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Wilhelm Bungert feiert seinen 70. Geburtstag

Der 70. wird nicht groß gefeiert. Rechtzeitig vor seinem Ehrentag hat sich Wilhelm Bungert gemeinsam mit seiner Frau Richtung Spanien verdrückt, wohin genau, hat er nicht verraten. Es passt zu ihm, denn der Mann, der dem deutschen Tennissport nach dem 2. Weltkrieg als Erster wieder ein Gesicht gab, ist noch nie ein Freund von großen Worten und pompösen Gesten gewesen.

Prügel im Wimbledon-Finale

Bungert, der auf den Tag genau 18 Jahre vor Boris Beckers legendärem ersten Sieg im Wimbledon-Finale stand, ist jener 7. Juli 1967, als ihn der Australier John Newcombe in der Tennis-Kathedrale mit 6:3, 6:1, 6:1 regelrecht verprügelte, noch so präsent, als sei es gestern gewesen. Nach der Niederlage entschuldigte sich der Verlierer beim Publikum („Ich hätte gerne ein besseres Match gezeigt“), duschte, packte seine Sachen zusammen und fuhr mit dem Bus zum Hotel. Er griff seinen Koffer, buchte die Eisenbahn nach Dover, nahm die Fähre nach Ostende und stieg dort in seinen PKW, der 14 Tage lang am Hafen geparkt war.

Fast 42 Jahre später erinnert sich Bungert noch an alle Details, an jeden Haken in der Umkleidekabine, daran, wo die Stühle standen, welche Farbe sie hatten, an den Gang hinaus ins magische Licht des weltberühmten Centre Courts, an die Worte von Rudyard Kipling, den alle auf dem Weg ins Allerheiligste passieren müssen: „If you can meet with Triumph and Disaster and treat those two impostors just the same“ (sinngemäß übersetzt: Behalte deine Würde im Triumph und im Desaster).

„Ich habe mir alles eingeprägt“

„Ich habe mir alles eingeprägt, weil ich wusste, diesen Augenblick erlebst du nicht noch mal“, sagt Bungert. Auch die Höhe der Prämie hat er nicht vergessen. Er bekam einen Scheck über umgerechnet 300 Mark, und als er ihn ein Jahr später einwechselte, wurden ihm wegen des Pfundverfalls gerade mal 270 Mark ausbezahlt.

Wilhelm Bungert kommt aus Mannheim. Mit 15 wurde er badischer Jugendmeister durch einen Finalsieg gegen Manfred Lamy, dessen Name heute als Markenzeichen für Schreibgeräte steht. Mit 17 Jahren spielte Bungert erstmals Davis Cup für Deutschland. Man hielt viel von seinem Talent, aber nicht unbedingt von seinem Fleiß. Der damalige australische Teamtrainer Peter Cawthorn sagte gar: „Der wird keiner.“

50 Stunden Flug

Doch Bungert wollte einer werden. Ihn lockte Australien, das damalige Tennis-Wunderland, der Messias hieß Harry Hopman, der die Stars nur so aus dem Ärmel zog. Bungert bettelte sich die Reise und den vierwöchigen Aufenthalt zusammen, der Vater gab ihm 3000 Mark, der badische Tennisverband und der Deutsche Tennis Bund legten jeweils 1000 Mark dazu. Der Flug dauerte insgesamt 50 Stunden – in Propellermaschinen.

Es war noch die Zeit ohne verhätschelte Stars und VIP-Zelte, ohne Schampus und Austern. „In Australien oder Südafrika oder den USA konnte man spielen, wenn man eingeladen war, sonst nicht“, erzählt Bungert: „Wir wohnten bei Privatleuten, dadurch lernten wir auch mehr von den Menschen und vom Land kennen.“

Bungert gehörte noch der Amateurkaste an, der Profi galt damals geradezu als unrein. Als nach dem Wimbledon-Finale 1967 ein Tennishemd mit der Aufschrift „Original Wilhelm Bungert“ auf den Markt kam, schwärzte ihn ausgerechnet der legendäre Gottfried von Cramm wegen Verstoßes gegen den Amateurstatus an. Bungert konterte damals ganz cool: „Wieso, mein Vater heißt auch Wilhelm Bungert.“

„Würde nichts anders machen“

Wäre er nochmal 20 Jahre alt, „würde ich nichts anders machen“, sagt Wilhelm Bungert, der sich bester Gesundheit erfreut und in Hilden bei Düsseldorf zwei Tennishallen und eine Zielgolf-Anlage besitzt. Dass Boris Becker und Steffi Graf in Deutschland bisher keine Nachfolger gefunden haben, führt er darauf zurück, dass der Deutsche Tennis Bund in den goldenen Zeiten das meiste Geld an seine Landesverbände weitergereicht hat: „So haben wir die meisten und besten Leistungszentren der Welt, aber keinen entsprechenden Nachwuchs.“

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