Citi Open – Day Seven

US Open-Stories: Die neue „Toughness” der Andrea Petkovic

Ok, die meisten von euch werden mich nicht kennen. Dafür gibt es zwei gute Gründen: Ich spiele nicht so gut wie, sagen wir mal: Kim Clijsters. Und ich bin nicht so heiß wie Maria Sharapova. Mit diesen Worten beginnt Andrea Petkovic ihren ersten Blog auf der US-Website ESPN.com, wo sie während der US Open regelmäßig bloggt. Seit ihrem Sieg in der zweiten Runde wird sie einige Fans mehr haben, gerade in den USA.

In einem mitreißenden Match kämpfte Petko Bethanie Mattek-Sands in drei Sätzen nieder. Die Amerikanerin hatte beim Stande von 6:3, 3:6, 5:4 drei Matchbälle, aber Petkovic wehrte alle ab, glich zum 5:5 aus. Wenig später hatte sie mit 7:5 im dritten Durchgang gewonnen. Zum ersten Mal steht die 22-Jährige aus Darmstadt in der dritten Runde bei einem Grand Slam-Turnier.

Ich kann Selbstzweifel besser unterdrücken

Ich habe mich bei ihren Matchbällen stark gefühlt und dachte gar nicht ans Verlieren, analysierte Petkovic nach dem Match. Ihre neue Toughness, wie sie ihre mentale Stärke bezeichnet, sei eine Folge ihrer dramatischen Niederlage bei den French Open 2010 gegen Svetlana Kuznetsova, als sie nach vier vergebenen Matchbällen verlor. Daraus habe ich eine Menge gelernt, sagte Petkovic. Was genau, beschreibt sie so: Ich kann meine Ängste besser ausblenden. In Paris fragte ich mich ständig: Warum ich? Wieso muss mir das passieren? Solche Selbstzweifel kann ich jetzt besser unterdrücken.
Die neue Andrea Petkovic präsentierte sich schon in der ersten Runde gegen Nadia Petrova mental stark gefestigt. Sie dominierte das Match zu Beginn, gab es Mitte des zweiten Satzes aber unnötig aus der Hand und gewann am Ende noch im Tiebreak des dritten Satzes. Da hat sich meine Erfahrung aus Paris schon bezahlt gemacht, sagte Petkovic. Erkennbar war auch eine weitere Veränderung bei der besten deutschen Spielerin (WTA-Ranking: 38). Sie ist variabler geworden, ballert nicht mehr nur kopflos von der Grundlinie, sondern streut auch Slicebälle und Stopps bewusst ein. Genau das habe ich in den letzten Wochen intensiv trainiert, erzählt Petkovic.

Es passt zu ihrer aufgeschlossenen Persönlichkeit, dass sie sich auch als Tennisspielerin ständig weiterentwickeln will. Petkovic studiert Politik, musiziert, dreht unter dem Pseudonym Petkorazzi Videoblogs und schreibt regelmäßig für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Sie hasst den Stillstand und sucht immer nach neuem Input als Mensch, aber auch als Tennisprofi.

Nach einem Sieg wird der Trainer abgeknallt

Über ihren nächsten Schritt als Tennisspielerin dachte Petkovic schon nach dem Sieg über Mattek-Sands nach. Sie müsse nun ihr Umfeld weiter professionalisieren. Seit Anfang des Jahres trainiert Petkovic in der Akademie des erfahrenen Trainers Glen Schaap, der sich früher um Dinara Safina und Nadia Petrova kümmerte. Aber Schaap hat als Leiter seiner Tennisschule nicht immer die Zeit, Petkovic auf ihren Turnierreisen zu begleiten. Deshalb ist in New York auch Petar Popovic an ihrer Seite, der sonst eigentlich Ivo Karlovic betreut. Aber der Aufschlagspezialist aus Kroatien fällt wegen eines Achillessehnenrisses lange aus. Er war frei und begleitet mich jetzt, sagt Petkovic, die langfristig aber eine einheitliche Lösung in der Trainerfrage anstrebt.

In New York funktioniert die Zusammenarbeit mit Aushilfscoach Popvic gut. Ein gemeinsames Markenzeichen gibt es auch schon: Nach einem Sieg tanzt Petkovic zuerst auf dem Platz (Vorbild ist der Sänger der Indie-Band The Drums). Danach imitiert sie mit ihrer Hand eine Pistole und knallt den Coach ab.

Sie hat gute Chancen nach dem Drittrundenmatch gegen Shuai Peng ihre Feiereinlagen wieder zu präsentieren. Aber egal, wie diese Match endet: Es ist absehbar, dass ihre Gesten bald per Video durchs Internet kursieren werden. Und das wird Petko wieder ein Stück bekannter machen.

Tim Böseler

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