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US Open-Stories: Die Wiege des Turniers wackelt

Es sind noch nicht einmal fünf Kilometer, die die neue Tenniswelt von der alten trennen. Fünf Kilometer, die für die Entwicklung einer ganzen Sportart stehen. Wer erst das abbruchreife Stadion in Forest Hills und dann den Tennistempel von Flushing Meadows besucht, begibt sich auf eine Zeitreise durch die Tennishistorie. Von 1923 bis 1977 wurden in der Hufeisen-Arena von Forest Hills die US Open ausgerichtet. Zunächst auf Rasen, ab 1975 auf grüner Asche. 1978 verließ der amerikanische Tennisverband, die USTA, das Gelände und zog auf das nahe Areal der Weltausstellung von 1964. Dort, im sogenannten Corona Park, entstand das National Tennis Center, in dem die US Open bis heute auf Hartplatz veranstaltet werden. Das Stadion von Forest Hills (Kapazität: 14.000 Sitzplätze) war den ansteigenden Besucherzahlen nicht mehr gewachsen. Es geriet für die meisten Fans in Vergessenheit.

Eigentumswohnungen statt Tennis-Nostalgie

Das könnte sich nun ändern. Das altehrwürdige Stadion, die Wiege der US Open, ist baufällig. Es darf nicht mehr betreten und soll nun abgerissen werden. Der Immobilien-Investor Cord Mayer will dort Eigentumswohnungen errichten lassen. Die nun bekannt gewordenen Zukunftsvisionen rufen nicht nur Traditionalisten und ewig Gestrige auf den Plan, die das Stadion erhalten wollen. Mittlerweile hat sich die Diskussion zu einem New Yorker Politikum entwickelt. Der demokratische Kongressabgeordnete Anthony Weiner hat eine Initiative gegründet, die das Tennisstadium unter Schutz stellen lassen will. Er hat der USTA sogar den Vorschlag unterbreitet, mindestens ein Match der US Open pro Jahr in dem alten Stadion auszutragen.
Eine nette Vorstellung: Die Spieler würden sich wie auf einer Zeitreise vorkommen, wenn sie plötzlich in Forest Hills aufschlagen müssten. Es ist einleuchtend, dass diesem Vorschlag wenig bis gar keine Chancen eingeräumt werden. Weiners Kampagne zum Erhalt des alten Hufeisens ist jedoch nicht komplett illusorisch. Zumal sie von einer Art Bürgerinitiative (Save The Forest Hills Tennis Stadium) unterstützt wird, die regen Zulauf findet.

Der West Side Tennis Club darf allein bestimmen

Was die Bewohner des gut situierten New Yorker Stadtteils Forest Hills vor allem ärgert, ist das Verhalten des West Side Tennis Clubs. Dem Verein gehören Gelände und Stadion. Er kann über das Schicksal der alten Arena allein entscheiden. Am 19. August 2010 stimmte eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Mitglieder für die Pläne des Investors, die jetzt umgesetzt werden sollen. Die breite Masse, für die dieses Stadion gebaut wurde, hat kein Mitspracherecht, empört sich Robert Tierney von der Bürgerbewegung, die sich für Alternativen stark macht. Sie will den Charakter des alten Stadions um jeden Preis bewahren. Dem Verein gehe es doch nur um den Verkauf, der knapp drei Millionen Dollar einbringen würde, so Tierney. Es war jedoch absehbar und verständlich, dass der West Side Tennis Club sein Juwel eines Tages verkaufen würde. Das Stadion liegt seit Jahren brach, es ist nicht nutzbar. Und eine Renovierung würde 15 Millionen Dollar kosten.

Längst vorbei sind die Zeiten, als Forest Hills noch Hauptstadt des Welt-Tennis hieß. 1923, als die Arena gebaut wurde, gab es lange Zeit kein größeres Tennisstadion auf der Welt. In Forest Hills wurden Tie-Breaks und Matches unter Flutlicht ins Grand Slam-Tennis eingeführt. Alle Big Names der Tennisgeschichte schlugen dort auf: Jimmy Connors, Björn Borg, Chris Evert und viele mehr. Die Location entwickelte sich parallel zur angesagten Freileichtbühne, auf der unter anderem Frank Sinatra, die Beatles, Simon & Garfunkel und The Who auftraten.

Gerade aufgrund seiner Geschichte ist dieser Ort für die Bewohner von Forest Hills ein kleines Heiligtum. Wenn das Stadion verschwindet, wird unserem Stadtteil das Herz herausgerissen, sagt Robert Tierney.

Tim Böseler

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