Danke für alles, Niki!
Am 22. September starb Niki Pilic (86). Nachruf auf einen außergewöhnlichen Menschen.
Ach Niki, jetzt konnten wir uns nicht mehr treffen. Anfang Oktober waren wir verabredet. Es wäre wie immer gewesen. Ich wäre in den TC Opatija gekommen. Du hättest Essen bestellt – für Dich Gemüse, für mich Cevapcici – und wir hätten geredet: über Tennis und Politik und ein bisschen über die Oper. Dein Held auf der Bühne hieß Luciano Pavarotti. Das Theater war auch ein unsichtbares Band zwischen uns. Du, der Tennisstar aus Split, kanntest meinen Vater, den Opernsänger aus Split.
Wenn ihr euch in den schmalen Gassen mit den Jahrtausende alten Kopfsteinpflastern über den Weg lieft, hast du ihm zugerufen: „Hey, Traviata!“ La Traviata, die Oper von Guiseppe Verdi. Er hat deine Matches verfolgt, als du die Nummer fünf der Welt warst. Und später, als du für Deutschland als Davis Cup-Kapitän auf der Bank saßt, haben wir jede Sekunde inhaliert. Göteborg, Stuttgart, Hartford.
Von dem wohl berühmtesten Abstiegsmatch, das es je gab, hast du mir oft Anekdoten erzählt. Die Luft hat vibriert vor Adrenalin. Hinter einer Pappwand in den Katakomben des Civic Centers tönte John McEnroe und redete schlecht über das deutsche Team. „Ich war kurz davor, ihm aufs Maul zu hauen“, erzähltest du. Du riefst auch deine wunderbare Frau Mija an. Sie: „Niki, hast du nicht etwas vergessen?“ Du: „Was denn?“ Sie: „Wir haben heute Hochzeitstag.“
Feierlaune: Steeb, Pilic, Spaßvogel Becker, Kühnen und Jelen (v.l.) 1988 in Göteborg.Bild: Imago
Unkompliziert, freundlich, zugewandt
Sie hat es dir verziehen. Weil sie, die Schauspielerin, deine Leidenschaft kannte. Es gibt wohl niemanden, der ein größeres Herz für Tennis hatte als du. Ich durfte ein paar Mal mit dir Bälle schlagen, einmal in einem Tenniscamp in Umag. Wir spielten Elfer. Du spieltest deinen fiesen Linkshänder-Slice immer zwei Zentimeter vor die Grundlinie.
Ich war fix und fertig, du in deinem weißen langärmligen Pulli mit dem Emblem deiner Münchner Tennisakademie hattest keinen Tropfen Schweiß vergossen. Du trabtest ans Netz und meintest: „Ich bin wie ein Diesel. Ich verbrauche sehr wenig Benzin.“
Das erste Mal trafen wir uns bei einem Seniorenevent in Hittfeld bei Hamburg. Ein erfahrener Redakteur hatte mich, den Praktikanten, mitgenommen. Ich stellte mich bei dir vor und du gabst mir sofort ein Interview. Nicht, weil ich der Sohn meines dir bekannten Vaters war, sondern, weil du so warst. Unkompliziert. Freundlich. Zugewandt. Und dabei eine Respektsperson, wie es nur wenige gibt.
Dein Leben war Tennis
Als du mich einen Freund nanntest, war das ein Ritterschlag. Als mein Vater starb, riefst du mich noch am selben Tag an. Als ich einen prominenten Trainer für eine Campwoche eines Tennishotels brauchte, sagtest du sofort zu. Du fuhrst mit Mija in deinem Mercedes damals noch von deinem Wohnort München zum Wolfgangsee und standest sofort auf dem Platz.
Du hast nie nach einer Gage gefragt. Geld hat dich nicht interessiert. Dein Leben war Tennis. Als du vor zehn Jahren nach Opatija zogst und ich mich nach deinem Leben erkundigte, sagtest du: „Ich stehe sechs Tage auf dem Platz, am siebten gehe ich in die Kirche.“
An der Adria warst du ein glücklicher Mensch. Als wenn es Schicksal ist, schreibe ich diese Zeilen gerade in Split, deiner Geburtsstadt. Am 16. September rief deine Frau in der tennis MAGAZIN-Redaktion an und sagte, dass du eine schwere Herzoperation hattest. Am Dienstag danach erfuhr ich von deinem Tod. Der Himmel ist jetzt um einen der besten Trainer, die es je gab, reicher. Für mich bleibst du „der ewige Niki“.