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Schräge Schläger-Abenteuerliche Racketkonstruktionen

Sie waren erfinderisch, die Racketbauer in der Hochphase des globalen Tennisbooms während der 70er und 80er Jahre. Was damals an ungewöhnlichen Schlägerkonstruktionen auf den Markt kam, mutet aus heutiger Sicht geradezu verwegen an. Rackets mit gebogenen oder längenverstellbaren Griffen, Vorrichtungen zum Nachspannen der Saite, sechseckigen, austauschbaren Köpfen, diagonalen Besaitungen oder mit Rollen statt Ösen im Rahmen, alles war damals möglich. Das Problem war nur: Die meisten dieser Schläger waren technisch nicht ausgereift und deswegen unspielbar. Wobei einige Ideen bis heute ihren Reiz nicht verloren haben. Zum Beispiel das Nachspannen der Besaitung. Sobald ein Spieler das Gefühl hat, seine Saite lässt nach, holt er einen Drehschlüssel aus der Tennistasche und setzt ihn an einer speziellen Vorrichtung am Griffende an. Zwei, drei Umdrehungen und die Saite ist wieder hart. Der Clou: Die Saite wird so durch den Rahmen geführt, dass sie durch einen Spannmechanismus im Griff justierbar ist. Was damals in der Sturm- und Drangphase des Schlägerbaus immer wieder als Weltneuheit präsentiert wurde, war eine uralte Erfindung. Henry Richardson aus Liverpool erhielt dafür schon 1879 ein Patent. Überhaupt: Einige als Revolutionen des Tennisschlägers angepriesene Innovationen waren tatsächlich nur wiederentdeckte Standards aus den Anfängen des Tennis. Zum Beispiel die diagonale Besaitung, die von unterschiedlichen Herstellern mehrfach als absolut neu beworben wurde, ist über 450 Jahre alt. Im Pariser Louvre hängt die Abbildung eines der ersten Tennischläger überhaupt aus dem Jahre 1555. Seine Besaitung: diagonal.

Für Siegfried Kübler sind das ziemlich billige PR-Gags gewesen, mit denen die Schlägerhersteller damals um Kunden warben. Der 77 Jahre alte Tennisschläger-Tüftler aus Überlingen am Bodensee, Erfinder der legendären Widebody-Rackets mit extrem breiten Rahmenprofilen, weiß über Rackets alles. Er wohnt in einem Museum: Überall an den Wänden hängen Schläger aus vergangenen Zeiten, und Kübler kann zu allen eine Geschichte erzählen. Sein 1994 erschienenes Buch der Tennisrackets ist bei Sammlern und Fans längst ein Standardwerk. Zur Zeit arbeitet Kübler an einer neuen Fassung. Zum Thema ungewöhnliche Rahmenformen verweist er auf die Historie und auf die so genannten lopsided Rackets. Auf Deutsch: schiefe oder schräge Schläger. Sie entstanden im Mittelalter, als man in Ballhäusern Real Tennis, den Vorgänger des heutigen Tennis, auf Granitböden mit schweren Bällen spielte, die kaum richtig absprangen. Um mit dem Schläger möglichst tief zum Boden zu kommen, entwickelte man damals geneigte Schläger. Eine geniale Erfindung, findet Kübler. Heute sind einige lopsided Rackets bis zu 10000 Euro wert. Ins Schwärmen gerät Kübler auch beim Teufelsgriff, den die Firma Slazenger 1898 herausbrachte. Der Griff verjüngte sich zunächst in Richtung Griffende, wurde dann etwas dicker und endete zackenartig fast wie ein Dreizack, die Waffe des Teufels. Die kleine Mulde im Griff sollte dem Spieler helfen, den Schläger besser greifen zu können. Denn: Griffbänder aus Leder waren zwar bekannt, wurden aber kaum verwendet.

Mit solchen nostalgischen Träumereien hält sich Ulrich Reuther nicht lange auf. Der Berliner Diplom-Kaufmann will die wie eine Welle geformten Schläger der deutschen Firma Neoxxline verkaufen und stößt dabei seit Jahren auf große Widerstände in der Tennisszene. Obwohl die Schläger nicht vergleichbar sind mit den hastigen Erfindungen aus der Tennis-Boomzeit und sich richtig gut spielen lassen; obwohl wissenschaftliche Studien belegen, dass sie vor einem Tennisarm schützen und Slice besser als übliche Rackets erzeugen, finden sie nur eine geringe Akzeptanz. Wir müssen Traditionen brechen, klagt Reuther. Er ist sich sicher, dass es einen Markt für seine Schläger gibt. Nur: Wie groß mag der sein? Das kann selbst Reuther nicht abschätzen. Wie viele Racketerfinder träumt er davon, einen starken Partner zu finden, damit Vertrieb und Marketing professionalisiert werden. Wir haben keinen Helden das macht es noch schwerer, gibt Reuther zu. Seit der Markteinführung 2004 kann Neoxxline zwar Zuwächse verzeichnen, aber von einem Durchbruch ist man weit entfernt.

Lionel Burt, Schlägerfreak aus Kalifornien, kennt solche Probleme. Extreme Dinge lassen sich nur schwer verkaufen, doziert er. Dennoch hat sich Burt nicht von seiner Idee abbringen lassen. Sein entwickelter Schläger mit zwei Griffen, der Natural Power Grip, soll den US-Markt revolutionieren. Burt rasselt die Gründe für seine Konstruktion nur so runter. Am wichtigsten ist ihm der gesundheitliche Aspekt. Tennis ist eine einseitige Sportart. Aber mit meinem Schläger werden beide Körperhälften gleich stark beansprucht, erklärt er. Soll heißen: Man kann den Doppellader entweder beidhändig spielen. Oder man spielt ihn einhändig mit rechts und mit links. Bei einem normalen Schläger wäre ein Handwechsel zu langsam. Mit dem Natural Power Grip funktioniert es. Doch bei aller Wertschätzung für den Erfindungsreichtum: Gut möglich, dass in wenigen Jahren kein Mensch mehr von ihm spricht.do nike outlets sell jordan 1 | adidas yeezy boost 350 v2 citrin fw3042