Fersensporn

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Fersensporn: „Griffige Hallenböden sind ungünstig”

Er kommt schleichend, bleibt aber oft hartnäckig: Der Fersensporn zählt zu den häufigsten Überlastungsproblemen im Fuß. Orthopäde Dr. Raul Borgmann erklärt, was hinter den Schmerzen steckt – und wie man sie wieder los wird.

Interview: Gabriele Hellwig

Was genau ist ein Fersensporn?

Ein Fersensporn ist ein kleiner knöcherner Auswuchs unter der Ferse. Er bildet sich dort, wo die kräftige Sehnenplatte ansetzt, die das Fußgewölbe stützt – die Plantar­faszie. Ursache ist meist eine dauerhafte Reizung dieser Sehne, Plantarfasziitis genannt. Genau diese Entzündung tut weh – nicht der Sporn selbst. Der Fersensporn ist nur eine Folge der Reizung. Er lässt sich im Röntgen oder Ultraschall als spitze Struktur erkennen. Früher dachte man, der Sporn sei der Auslöser der ­Schmerzen. Heute weiß man: Entscheidend ist die ­Entzündung der Sehne.

Wodurch entsteht die Plantarfasziitis?

Die Ursache liegt meist in einer dauerhaften Überlastung der Sehnenplatte an der Fußsohle. Besonders häufig entsteht sie, wenn zu viel Spannung auf dieser Struktur liegt – etwa durch eine verkürzte rückseitige Beinmuskulatur. Betroffen sind dabei nicht nur die Waden, sondern auch die Oberschenkelrückseite und die Gesäßmuskeln. Zusätzliche Belastungen wie intensive Trainingseinheiten oder ungeeignetes Schuhwerk verschärfen das Problem. Auch ein Spreizfuß kann die Spannung auf die Sehnenplatte erhöhen. Nicht zuletzt spielen manchmal auch innere Faktoren eine Rolle – etwa Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder Gicht, rheumatische Prozesse oder bestimmte Medikamente, etwa Cholesterinsenker oder einige Antibiotika.

Welche Beschwerden treten bei einem Fersensporn auf?

Typisch ist ein stechender Schmerz in der Ferse, besonders morgens nach dem Aufstehen – ein sogenannter Anlaufschmerz. Die ersten Schritte sind oft kaum möglich, man geht auf den Zehenspitzen, weil man nicht auf die Ferse auftreten kann. Nach einigen Minuten lässt der Schmerz meist nach – man „läuft sich ein“. Wird der Reizzustand stärker, kommt es zu belastungsabhängigen Schmerzen, etwa beim Tennis. Die Sportler sind dann stark eingeschränkt. In Extremfällen kann es zum Ruheschmerz kommen, aber meistens handelt es sich um Anlauf- und Belastungsschmerzen.

Warum trifft es oft Tennisspieler?

Tennis ist ein Sport mit schnellen Richtungswechseln und ständigen Stop-and-Go-Belastungen. Beim abrupten Abbremsen wirken enorme Kräfte auf die Plantarfaszie und die Achillessehne – zwei Strukturen, die bei der Kraftübertragung vom Bein in den Fuß besonders gefordert sind. Hinzu kommt: Tennisschuhe verfügen im Vergleich zu Laufschuhen oft über eine härtere Sohle und geringere Dämpfung. Der Mix aus hoher Belastung und begrenzter Stoßabsorption begünstigt daher Überlastungsreaktionen – und macht Tennisspieler anfällig für eine Plantarfasziitis oder einen Fersensporn.

Spielt der Platzbelag eine Rolle?

Ja, durchaus. Sandplätze gelten als vergleichsweise gelenkschonend – vor allem, weil das Rutschen beim Abbremsen einen Teil der Aufprallkräfte abfedert. Deutlich ungünstiger sind hingegen griffige Hallenböden: Hier fehlt die Rutschmöglichkeit, sodass die Kräfte beim Stoppen direkt und ungefiltert auf Fuß und Sehnen wirken.

Gibt es typische Trainingsfehler, die Fersenschmerzen begünstigen?

Ja – weniger technische Fehler, sondern vor allem Mängel in der Trainingssteuerung. Wer sich nicht ausreichend aufwärmt, auf Dehnung verzichtet oder die Muskulatur nicht regelmäßig lockert, erhöht das Risiko für Fersenschmerzen deutlich.

Was können Tennisspieler selbst tun?

Im Frühstadium helfen gezieltes Dehnen und der Einsatz der Faszienrolle – insbesondere entlang der rückwärtigen Beinkette, also an Wade, Oberschenkelrückseite und Gesäß. Auch die Fußsohle lässt sich mit einem Golf- oder Faszienball ausrollen. Wichtig: nicht direkt auf den schmerzenden Punkt drücken. Ziel ist es, die Spannung aus der Sehnenplatte zu nehmen – nicht, die gereizte Stelle zusätzlich zu belasten. ­Tennisbälle sind dafür meist zu weich.

Was sollte man besser nicht tun?

Häufig empfohlene Maßnahmen wie Fersenkissen können zwar kurzfristig den Schmerz lindern, sind aber mit Vorsicht zu genießen. Sie verändern die Statik – wer sie nur einseitig trägt, läuft schnell „schief“. Beidseitig eingesetzt, können sie für ein paar Tage überbrücken, sind aber keine nachhaltige Therapie. Manche Betroffene setzen auf spezielle Schuhe, Heilerde oder Moorpackungen. Diese Methoden mögen angenehm wirken, ihre Wirksamkeit ist jedoch wissenschaftlich nicht belegt. Sie ersetzen keine gezielte, ursachenorientierte Therapie. Symptomatisch wirken Schmerzsalben, doch sie beheben die Ursache nicht. Gleiches gilt für entzündungshemmende Medikamente wie Ibuprofen: Eine kurzfristige Einnahme lindert den akuten Schmerz, bringt aber langfristig meist wenig, denn die Reizungen bei Sehnenproblemen folgen anderen Mechanismen als klassische Entzündungen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Grundsätzlich gilt: Je früher, desto besser – denn eine frühzeitige Behandlung kann verhindern, dass sich die Beschwerden chronisch verfestigen. Halten Fersenschmerzen länger als ein bis zwei Wochen an oder kehren sie immer wieder zurück, sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden. Ein einmaliger Schmerz ist meist harmlos, doch bei wiederholten Beschwerden ist der Gang zum Orthopäden ratsam. Nur der Arzt kann abklären, was genau hinter den Schmerzen steckt. Die Diagnose erfolgt anhand eines ausführlichen Gesprächs, einer körperlichen Untersuchung und bildgebender Verfahren. Am besten eignet sich der Ultraschall – er zeigt sowohl eine mögliche Reizung der Sehnenplatte als auch einen Fersensporn. Ein Röntgenbild hingegen macht nur den knöchernen Sporn sichtbar, nicht die entscheidende Entzündung an der Faszie. Ein MRT ist in den meisten Fällen nicht erforderlich. 

Wie behandeln Sie den Fersensporn in Ihrer Praxis?

Die Behandlung beginnt in der Regel mit einer Kombination aus fokussierter Stoßwellentherapie und einem gezielten Übungsprogramm. Dabei stehen die Dehnung der Plantarfaszie, exzentrisches Training sowie die Mobilisation von Becken und rückwärtiger Beinkette im Fokus. Ergänzend analysieren wir im MotionLab das individuelle Bewegungsmuster, um das Training optimal auf den Patienten abzustimmen. Weitere Bausteine der Therapie sind individuell angepasste Einlagen, hochenergetische Magnetfeldtherapie, Kälteanwendungen und Kinesio-Taping, um die Plantarfaszie zu entlasten und Verspannungen zu lösen. Auch osteopathische Behandlungen kommen zum Einsatz. Bleibt der Therapieerfolg aus, setzen wir PRP-Injektionen ein – also plättchenreiches Plasma aus dem Eigenblut, das die Heilung fördern soll. Bei besonders hartnäckigen Fällen kommt als letzter Schritt das minimalinvasive Tenex-Verfahren zum Einsatz. Dabei wird gezielt entzündetes und geschädigtes Gewebe entfernt, ohne das umliegende Gewebe zu verletzen.

Wie lange dauert die Heilung?

Das lässt sich pauschal nicht sagen – der Heilungsverlauf ist sehr individuell. Frische Beschwerden, die erst seit wenigen Wochen bestehen, sprechen oft schon nach zwei bis vier Wochen gut auf die Behandlung an. Haben die Schmerzen hingegen über Monate oder sogar Jahre bestanden, kann es deutlich länger dauern – in manchen Fällen zwei bis drei Monate, bis eine spürbare Besserung eintritt. Entscheidend ist, wie früh die Therapie beginnt und wie konsequent sie durchgeführt wird.

Kann man während der Behandlung Tennis spielen?

Grundsätzlich ja – aber mit Augenmaß. Wenn beim Spielen kurzfristig ein Ziehen spürbar ist, das direkt nach dem Training wieder verschwindet, ist das meist unproblematisch. Hält der Schmerz jedoch bis zum nächsten Tag an, war die Belastung zu hoch. Dann sollte das Training angepasst oder vorübergehend pausiert werden, um den Heilungsprozess nicht zu gefährden.

Wie kann man einem Fersensporn vorbeugen?

Am besten lässt sich einem Fersensporn vorbeugen, indem man regelmäßiges Faszien- und Mobilitätstraining fest in den Trainingsalltag integriert. Dazu gehören gezieltes Aufwärmen, Dehnübungen und der Einsatz der Faszienrolle – besonders für die rückwärtige Beinkette. Eine ergänzende Yoga- oder Gymnastikeinheit pro Woche kann zusätzlich helfen, Spannungen abzubauen und die Beweglichkeit zu verbessern. Nicht zu unterschätzen ist auch das richtige Schuhwerk. Bei Fehlstellungen wie einem Knick-Spreizfuß entlasten individuell angepasste Einlagen die Fußsohle. In der Praxis kommen dafür beispielsweise spezielle Tenniseinlagen zum Einsatz, die auf Grundlage einer Bewegungsanalyse individuell angepasst werden.

Braucht man für Tennisschuhe denn spezielle Einlagen?

Wer nur gelegentlich spielt, kommt meist mit einer guten Alltagseinlage aus. Wer jedoch zwei- bis dreimal pro Woche auf dem Platz steht, profitiert deutlich von einer speziell angepassten Sporteinlage. Dabei gilt: Tenniseinlagen sind anders konstruiert als Einlagen fürs Laufen. Während Laufeinlagen auf eine gleichmäßige, gerade Abrollbewegung ausgerichtet sind, müssen Tenniseinlagen vor allem seitliche Bewegungen und die Belastung im Vorfußbereich abfedern. Auch die Form der Fußgewölbeabstützung ist entsprechend angepasst – je nach Sportart und Bewegungsprofil.