Balls Unlimited: Gelber Ball ganz grün
Drei Jahre Entwicklungszeit und dann war er fertig. Der Code Planet ist das neueste und innovativste Produkt der Firma Balls Unlimited. Nachhaltigkeit ist Trumpf.
Unsere Flüge waren wahrscheinlich der Faktor, der die Umwelt am meisten belastet hat“, sagt Ralph Papenfuhs, Gründer und Geschäftsführer des Tennisballspezialisten Balls Unlimited. Wir sind zum Teams-Call verabredet. Sein Sohn Tobias ist auch dabei. Bruder Thilo, der nur kurz den Raum betritt, gehört ebenfalls zur Geschäftsführung der Firma mit Sitz in Gerolsbach mitten im Dreieck Augsburg-Ingolstadt-München gelegen.
Die Liebe der Familie zu Bällen lässt sich schon am Interieur des Konferenzraumes erkennen. Die leuchtend gelben Sessel sind quasi aufgeschnittene, extragroße Tennisbälle. Die Beistelltische sind mit Dutzenden von Filzkugeln gefüllt.
Gelbe Bälle. Wir sind im Thema. Wobei das neueste Produkt ein grünes Innenleben hat. „Der Code Planet ist der weltweit erste Ball mit einem 40-prozentigem Recyclinganteil im Ballkern“, sagt Papenfuhs senior.
Balls Unlimited: Prinzip „Try and Error”
Drei Jahre ist es her, dass sich Balls Unlimited die Aufgabe gestellt hat: Wie bekommen wir es hin, einen umweltfreundlichen Ball zu entwickeln? Produziert – in dem Fall getüftelt – wurde wie immer in einer Ballfabrik in Thailand (der genaue Ort ist ein Betriebsgeheimnis). Prinzip: Try and Error. Denn es galt, mehrere Maßgaben unter einen Hut zu kriegen, die alle einleuchtend sind. Der Ball muss gut spielbar sein. Er muss dem Kunden gefallen genau wie der Wurm dem Fisch schmecken muss und nicht dem Angler. Zweitens: Der Recyclinganteil sollte so hoch wie möglich sein.
Im Call: Ralph und Tobias (re.) Papenfuhs im Firmengebäude in Gerolsbach. Lagerkapazität: drei Millionen Bälle auf 1.000 Quadratmetern.
Und: Am Ende dürfen auch die strengen ITF-Normen des Weltverbandes nicht gerissen werden. So fiel unseren Testern auf, dass der Ball mit 6,7 Zentimetern Durchmesser relativ groß ist (siehe rechts), er befindet sich aber immer noch locker im Rahmen.
Ein Grund, warum so viel am Code Planet – übrigens ein passender Name, denn natürlich geht es beim Thema Umwelt um den Planeten Erde, wenn auch in dem Fall im Kleinen – gebastelt werden musste: „Wir mussten den Absprung des Balles auf die erforderliche Höhe bekommen. Das Recyclingmaterial ist weit weniger elastisch als Naturkautschuk“, sagt Ralph Papenfuhs.
„Das Ergebnis ist der bestmögliche Kompromiss”
Und – Achtung – jetzt wird es wissenschaftlich: „Um das zu kompensieren, sprechen wir über Oberflächenspannungen, Ballkernhärten und dergleichen mehr, die darauf angepasst werden müssen, um die ITF-Kriterien zu erreichen“, doziert Papenfuhs.
Wer sich länger mit den Papenfuhs’ unterhält, bekommt einen Eindruck, warum der Prozess einige Zeit in Anspruch nahm. Die Entwicklung war ein ständiges Abwägen der unterschiedlichen Parameter – Größe, Gewicht, Materialmenge im Kern, Filz – und den damit verbundenen Spieleigenschaften. Papenfuhs: „Das Ergebnis ist der bestmögliche Kompromiss, was eigentlich negativ klingt, aber der Wahrheit entspricht.“
Und wie läuft so ein Recyclingprozess? Jedenfalls nicht so, dass der Filz, der den Ballkern umgibt erst mechanisch abgelöst werden muss, um gerade einmal 50 Gramm Kautschuk je Ball zu gewinnen. „Das wäre Greenwashing“ sagt Papenfuhs. Warum? Weil der energetische und maschinelle Aufwand enorm sei. Man benötige dafür zum Beispiel große Filteranlagen.
Reifenmehl aus zerschredderten Autoreifen
Ansonsten würde Mikroplastik freigesetzt werden, da im Filz Nylonfasern verarbeitet sind. Außerdem müssten die gewonnenen Rohstoffe wieder aus Europa nach Asien zur Fertigung neuer Bälle transportiert werden. So würden die Bälle am Ende fast das Doppelte kosten.
Die Lösung: Reifenmehl aus zerschredderten Autoreifen, von dem Millionen Tonnen bereits existieren und das weltweit nahezu unbegrenzt verfügbar ist. „Es ist eine Win-Win Situation. Einerseits reduzieren wir den Einsatz von Plantagen-Kautschuk, andererseits erhalten Autoreifen eine zweite Verwendung“, sagt Papenfuhs.
Drei Jahre Entwicklungszeit mit Flügen nach Thailand, nach Fuerteventura, Malta und anderen Zielen in Europa, wo mehr als 2.000 Bälle von Spielern aller Spielstärken getestet wurden, kosten eine Menge Geld. Balls Unlimited hatte einen Partner aus der Nicht-Tennisindustrie, der bei dem Projekt half. Am Ende waren alle happy und sind gespannt auf den Start im Markt. Papenfuhs: „Der Container schippert gerade um Gibraltar. Ab Mitte August geht es los!“
Fakten Balls Unlimited Code Planet
Größe: 6,7 cm (Durchmesser)
Gewicht: ca. 58 g
Spielgefühl: angenehm
Absprungverhalten: eher flach
Haltbarkeit: konstant über 5 Stunden
Filz: hochwertig (aus Stroud, England)
Preis: 8 € (Viererdose)
Webseite: www.balls-unlimited.com
Umwelt first: Der Code Planet hat einen 40-prozentigen Recyclinganteil. Die Dose kostet acht Euro.
Der Code Planet im tennis MAGAZIN-Test
Das Wichtigste vorab: Wir wussten nicht, um was für einen Ball es sich handelte. Auf den Dosen und auf dem Ball selbst gab es kein Branding – es war also ein kompletter Blindtest. Erfahrungsgemäß ist das bei Tennisbällen stets der beste Weg, um objektive Eindrücke zu gewinnen. Denn allein ein Markenname kann bei dem einen oder anderen Tester schon gewisse Assoziationen hervorrufen.
So gingen wir also vollkommen unvoreingenommen an den Spieltest. Das Erste, was uns nach dem Öffnen der Dose gleich auffiel: Der Ball sah größer aus und fühlte sich größer an als andere Bälle. Zum Vergleich legten wir einen neuen Dunlop Tournament-Ball neben den Testball und unser erster Eindruck bestätigte sich. Wir überprüften den Durchmesser beider Bälle mit einem Messschieber. Ergebnis: Der Testball hat einen Durchmesser von etwas mehr als 6,7 Zentimetern, der Vergleichsball von Dunlop liegt bei 6,5 Zentimetern.
Die ersten Schläge mit dem Testball auf dem Court waren auffallend angenehm. Oft fühlen sich neue Bälle zu Beginn hart und schwer an; man hat dieses „Kanonenkugel-Gefühl“. Beim Testball trat dieser Effekt nicht ein, der Ball lag vom Start weg gut im Schläger und ließ sich problemlos kontrollieren. Zweite Erkenntnis: Der Ball hat einen eher flachen Absprung. Man kann ihn gut kontrollieren. Insbesondere bei Kickaufschlägen fiel das niedrige Absprungverhalten auf.
Der Ball nimmt dennoch Spin gut an. Wer ihm ordentlich Topspin mit auf dem Weg gibt, kann eine Menge Drall erzeugen. Ein Punkt, der vor allem den Hardhittern im Testteam auffiel: Es ist nicht leicht, richtig Tempo mit dem Ball zu generieren. Positiv hervorzuheben ist, dass die Spieleigenschaften über die vier bis fünf Teststunden konstant blieben.
Was mit großer Sicherheit auch am guten Filz liegt, denn dort registrierten wir kaum Abnutzungserscheinungen. Im Vergleich zu anderen Bällen, die bei Punktspielen oft über einen ähnlich langen Zeitraum in Gebrauch sind, stach die Filzqualität des Testballs besonders hervor. Fazit: Ein angenehmer und haltbarer Ball, mit dem man auf dem Court eine Menge Spaß haben wird – egal, auf welchem Level man spielt.