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Richard Gasquet: Der talentierte Monsieur Gasquet

Eigentlich gehört er gar nicht in diese Zeit. Die 20er und 30er Jahre wären für ihn, den Mann mit der klassischen Rückhand, viel passender gewesen. Die Zeit der vier Musketiere, René Lacoste und Henri Cochet, Jacques Brugnon und Jean Borotra. Und dann dieser Name:
Richard Gasquet. Das klingt wie DArtagnon. Wie einer aus einem Mantel-und-Degen-Film. Die Sunday Times schrieb: Er spielt so, als seien synthetische Schläger nie erfunden worden. Und ein bisschen sieht er auch so aus mit seiner zeitlosen, lockigen Frisur, dem edlen Outfit.
Voilà: Monsieur Gasquet, 21 Jahre alt, aus Béziers in Frankreich, mit aktuellem Wohnsitz Neuchatel, Schweiz. In diesem Jahr in Wimbledon gehörte er zu den Helden. Er erreichte das Halbfinale und schoss sich damit erstmals in die Top Ten der Welt. Längst fällig, sagen Experten. Denn Gasquet gilt seit seiner Jugend als Wunderknabe, als Mozart des Tennis. Schon mit neun Jahren war sein Gesicht auf dem Cover des französischen Tennismagazins. Mehr Aufmerksamkeit geht nicht.
Seine Biographie liest sich wie eine Gebrauchsanweisung zu So-werde-ich-die-Nummer-eins-im-Tennis. Mit vier lehrt ihm sein Vater Francis, ein Clubtrainer in Serignan in Südfrankreich, wie man Vor- und Rückhand schlägt. Die Mutter Maryse ist ebenfalls Tenniscoach, was zur Folge hat, dass der Sohn mehr Zeit im Club als zu Hause verbringt. Ein paar Jahre später wird er vom ehemaligen Profi Pierre Barthes für die nationale Nachwuchsförderung entdeckt. Gasquet schwärmt von Pete Sampras, hängt Poster des Amerikaners über sein Bett, ist, nach eigenen Worten, komplett tennisverrückt. Mit 15 kommt er ins CNE (Centre National dentrainement), der Talentschmiede des französischen Tennisverbands in Paris. Ein Jahr später gewinnt er die Nachwuchswettbewerbe von Roland Garros und New York. Ende 2002 ist er weltweit der beste Junior.
Zwar ist das allein nichts Neues für die sportverrückten Franzosen Thierry Tulasne (1980), Guy Forget (1982), Sebastien Grosjean (1986) und Arnaud di Pasquale (1997) hatten das Kunststück schon vor Gasquet geschafft , aber der Junge aus Béziers avancierte schon im Alter von 16 Jahren und fünf Monaten zum World Junior Champion jünger war keiner seiner Vorgänger. 

Sensation in Monte Carlo
Zu diesem Zeitpunkt spielt Gasquet bereits bei den Herren mit. Sein erstes ATP-Turnier eine Sensation. In Monte Carlo 2002 gewinnt er alle Matches in der Qualifikation und bezwingt in der ersten Runde des Hauptfeldes den gestandenen Profi Franco Squillari. 15 Jahre und acht Monate ist er alt. Nur ein gewisser Tommy Ho war jünger bei einem Tourdebüt (15 Jahre, zwei Monate). Andererseits: Der Amerikaner, der nie den Durchbruch schaffte, feierte den ersten Sieg in Rye Brook, einem unbedeutenden Grand Prix-Turnier Ende der 80er Jahre, Gasquet dagegen gelang die erfolgreiche Premiere bei einem Masters Series-Event.
Ende 2003 ist Richard Gasquet mit 17 Jahren der jüngste Spieler unter den Top 100 Platz 93. Vergleichbar ist die frühe Karriere mit der von Rafael Nadal. Auch am Spanier, im übrigen nur 15 Tage älter als Gasquet, haftete das Label des Wunderkindes. Auch Nadal trat früh bei den Herren an. Zu Juniorenzeiten begegneten sich die beiden immer wieder auf den Courts. Als Nadal seinen ersten Sieg auf der Tour einfuhr auf Mallorca 2002 war er 15 Jahre und zehn Monate alt. Da lag Gasquet im Rennen um Ruhm, Gagen und Pokale noch vor ihm. Doch in der Folgezeit sprach kaum noch jemand vom talentierten Monsieur Gasquet, wohl aber vom feurigen Nadal.
Das Jahr 2004 eine einzige Pleite. Ich war nur ein 18-jähriger Lehrling, der sich nicht sicher war, ob er überhaupt der Richtige für diesen Job ist, sagt Gasquet, der sich selbst als hochsensibel beschreibt. Wahrscheinlich war der Druck zu groß. Die Medien stürzten sich auf den Star in spe. Paris-Match, das französische Glamour-Blatt schlechthin, fragte immer wieder nach einer Exklusivgeschichte an, doch Gasquet wollte nicht. Ich bin doch nichts Besonderes, wiegelte er ab.
Gasquet arbeitete damals mit Eric Winogradsky zusammen, einem Franzosen, der vor allem dadurch bekannt war, dass er mit Mansour Bahrami einmal das Doppelfinale der French Open erreichte. Winogradsky redete tage- und nächtelang auf seinen Schützling ein, versuchte ihn zu überzeugen, dass er einer der Besten werden könnte, aber die guten Resultate blieben aus, obwohl Gasquet laut Winogradsky lieber zehn Stunden auf den Tennisplatz als zehn Minuten in eine Pressekonferenz geht.

Training bei Benhabiles
Es fehlte nicht viel, und er hätte aufgehört mit dem professionellen Tennis. Ich hatte null Selbstvertrauen, konnte keine zwei Bälle nacheinander ins Feld spielen, sagt Gasquet. Die Eltern wollten ihn schon am Lycée la Fontaine, einer Eliteschule in Paris anmelden. Die Wende zum Besseren kam in Boca Raton, Florida. Gasquet trainierte im Camp von Tarik Benhabiles, Ex-Coach von Andy Roddick und aktueller Mentor von Benjamin Becker. Gasquet stemmte Gewichte, rannte am Strand und schlug tausende von Bällen. Benhabiles sagte seinem Schützling: Du bist zu schwach im Oberkörper. Dann begannen sie mit der Arbeit, stärkten auch den linken Arm Gasquet ist Rechtshänder , um die Muskulatur insgesamt zu stabilisieren.
In den Schlagzeilen taucht Richie, wie ihn seine Fans nennen, erst wieder im April 2005 auf, wieder in Monte Carlo. Gasquet schlägt sensationell Roger Federer. Ein paar Wochen später steht er dem Schweizer im Finale von Hamburg gegenüber. Die Krise scheint vorbei. Und auch der Streit zwischen dem Verband und Gasquet senior, der seinen Job bei der französischen Eisenbahn kündigte, um sich ganz dem Filius zu widmen. Das Problem: unterschiedliche Trainingsphilosophien. Am Ende war vor allem Richard Gasquet verwirrt, weil er nicht mehr wusste, wie er spielen sollte.
Seit zwei Jahren ist der erfahrene Eric Deblicker sein Coach. Zusammenfassend lässt sich sagen: Gasquet ist kons-tanter geworden. Und robuster. Es stimmt, dass die anderen Spieler mehr Angst vor meinem Talent als vor meinem Image haben, sagt Gasquet, ich arbeite daran, nicht zu freundlich zu sein. Tiefpunkte erlebt er immer noch. Zu Beginn der Saison 2007 schwärmte Davis Cup-Coach Guy Forget von seinem Star nach dessen beeindruckenden Leistungen gegen Rumänien. Nach der Viertelfinal-Pleite gegen Russland kritisierte Forget: Ich sehe keine Fortschritte in seinem Spiel. Gasquet konterte den Vorwurf mit den Worten: Ich verstehe das nicht. Vor ein paar Wochen hat er mich noch so gelobt, als wäre ich Federer, Zidane und Ronaldinho in einer Person.
Das zweite große Negativerlebnis in diesem Jahr: die French Open. Als Titelfavorit wurde Gasquet gehandelt. Um es kurz zu machen: Der  Mann, der die Mütze stets verkehrt herum trägt, war dem Druck durch die Medien und den Erwartungen der 15000 Zuschauer auf dem Court Central nicht gewachsen, scheiterte in Runde zwei an Kristof Vliegen. Ich habe Panik bekommen. Der Platz wurde zu groß für mich. Es war furchtbar, jammerte Gasquet. Er hat wie ein Waschlappen gespielt, bilanzierte Deblicker.
Die Chance, seine Ehre zu retten, bekam der 21-Jährige zwei Wochen später in Wimbledon. Und er nutzte sie, indem er Andy Roddick in einem fantastischen Viertelfinale mit 8:6 im fünften Satz schlug. Am Tag darauf gegen Federer, nach nur zwölf Stunden Pause, war er platt. Die glatte Dreisatz-Niederlage nahm ihm niemand übel.

Gasquet, der Werbestar
Nicht sein Coach (Richards Spiel ist wie gemacht für Rasen. Er variiert gut. Sein Aufschlag ist kaum zu lesen.) und schon gar nicht sein Manager Nicolas Lamperin. Dieser Erfolg war wichtig. Es gibt eine Menge Firmen, die sich danach für ihn interessierten, sagt der Mann von IMG. Zur Zeit wirbt Gasquet für Lacoste, Head, Playstation, Lagadère (Medien, Luft- und Raumfahrttechnik) und KIA (Autos). Lamperin: Richard steht im Rampenlicht seit er neun Jahre alt ist. Der Sieg gegen Roddick war extrem wichtig. Sein Marketing-Potenzial ist enorm. Der nächste Schritt: ein Grand Slam-Turnier oder den Davis Cup gewinnen. Dann würde auch  niemand mehr vom talentierten Monsieur Gasquet sprechen. Das Image des Wunderknaben wäre er endgültig los.   
Andrej Antic
Mitarbeit: Karsten Becker

Geburtstag: 18. Juni 1986
Geburtsort: Béziers, Frankreich
Wohnort: Neuchatel, Schweiz
Größe: 1,85 Meter
Gewicht: 75 Kilogramm
Schlagarm: Rechtshänder
Profi seit: 2002
Preisgeld: 2512677 Dollar
Trainer: Eric Deblicker
Bekleidung: Lacoste
Schläger: Head Extreme Pro
Weltrangliste: 7

Größte Erfolge: Halbfinale Wimbledon, Finale Estoril (2007), Siege in Gstaad, Lyon, Nottingham, Finale Toronto (2006) Sieg Nottingham, Finale Hamburg (2005), Finale Metz (2004). Nr. 1 Junioren, Sieger Junior French und US Open (2002), mit 15 Jahren, zehn Monaten jüngster Spieler, der ein ATP Match gewann seit Tommy Ho 1988 (Monte Carlo 2002, Sieg über Franco Squillari).
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