Tennisarm: Schmerzfrei zuschlagen
Ein schlecht abgestimmter Schläger, zu wenig Pause, ein falsch getroffener Rückhandball – und plötzlich ist der Tennisarm da. Zum Glück gibt es aber gute Therapien.
Text: Gabriele Hellwig
Heute ist die häufigste Ursache des Tennisarms eigentlich die PC-Maus“, sagt Raul Borgmann, Orthopäde der Orthopassion-Praxis in Freiburg, gleich zu Beginn des Gesprächs über ein Leiden vieler Hobby-Tennisspieler – den Tennisarm. Was aber hat eine PC-Maus damit zu tun? Borgmann erklärt: „Durch die ständige Anspannung der Unterarmmuskulatur beim Klicken und Bewegen in unnatürlicher Haltung kann es zu Reizungen an den Sehnenansätzen kommen.“
Klar ist aber auch: Einen schmerzenden Ellenbogen kann nicht nur die Computer-Maus verursachen. „Bei Tennisspielern – insbesondere bei jenen, die den Sport als Freizeitvergnügen betreiben – entsteht der Schmerz typischerweise bei der einhändig gespielten Rückhand“, erklärt Dr. Borgmann. Dabei wird das Handgelenk kraftvoll nach vorne gezogen – gegen den Widerstand von Schläger und Ball. Das beansprucht vor allem die Streckmuskulatur des Unterarms, also jene Muskeln, die Handgelenk und Finger anheben.
Bei jeder einhändigen Rückhand kontrahieren sie intensiv, um den Schläger zu stabilisieren. Wird diese Bewegung häufig und mit hoher Intensität ausgeführt – wie im Tennis üblich –, kommt es zu winzigen Überlastungsschäden an den Sehnenansätzen außen am Ellenbogen. Zwar versucht der Körper, diese zu reparieren, aber Sehnen sind nur schwach durchblutet, ihr Stoffwechsel ist träge.
Tennisarm: Beidhändig sind weniger anfällig
Wird die Belastung nicht reduziert, bleibt die Heilung unvollständig. Die Folge: anhaltende Reizungen, Entzündungsprozesse und eine allmähliche Degeneration des Gewebes. Vorteil für Beidhänder: Wer die Rückhand mit zwei Händen spielt, ist deutlich weniger anfällig für einen Tennisarm. Denn die zusätzliche Hand am Schläger wirkt wie ein Stoßdämpfer.
Wenn nun bei Einhändern zusätzliche Belastungsfaktoren wie eine zu harte Besaitung, minderwertige Bälle oder zu schwere Schläger hinzukommen, wird der Druck auf die Sehne noch verstärkt. Auch die Trainingsgestaltung spielt eine Rolle: „Wer zum Beispiel im Winter gar nicht spielt und im Frühling direkt ins Trainingslager fährt, ohne sich langsam zu steigern, setzt sich einem erhöhten Risiko aus“, warnt Borgmann.
Typisch sind beim Tennisarm Schmerzen am äußeren Ellenbogen, die in den Unter- oder Oberarm ausstrahlen können. Oft ist die Region druckempfindlich und leicht geschwollen, die Hand- und Fingerkraft lässt nach. Selbst leichte Gegenstände wie eine Tasse zu heben oder jemandem die Hand zu geben, können schmerzhaft sein. In fortgeschrittenen Fällen treten die Beschwerden auch in Ruhe auf.
Die Ursachen für einen Tennisarm
Die Ursache für einen Tennisarm liegt allerdings nicht immer direkt im Ellenbogen. Oft steckt eine sogenannte muskuläre Verkettung dahinter, wie Borgmann erklärt: „Der Tennisarm entsteht meistens durch eine Verkettung mehrerer Faktoren. Häufig beginnt es mit muskulären Dysbalancen oder Funktionsstörungen im Bereich der Halswirbelsäule oder der Schulter-Nacken-Muskulatur.“ Sind diese Strukturen bereits vorgeschädigt oder geschwächt, wird der Ellenbogen anfälliger für Überlastungsschäden wie den Tennisarm.
Fachmann Borgmann setzt bei der Behandlung eines Tennisarms vor allem auf die Kombination aus fokussierter Stoßwellentherapie, hochenergetischer Magnetfeldtherapie und Eigenbluttherapie. Bei der Stoßwellentherapie werden Schallwellen auf die gereizte Sehne gerichtet. Diese fördern die Durchblutung, regen den Stoffwechsel im Gewebe an und unterstützen die Selbstheilung.
„Die Magnetfeldtherapie nutzt elektromagnetische Impulse, um die Zellaktivität im betroffenen Gewebe zu verbessern“, erläutert er. Ziel ist es, die Regeneration zu beschleunigen und Entzündungen zu lindern. Die Eigenbluttherapie wiederum, auch PRP-Therapie genannt, wird mit plättchenreichem Plasma durchgeführt. Borgmann: „Dabei wird dem Patienten Blut entnommen, im Labor aufbereitet und ein Konzentrat aus körpereigenen Blutplättchen und Wachstumsfaktoren in die geschädigte Sehne injiziert.“ Diese Substanzen fördern die Reparaturprozesse.
Tennisarm: Telex-Verfahren
Parallel zu diesen Therapien wird bei einem Tennisarm die muskuläre Kette und das umliegende Bindegewebe gezielt mitbehandelt. „Wir beziehen die sogenannten myofaszialen Ketten mit ein – also Faszien, Muskeln und Triggerpunkte, die bis in Schulter und Nacken reichen“, erklärt der Orthopäde. Wichtig ist auch das aktive Mitwirken der Patienten: Alle erhalten einen individuellen Übungsplan, abgestimmt auf Beschwerdebild und Trainingsstand. „Diese Übungen helfen, die Muskulatur zu kräftigen, Dysbalancen auszugleichen und erneuten Beschwerden vorzubeugen.“
Bei besonders ausgeprägten oder chronischen Fällen, bei denen konservative Methoden nicht mehr ausreichen, kommt das sogenannte Tenex-Verfahren zum Zuge – eine minimalinvasive Technik, bei der das degenerierte Sehnengewebe mithilfe einer minimalinvasiven Ultraschallsonde gezielt entfernt wird. „Das ist wie das Vertikutieren eines Rasens – krankhaft verändertes Gewebe wird vorsichtig gelöst, ohne die gesunde Struktur zu beschädigen“, so Borgmann.
Tennisarm: Stammzellentherapie in den USA erlaubt
Auch neue Verfahren kommen beim Tennisarm zum Einsatz – etwa die sogenannte transarterielle periartikuläre Embolisation (TAPE). Sie basiert auf der Erkenntnis, dass chronische Schmerzen durch krankhaft neugebildete Blutgefäße rund um das Gelenk verstärkt werden können. Diese Gefäße bringen oft zusätzliche Schmerzrezeptoren und Nervenfasern mit sich. Beim TAPE-Verfahren werden die Gefäße über einen Katheter gezielt verschlossen – temporär oder dauerhaft.
So sollen Schmerzsignale reduziert und Entzündungen gedämpft werden. Borgmann äußert sich zurückhaltend: „Ich kenne das Verfahren von der Achillessehne und habe es dort schon oft durchgeführt. Beim Tennisarm habe ich es bisher nicht eingesetzt – dort spielen diese Neogefäße aus meiner Sicht keine so große Rolle.“
Eher Zukunftsmusik ist die Stammzelltherapie. Dabei werden körpereigene Stammzellen in das betroffene Gewebe injiziert, um Regeneration zu fördern. „In den USA wird die Stammzelltherapie beim Tennisarm bereits durchgeführt. In Deutschland ist das leider aus regulatorischen Gründen nicht erlaubt“, sagt Borgmann. „Ich finde das schade, denn es ist ein vielversprechender Ansatz.“
Ultraschallgesteuerte PRP-Injektion
Als neu wird mitunter die ultraschallgesteuerte PRP-Injektion verkauft. Tatsächlich ist sie längst etablierter Standard, wie Borgmann erklärt: „Wir machen das schon seit vielen Jahren immer so. Wir setzen die Injektionen mit dem Eigenblut immer unter Ultraschallkontrolle. Das ist natürlich viel präziser. Leider wird in Deutschland noch häufig aus Zeit und Kostengründen blind gespritzt.“
Am besten ist es natürlich, wenn es gar nicht erst zu einem Tennisarm kommt. Experte Borgmann empfiehlt daher ein gezieltes Präventionsprogramm: „Regelmäßiges Aufwärmen, Ausgleichstraining, Technikschulung und ordentliches Spielmaterial sind das A und O. Die Muskulatur von Unterarm, Schulter und Nacken sollte gepflegt und mobilisiert werden – zum Beispiel mit Massagebällen, Faszienrollen oder einer Massagepistole.“ Auch prophylaktische Übungen sind sinnvoll. Eine einfache Übung für Tennisspieler ist zum Beispiel: Einen kleinen Ball oder Schwamm mehrmals kräftig zusammendrücken – das stärkt die Unterarmmuskulatur und kann einem Tennisarm vorbeugen.