem haben sie dafür gesorgt, dass sie im Doppel des Davis Cups so schnell wohl keiner mehr unterschätzen wird. In Brisbane hatten einige den Eindruck, dass vor allem Pütz nicht von jedem ganz ernst genommen wurde.

„Wenn ich die Woche Revue passieren lasse und heute in die Gesichter mancher Australier auf der Bank geblickt habe nach Tims Schlägen zu Beginn, konnte man diesen Eindruck schon gewinnen“, berichtete Kohlmann mit einem ganz zarten Lächeln auf dem Gesicht und ergänzte nicht ohne Stolz: „Tim war bis zum 1:0 und 5:4 im zweiten Satz in meinen Augen der beste Spieler. Den Eindruck konnte ich beim Einspielen nicht unbedingt gewinnen.“

Tatsächlich wirkte der 30-Jährige sehr angespannt, zumindest von außen. Der Rechtshänder schaffte es allerdings recht früh in Satz eins, sich an das Niveau, das vor allem von der Nummer vier der Doppel-Welt Peers diktiert wurde, heranzutasten. „Ich kenne ihn schon, seit wir gemeinsam in den USA studiert haben, und Matthew und ich spielen ab und zu die gleichen Turniere. Die wissen schon, dass ich einen ganz guten Ball spielen kann“, erklärte Pütz und Struff lächelte.

„Das darf doch alles nicht wahr sein”

Struff war es auch, der über die gesamte Matchdauer hinweg mit einem mächtigen und vor allem konstanten Aufschlag dafür sorgte, dass Deutschland vorne weg marschierte. Im ersten Satz reichte ein Break, im zweiten wurde selbiges durch eine kleine Schwächephase von Pütz vergeben. „Dann haben wir einen schlechten Tiebreak gespielt“, sagte Struff und Kohlmann ergänzte: „Selbst als uns das zwei Sätze später nochmal passiert ist, wusste ich, und das strahlten auch die beiden Jungs aus, dass sie heute das stärkere Doppel bilden.“

Beweise für diese Aussage gab es einige. Da wäre das Doppelbreak im dritten Satz, in dem Deutschland ganze zehn Punkte mehr erzielte als Australien: Vor allem Ebden hatte nicht nur in diesem Satz Probleme mit seinem Aufschlag, seinem Netzspiel und generellem Niveau, was seinen Partner immer wieder vor Probleme beim eigenen Service stellte.

Das DTB-Team nutzte matchübergreifend fünf der 13 Breakbälle, Australien nur einen einzigen von acht. Überhaupt, so war die Gefühlslage, wurde es erst im Entscheidungssatz gefährlich, in den sich Australien dank eines erneut stärkeren Tiebreaks überhaupt gerettet hatte.

„Davor hatten wir Breakchancen und bei eigenem Aufschlag kaum Probleme. Als wir im Fünften plötzlich selbst Breakbälle gegen uns hatten, dachte ich: Das darf doch alles nicht wahr sein“, sagte Struff angesprochen auf sein verlorenes Doppelhalbfinale bei den Australian Open mit Partner Ben McLachlan. „Da waren wir nämlich auch besser.“

Deutsches Duo serviert viel schneller

Doch Pütz rettete sich bei eigenem Aufschlag mit einem tollen Winner die Linie entlang über Einstand zum Spielgewinn, nur um dann mit weiteren Schlägen gleich drei Breakbälle herauszuspielen. Doch erst die vierte Chance nutzte Struff in toller Manier, in dem er einen Schmetterball antizipierte und blockte.

Der Warsteiner sah sich bei seinem Aufschlagsspiel dann selbst erstmals in Schwierigkeiten. Doch mit herausragenden Servicewinnern vermasselte er den Australiern die letzte Chance, ein letztes Mal in das Match zurückzufinden und dem Publikum die Laune. Der Aufschlag war ohnehin ein Matchfaktor. Das deutsche Duo servierte mit 207 Stundenkilometern durchschnittlich 24 Kilometer pro Stunde schneller auf und gewann über den zweiten Service 60 Prozent der Ballwechsel (Australien 43).

Folgerichtig, dass Pütz wenig später ausservierte und den ersten Matchball nutzte. Während sich die Freunde um den Hals fielen, verließen die „Aussies“ fluchtartig die Pat-Rafter-Arena. „Hier treffen zwei Weltklasse-Teams aufeinander. Wir wussten, dass die Deutschen dieses Niveau zeigen können“, erklärte Australiens Kapitän Lleyton Hewitt nach der zweiten Fünfsatzniederlage in zwei Tagen.

Für ihn und auch für die meisten australischen Beobachter, das wurde hier heute in Brisbane klar, stand die Doppelauswahl schon tagelang fest. Weder hatte er sich selbst als echte Option in Betracht gezogen, noch spielte Nick Kyrgios eine Rolle. „Das hat uns schon überrascht. Gerade nach der kurzen Spielzeit haben wir mit ihm gerechnet“, sagte Kohlmann. Da Peers und Ebden noch nie zusammengespielt hatten, habe sein Team heute Mittag sofort ein gutes Gefühl gehabt.

Mehr gemeinsame Doppelstarts geplant

„Tim und Jan-Lennard kennen sich schon lange, sind befreundet, passen auf dem Platz sehr gut zueinander. Tim versteht Doppel einfach“, sagte Kohlmann. „Ich sage ihm schon ein Jahr, er soll sich mehr aufs Doppel konzentrieren.“ Dabei lachte er und schickte ein Augenzwinkern hinterher.

„Wir wollen mehr zusammenspielen“, erklärte der Gelobte. Natürlich müsse sein Ranking passen. Anders als Struff, kann Pütz nicht regelmäßig auf der ATP-Tour antreten. Pütz hat nun aber bis kurz vor den French Open keine Punkte mehr zu verteidigen und ist frohen Mutes, das zu schaffen. „Zudem erhoffen wir uns Unterstützung von den deutschen Turnieren.

Wie denn genau ihre Freundschaft aussehe? Das könne man so genau nicht definieren. „Wir sehen uns nicht so häufig, schreiben aber viel“, antwortete Pütz und Struff nickte. Eine Anekdote gab aber einen schönen Einblick. Er habe fast ein Jahr auf der Tour gefehlt, berichtete Pütz. Nach seiner Knie-Operation sei die Zahl derer, die sich regelmäßig gemeldet hätten, doch deutlich zurückgegangen. „Er hat sich immer gemeldet in dieser Zeit und das sei keineswegs selbstverständlich. Da weiß man dann, dass das einer der wenigen Freundschaften ist, die auch nach der Tour halten sollten“, berichtete Pütz eifrig und Struff nickte freundlich.

Die Randnotiz ließ das große Ganze kompletter erscheinen. Dass da am Samstag zwei auf dem Platz standen, die nicht über ihr Ranking ausstrahlten, den Platz als Sieger verlassen zu wollen, sondern über positive Ausstrahlung, Zusammenhalt und eben Freundschaft.

Zverev ohne Riesendruck gegen Kyrgios

Am Sonntag zentralisiert sich wieder alles auf die großen Einzelspieler beider Teams und auf das langersehnte Duell zwischen Alexander Zverev und Nick Kyrgios (ab 3 Uhr deutscher Zeit auf DAZN). „Es ist gut, dass Sascha jetzt nicht den ganz großen Druck hat, mit 1:2 gegen Nick zu spielen“, erläuterte Kohlmann, der froh war, auf Zverev habe verzichten zu können.

Stattdessen half die Nummer eins eifrig am guten Stimmungsbild in der Box mit, drehte zeitweise sogar Griffbänder für Pütz und Struff. Gemeinsam mit den Betreuern und Gallionsfigur Boris Becker hielten sie auch mental auswärts dagegen. Die Entscheidung, wer im möglichwerdenden zweiten Einzel antritt, könnte erst kurzfristig fallen. „Körperlich ist alles gut. Erst mal feuern wir Alexander bestmöglich an, dann entscheidet Kohlmann“, urteilte Struff. Der Kapitän wollte sich wie Hewitt selbstredend noch nicht in die Karten schauen lassen.

Am Samstag hieß der Punktsieger aber ganz klar Kohlmann, der, so scheint es, sich als erster Teamchef im neuen Jahrtausend auf ein starkes Doppel verlassen kann. Die Lorbeeren dafür, kann er sich dank der couragierten Entscheidung von Portugal und dem langfristigen Dranfesthalten, in ferner Zukunft selbst geben. Kurzfristig will das Team in Australien gewinnen. Dass die Chancen nun sehr gut stehen, ist dem Doppel Tim und Struffi zu verdanken.air jordan 1 factory outlet | air jordan 1 mid black gym red release date