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Verbandsbälle, Turniergebühren – viel Wirbel an der Basis!

Ab dem 1. April wird die Teilnahme an LK- und Ranglistenturnieren teurer. Auf dem Ballmarkt ist auch Bewegung. Nach dem „Hessenball“ (2014) kommt im Januar 2018 der „Niedersachsenball“. Der „Westfalenball“ ist auch in den Startlöchern. Die Szene ist in Aufruhr.

Letztes Wochenende beim DTB-Trainerkongress in Berlin. Es gibt Vorträge über Ernährung. Über die Aufgaben von Tenniseltern. Über das Leben auf der Tour. Über den Start ins Profitennis. Über Vorhand, Rückhand, Aufschlag und vieles mehr. Aber hinter den Kulissen haben zwei andere Themen die mehr als 600 Teilnehmer bewegt. Oder anders formuliert: Es wurde heiß diskutiert.

Thema Nummer eins: Der „Niedersachsenball“ oder auch „NTV-Tour“, der zum 1. Januar 2018 eingeführt wird und der neulich per Pressemitteilung offiziell vorgestellt wurde. Er ist die Fortführung des „Hessenballes“, der seit 2014 existiert. In der Kurzform steckt dahinter: Ein Verband schließt für seine unterschiedlichen Ligen nicht mehr mehrere Deals mit mehreren Herstellern sogenannter „Punktspielbälle“ ab (Dunlop, Head, Wilson oder Tretorn). Stattdessen gibt es einen eigens konzipierten Ball für alle, den der NTV selbst vermarktet und mit dem er – natürlich – Gewinne erwirtschaften will.

In Niedersachsen wird er von der Firma Wilson produziert, den Vertrieb übernimmt Spezialist Tennis-Point. Dass Wilson auch für den Westfälischen Tennis Verband bald Bälle produziert, ist noch nicht offiziell, aber in der Szene ein offenes Geheimnis. Kommt in Zukunft nun auch ein „Bayern-Ball“ oder ein „Hamburg-Ball“?

Das „hessische Modell“ als Vorreiter

Klar ist: Das hessische Modell, das vom damaligen Hessen-Präsident und heutigen DTB-Vizepräsident Dirk Hordorff maßgeblich gepusht wurde, hat Schule gemacht und bringt das klassische System mächtig ins Wanken.

Bisher lief es im deutschen Tennis so: Eine Ballfirma zahlt 25.000 Euro an den Dachverband DTB, um das Gütesiegel „Offizieller Spielball“ zu erhalten. Darüber hinaus zahlt sie bestimmte Summen an die Landesverbände, um dort eingesetzt zu werden – im Punktspielbetrieb und möglichst auch im Training. Die „Ballgelder“ sind für die Landesverbände eine der wichtigsten Einnahmen überhaupt. Sie decken – je nach Verbandsgröße – bis zu 35 Prozent des Haushaltes ab. Als Konsens im deutschen Tennis gilt: Ohne die Gelder der Ballhersteller gäbe es keine ordentliche Nachwuchsförderung mehr. Die Firmen wiederum refinanzieren ihr Engagement durch hohe Preise von um die 15 Euro pro Viererdose für Punktspielbälle – sie reichen ihre Kosten also an die Endkonsumenten weiter.

Punktspielbälle

HEISSE WARE: In einem großen Report untersuchten wir 2014 den deutschen Ballmarkt. Wer mehr wissen will, muss einfach nur auf das Bild klicken.

Als tennis MAGAZIN im Sommer 2014 in einem großen Report das deutsche „Ballsystem“ durchleuchtete, gingen Experten davon aus, dass über vier Millionen Bälle für die Sommersaison landesweit verbraucht werden – für etwa 70.000 Teams und mehr als 500.000 Spieler. Schätzungen zu Folge flossen zuletzt etwa zehn Millionen Euro der vier großen Ballfirmen in die Landesverbände.

Und jetzt? Schon 2014, als der „Hessen-Ball“ rauskam, sahen die etablierten Ballmarken die neusten Entwicklungen sehr skeptisch. Tenor: „Wir halten mit unseren Geldern das deutsche Tennis seit mehr als 30 Jahren am Leben. Die Pläne in Hessen gefährden das System.“ Ihre Befürchtungen haben sich bestätigt. Es gibt längst keine Garantien mehr für künftige Deals. Vor allem dem Branchenriesen Dunlop droht der Verlust der Vormachtstellung.