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Sexappeal auf der Damentour: Das Spiel mit den Reizen

James Bond alias Sean Connery hätte seine Freude gehabt. Ein hübsches, kleines Nichts, das Sie da beinahe anhaben, witzelte er Anfang der 70er Jahre im 007-Klassiker Diamantenfieber, lange bevor M, Bonds Chefin, ihn inzwischen von Pierce Brosnan gespielt als sexistischen, frauenfeindlichen Dinosaurier bezeichnete.
Hübsche, kleine Nichts die gibt es auch auf der WTA-Tour zu bestaunen. Noch nie in der Geschichte des Damentennis trugen die Hauptdarstellerinnen knappere Röcke, heißere Höschen und verführerischere Tops. Nie zeigten sie mehr Bauch, Beine, Po. Als vor ein paar Wochen bei den US Open die Amerikanerin Bethanie Mattek nach einer langen Rallye an der Bande verschnaufte, gewährte sie dem irritierten Balljungen tiefe Einblicke ins Dekolleté. Das Foto aus ihrem Zweitrunden-Match gegen die Israelin Shahar Peer (das sie 2:6, 1:6 verlor) ging um die Welt. An ihrem Tennis lag es nicht, dass Mattek, die Nummer 102 der Weltrangliste, so viel Aufmerksamkeit bekam.Court als Catwalk

Tennis und Sex-Appeal die Story ist so alt wie die Sportart selbst. Lottie Dod, die legendäre Wimbledon-Siegerin, war Ende des 19. Jahrhunderts die Erste, die ihre Mitstreiterinnen dazu animierte, mit dem bestehenden Dresscode zu brechen. Wie können wir jemals ein vernünftiges Spiel zustande bringen, wenn die Kleider die freie Bewegung aller Gliedmaßen einschränken?, fragte sie ketzerisch. In den 20er Jahren schwebte Suzanne Lenglen im seidenen Ballettkleid über den Platz. Und als in den 60ern die neue sexuelle Freiheit ausbrach, wurde der Mini nicht nur auf den Straßen, sondern auch auf den Courts von Paris, London und New York zum Hit.
Der Startschuss für eine neue Ära in Sachen Sexappeal fiel mit Anna Kournikova, der Pop-Ikone der späten 90er Jahre, dem besten russischen Export seit Wodka, wie sie das englische Boulevardblatt The Mirror einmal bezeichnete. Meine Beine sind länger als die der anderen. Deswegen wirken meine Röcke kürzer, prahlte die Lolita schlechthin, und die Fotografen knipsten sich die Finger wund. Die schöne Russin gewann zwar nie ein Turnier, aber die Herzen unzähliger Fans und viel lukrativer Millionen Dollars mit Werbung. Mit Kournikova wurden die globalen Courts zu Catwalks, zu Laufstegen, und die Stars zu Models. Die TV-Quoten stiegen, nicht nur weil die Damen immer athletischer spielten, sondern auch weil die Outfits immer freizügiger wurden. Get in touch with your feminine side entdecke deine weibliche Seite , texteten die Marketingstrategen der WTA vor ein paar Jahren, als die Kournikova-Welle abgeebbt war und neue Impulse dringend benötigt wurden. Larry Scott, damals und heute Chef der Damentour, schwärmte: Wir wollen eine Marke schaffen, die jedermann kennt. Damentennis soll attraktiv, stilvoll, feminin und athletisch sein. Als Serena Williams ein Jahr später bei den US Open als Tennisdomina mit langen, schwarzen Stiefeln und Nieten an Top und Höschen auftrat, schien allerdings die Grenze des guten Geschmacks für viele überschritten.

Sport als Nebensache

Verkommt der Sport zur Nebensache? Zählen hübsche Röckchen und enge Tops mehr als Vor- und Rückhände? Ich denke, dass der Trend, Frauentennis über Sex zu verkaufen, beängstigende Formen annimmt. Die Mädchen sollten sich auf ihr Spiel konzentrieren, nicht auf knappe Kleidchen, Beine und Po, klagte Daniela Hantuchova vor ein paar Wochen im Spiegel. Und weiter: Wir haben es nicht nötig, im schwarzen Dominadress zu spielen und mit rosa Handtäschchen aufzutreten. Die Aussage verwundert, schließlich betreibt Hantuchova selbst den Körperkult vor ein paar Jahren sogar so exzessiv, dass Gerüchte um eine angebliche Bulimie kursierten. Auch ist Hantuchovas Beinlänge bekannter als ihr maximales Aufschlagtempo sagenhafte 112 Zentimeter.
Und doch steckt in der Aussage der Slowakin mehr als ein Fünkchen Wahrheit. Oft wissen wir nicht, ob wir Bilder von den Spielerinnen überhaupt verschicken sollten, weil man unter dem Rock Dinge sieht, die nicht jugendfrei sind, erzählt Fotografin Manuela Davies. Mit ihrem Mann Jeff ist sie bei allen Grand Slam-Turnieren vor Ort, auch für tennis magazin. Manchmal frage sich das Ehepaar Davies beim Blick durchs Objektiv, ob die absichtlich so viel zeigen. Julia Görges, attraktive deutsche Nachwuchshoffnung, sagt, dass sie oft darüber  erschrecke, was man auf den Fotos auch den eigenen alles sehe. Sie selbst bestelle bei ihrem Bekleidungshersteller oft eine Nummer größer damit der Rock nicht zu knapp sitzt. Hantuchova behauptet: Ich habe immer darauf geachtet, nicht zu viel Haut zu zeigen, mich nicht zu verkaufen.
Viele ihrer Kolleginnen sind offenbar freizügiger. Als die Österreicherin Tamira Paszek zu Beginn des Jahres ihr Grand Slam-Debüt in Melbourne gab, fiel auf, wie gut die 16-Jährige spielt, doch noch mehr Beachtung fanden ihr Dress und der raffinierte Schnitt, der ihre Oberweite üppig präsentierte.

Rangliste der Beauties

Wenn sich die Leute auf meine Kleidung konzentrieren, finde ich das okay, heißt auch das Credo von Tatiana Golovin. In der Weltrangliste steht die schöne Französin mit den blonden Haaren auf Platz 18, in der Rangliste der Beauties ist sie top. Sie praktiziert das Spiel mit den Kameras fast so gut wie weiland Kournikova, weiß ihre Reize medienwirksam einzusetzen genau wie die Russin Maria Kirilenko, die Serbin Ana Ivanovic, die Argentinierin Gisela Dulko und die Tschechin Nicole Vaidisova, um nur einige zu nennen, die mit ihrem Aussehen und ihren Outfits für mindestens genauso viel Aufmerksamkeit sorgen wie mit ihrem Spiel.
Allerdings: Die Spielerinnen sind nur ein Teil im großen Business, in dem Sponsoren, Medien, Funktionäre und Bekleidungshersteller kräftig mitmischen. Sex sells, heißt die Devise. Sie ist zwar nicht neu, doch neu sind die Verpackungen, die die Stars noch attraktiver, aufregender und sinnlicher erscheinen lassen sollen. Es ist alles eine Frage des Zeitgeists. Die Tennismode richtet sich nach aktuellen
Fashiontrends, sagt Claus Marten, zuständig für Global Sports Marketing bei Adidas. Zurzeit angesagt seien sogenannte Tank Tops, also enge ärmellose Oberteile und Röcke, die tief auf den Hüften sitzen und so mehr Haut am durchtrainierten Bauch entblößen. Die Materialien sind funktionell, sagt Marten, aber der Dress soll natürlich nett aussehen.


Hauptsache kurz

Vorschriften, was erlaubt ist und was nicht, macht die WTA, die Vereinigung der Tennisdamen, Adidas, Nike und Co.  nicht. Überhaupt sind die Regeln schwammig. Im offiziellen Regelwerk heißt es über den Dresscode: Von den Spielerinnen wird erwartet, dass sie sich professionell kleiden und präsentieren. Sie sollen angemessene und saubere Tenniskleidung tragen. Nicht angezogen werden dürfen laut Reglement: Sweatshirts, Jogginghosen, T-Shirts, Jeans und abgeschnittene Kleidung. Generell gilt: Es muss in kurzen Sachen gespielt werden. Wie knapp der Schnitt genau zu sein hat, ist im Gegensatz zum Beachvolleyball, wo das Hosenbündchen der Damen nicht breiter als sieben Zentimeter sein darf im Tennis nicht festgelegt. Verboten sind jedoch lange Hosen und Ärmel, außer beim Aufwärmen. Während eines Matches dürfen diese nur getragen werden, wenn die Temperaturen außergewöhnlich niedrig sind.
Das war in diesem Jahr in Berlin der Fall. Die Serbin Jelena Jankovic nutzte die Ausnahmeregelung und trug zusätzlich schwarze Leggins unter ihrem Rock, die ihr bis über die Knie reichten. Eine weitere Sonderregelung: Gläubige Muslime, die enblößte Beine und Arme nicht mit ihrem Glauben vereinbaren können, dürfen während eines Matches sämtliche Körperpartien bedecken. Diese Vorgabe wurde vor etwa einem Jahr eingeführt, weil die Tour in immer mehr Ländern stattfindet, in denen der Islam die vorherrschende Religion ist, sagt Sören Friemel, der bei allen Grand Slam- Turnieren als Supervisor tätig ist.
Probleme mit den Spielerinnen wegen ihrer Outfits gibt es normalerweise nicht, berichtet Friemel. Nur einmal, erinnert sich der Deutsche, habe man einer Spielerin verboten, in Radlerhosen anzutreten. Ansonsten sei das entscheidende Kriterium der Stil. Frei übersetzt: Appetitlich soll es aussehen. Andrew Walker, Vize President Communication und so etwas wie das Sprachrohr der WTA, erklärt: Wichtig ist uns, dass das Outfit die Gegnerinnen im Match nicht beeinträchtigt. Grenzwertig war in diesem Jahr in Melbourne das quietschgrüne Kleid von Serena Williams, das sich in der Farbe kaum vom hin- und herflitzenden Ball unterschied. Zwar motzte die Konkurrenz, aber die WTA schritt nicht ein und Serena holte sogar den Titel im Laubfrosch-Look.
Stets aufs Neue beurteilt die Damentour, welche Kleidungsstücke angemessen sind und welche nicht. Schließlich hüllen die Stars und Sternchen zu jedem Grand Slam-Turnier ihre Körper in andere, immer ausgefallenere Kreationen. Eine Richtlinie für das richtige Styling gibt die WTA nicht vor. Es ist nicht so, dass wir unsere Spielerinnen ermuntern, sich sexy anzuziehen oder besonders offenherzig zu sein, sagt Walker. Vielmehr gehe es der Tour darum, alle Facetten des Damentennis zu promoten: die Persönlichkeiten, die Rivalitäten untereinander, die Athletik. Unsere Botschaft ist: Unsere Girls sind cool und hip, sagt Walker. Und sexy! Aber das sagt er nicht, und das wird auch in den prüden USA, wo die WTA ihren Hauptsitz hat, nicht gern gehört.

Stars als Hobby-Designer

Völlig frei in ihrer Entscheidung, welchen Rock oder welches Top sie auf dem Court tragen, sind die Profis offenkundig nicht. Großen Einfluss haben die Bekleidungshersteller. Damit alle gleichermaßen mit dem Outfit zufrieden sind, finden mehrmals im Jahr Treffen zwischen Spielerinnen und Designern statt, bei denen künftige Schnitte und Formen besprochen werden. Wir kooperieren sehr eng mit unseren Vertragsspielerinnen, erzählt Alberto Landi, Marketing- und Kommunikationsdirektor von Lotto Sport. Durch die regelmäßigen Gespräche ist das Unternehmen immer darüber informiert, was die Sportlerinnen sich wünschen. Gefragt sind vor allem attraktive, moderne und figurbetonte Bekleidungsstücke, die viel Komfort bieten, sagt Landi.
Wieviel Einfluss die einzelnen Spielerinnen tatsächlich haben, ist unterschiedlich. Während die meisten lediglich aus verschiedenen Kollek- tionen ihre Favoriten auswählen, gestalten einige wenige aktiv mit. Nicole Vaidisova, die zusammen mit Reebok ihre eigene Modelinie kreiert, peppt ihre Outfits gerne mit individuellen Accessoires auf. Ihrem Kleid für die French Open fügte sie eine weiße Schleife auf dem Rücken und eine Handvoll Strasssteine ums Dekoleté hinzu. Die Williams-Schwestern tragen grundsätzlich ihre eigenen Modelabels zur Schau Aneres (Serena rückwärst gelesen) und EleVen (die Linie von Venus).
In der Rolle der Hobby-Designerin gefällt sich auch Elena Dementieva. Die Russin mag es am liebsten schlicht aber sexy. Dass die Röcke kürzer und die Tops immer knapper werden, findet Dementieva in Ordnung. Ich wüsste nicht, was falsch daran wäre, und den Leuten gefällt es, sagt sie. Wir wollen schließlich möglichst viele Fans in die Stadien bekommen, und die möchten nicht nur Tennis sehen, sondern auch gut aussehende Menschen auf dem Platz.

Ausziehen für den Sport

Man könnte hinzufügen: Und die Spielerinnen möchten (auch nach dem Wunsch der Funktionäre und Sponsoren) ihre Reize nicht nur auf dem Platz zeigen ein neckisches Zurechtzupfen des Rockes hier, ein keckes Zurückschleudern des Zopfes da , sondern auch bei anderen offiziellen Anlässen. Crossover Promotion heißt das Zauberwort. Gemeint ist ein glamouröser Auftritt auf dem roten Teppich bei einer Filmpremiere oder laszive Foto-shootings für Modemagazine. So trat Serena Williams schon in TV-Serien auf, Maria Sharapova ließ sich für die (besonders bei Männern) beliebte Bademoden-Ausgabe der amerikanischen Sportzeitschrift Sports Illustrated ablichten. Wie vor ihr bereits die Topmodels Heidi Klum, Elle MacPherson und Rachel Hunter räkelte sich die Blondine im knappen Bikini am Strand der Bermuda-Inseln.
Der gewünschte Effekt: Die Stars der WTA sollen zu Celebrities, zu Berühmtheiten, auch außerhalb des Courts werden. Wer träumt nicht davon? Ich würde auch sexy Fotos von mir machen lassen, wenn es den Tennissport weiter nach vorne bringt, sagt Dementieva und fügt hinzu: Nacktaufnahmen würde ich allerdings keine machen. So weit geht die Freizügigkeit dann doch nicht, und die Prophezeiung Anna Kournikovas aus dem Jahre 1998 hat sich auch nicht bewahrheitet. Sie meinte: In zehn Jahren wird es nicht genug sein, dass wir Damen nur Tennis spielen. Dann werden alle oben ohne auf dem Platz stehen.
Andrej Antic, Nina Hoffmann
Herr Hackforth, Sie haben in diesem Jahr bei der Ausstellung Sport macht sexy in Köln referiert. Ist der Sport, und damit auch Tennis, zu sexy?
Fakt ist, dass es eine gesellschaftliche Entwicklung gibt, bei der körperliche Attribute immer mehr zur Schau gestellt werden. Was früher verdeckt wurde, zeigt man heute. Im Tennis hat Serena Williams mit ihrem schwarz glänzenden, tief ausgeschnittenen Dekolleté und dem kurzen Rock die Kategorie Sexy Outfit eingeführt. In der Leichtathletik gibt es dieses Phänomen schon seit vielen Jahren. Da wird noch mehr Haut gezeigt.

Verkommt der Sport zur Nebensache?
Nein. Die sportliche Leistung ist und bleibt die Hauptsache. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Aber der Leitsatz der Amerikaner Sex sells! gilt nach wie vor. Offensichtlich kann man mit Schönheit und Ästhetik mehr Aufmerksamkeit erzielen als ohne diese Attribute.

Welche Rolle spielen die Medien?
Es kommen viele Dinge zusammen, nicht nur die Darstellung des Sports in den Medien. Es gibt Modetrends, Zeitströmungen, Lifestyle-Entwicklungen. Es ist ein stetiger Wechsel. Ob die Medien bewirken, dass die Outfits freizügiger werden oder umgekehrt, ist wie die Henne-Ei-Frage.

Wie groß ist der Einfluss der Sponsoren? Wird Mode diktiert?
Die Bekleidungshersteller haben ein entscheidendes Wort mitzureden. Linien werden entwickelt, und der Ausrüster wünscht, dass die Kleidung von seinen Vertragsspielerinnen getragen wird. Mich irritiert es immer, wenn sich zwei Spielerinnen im gleichen Outfit gegenüberstehen.

Sieht man die Tennisdamen in Zukunft mit so wenig Stoff am Körper wie die Beachvolleyballerinnen?
Nein, das glaube ich nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass der Bauch noch freier wird. Aber das sieht man heute schon.Yeezys – Jordans, Musee-jacquemart-andre News, Jordan Essentials Statement Hoodie – release dates & nike. | cheapest air jordan 1 colorways