Olympics Day 1 – Tennis

Das etwas andere Wimbledon

Ellie ist not amused. Ellie ist meine Vermieterin in der Bed-and-Breakfast-Pension, die ich auch immer buche, wenn ich beim Grand Slam-Turnier in Wimbledon bin. Sie (die Pension, nicht Ellie) befindet sich rund zehn Minuten zu Fuß von der Anlage. Neulich hat der Sicherheitsdienst Ellie nicht in ihre Straße, den Albert Drive, gelassen. Aber ich wohne da. Sie müssen mich durchlassen, schimpfte Ellie. Irgendwie ist sie dann doch nach Hause gekommen. Jetzt sagt sie: Sie wollen etwas verbessern, was bestens funktioniert hat. Und meint damit, dass das LOCOG (London Organising Committee of the Olympic Games) in Wimbledon alles nur verkompliziere. Aber bilde dir selbst eine Meinung, sagt Ellie, als ich meinen Rucksack schultere und mich auf den bekannten Weg zum All England Club mache.

Was gleich auffällt: Es ist so ruhig. Keine Menschenmassen wie während des regulären Turniers, keine überfüllten Parkplätze an der Church Road. Vor allem: Kein Queuing up, kein Anstehen für Tickets, im benachbarten Park. Hier entlang, sagt eine Dame von der Security. Meinen gewohnten Eingang (Gate 2) darf ich nicht nehmen. Ich muss einen Umweg in Kauf nehmen. Okay, es regnet nicht und heiß ist es auch nicht. Bei Gate 5 darf ich rein. Aber am Eingang stehen nicht die gewohnten honorigen Herren mit Strohhüten und blauen Blazern mit goldenen Knöpfen, sondern Soldaten in Tarnanzügen. Ich muss mein Gepäck durchleuchten lassen wie am Flughafen. Ja klar, strengste Sicherheitsvorkehrungen, ist ja schließlich Olympia. Und dann bin ich drin im Heiligtum Olympisches Tennis in London, der Moment, auf den ich gewartet habe, seit vor rund zwei Jahren die Akkreditierungs-Prozedur begann.

Direkt am Gate 5, wo früher die Fred Perry-Statue stand, winkt jetzt das Olympia-Maskottchen Wenlock. Für einen Wimbledon-Montag ist es geradezu lächerlich leer auf der Anlage. So hat man zumindest einen guten Blick auf die Magenta-farbenen Banden und Schilder mit dem Schriftzug London 2012. Für Traditionalisten muss der Anblick shocking sein. Und nicht nur der, sondern auch der auf die zahlreichen Buden schräg gegenüber vom ehrwürdigen, Efeu umrankten Clubhaus. Eis, Pizza und Sandwiches werden hier verkauft. Erdbeeren mit Cream gibt es auch. 2,50 Pfund (rund 3,20 Euro) kostet die Schale überraschenderweise weniger als beim richtigen Wimbledon. Und es wird auch Pimms getrunken, dieser herrlich erfrischende Cocktail, für den man 7,30 Pfund berappen muss. Nur er heißt nicht Pimms oder besser formuliert: Er darf nicht Pimms heißen, weil das IOC einen anderen Getränkesponsor hat. Pimms heißt jetzt No. 1 Fruit Cup.
Das mit den Olympiasponsoren ist eine nervige Sache. Ich bin jetzt im Pressezentrum und plötzlich selbst Leidtragender. Internet gibt es nur gegen Bezahlung. Schlappe 108 Pfund kostet ein Zugang für die Woche. Okay, dann zahle ich eben. Aber es ist nicht so einfach. Ich muss die Nummer der Firma, die den Service bereitstellt, anrufen. Nur: Ich kann den benötigten Pin gar nicht erwerben. Meine Karte wird nicht akzeptiert. Sie ist nämlich keine Visa. Und bezahlen darf man nur mit der offiziellen Kreditkarte der XXX Sommerspiele. Was tun? Ins MPC fahren, ins Media Presse Centre, am anderen Ende von London, wo man cash zahlen darf? Rund zwei Stunden würde Hin- und Rückfahrt dauern. Ich habe Glück, eine Kollegin hilft mir mit ihrer Visa aus. Meinen gewohnten Sitzplatz im Pressezentrum gibts auch nicht. Es gibt überhaupt keinen. Jeder kann sich setzen, wohin er will. Wer früh kommt, hat gute Chancen auf einen Platz, sagt das Mädchen am Presse-Desk. Ich habe Pech. Zumindest für heute gehe ich leer aus.

Aber was soll ich auch drinnen sitzen. Draußen spielt sich das Leben ab. Ich werde Zeuge, wie Petzschner gegen Tipsarevic in drei Sätzen verliert und seinen Schläger fast so spektakulär zerhackt wie Marcos Baghdatis seine Rackets bei den Australian Open. Rund drei Stunden später ist er mit Christopher Kas im Doppel an der russischen Paarung Youzhny/Davydenko gescheitert. Anschließend gehen die Beiden noch in die Mixed-Zone, wie man sie vom Fußball kennt. Auf der einen Seite einer (natürlich Magenta farbenen)-Bande stehen die Journalisten, auf der anderen die Spieler. Und dann unterhält man sich 90 Sekunden. Richtige Pressekonferenzen gibt es hier nur für die Topspieler.

Petzschner/Kas sind schon auf dem Weg unter die Dusche und ich auf dem Weg zum Centre Court, wo Caroline Wozniacki und Yanina Wickmayer Bälle schlagen. Das Stadion ist nicht einmal halbvoll. Und das in Wimbledon! Kaum zu glauben. Hinterher erklärt einer, dass es hieß, die Matches seien ausverkauft, aber die Tickets würden nicht abgeholt werden. Mit ziemlich Mixed feelings trete ich meinen Heimweg an. Wie wars?, fragt Ellie. Hm, antworte ich, anders als sonst.

Andrej Antic, London

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