East West Bank Classic Day 1

Dinara Safina:„Plötzlich hat es Klick gemacht“

Frau Safina, bei Ihren letzten neun Turnieren holten Sie vier Titel, erreichten siebenmal ein Finale. Sind Sie die heimliche Nummer 1?
Ich weiß es nicht. Ich bin zur Zeit sehr erfolgreich, aber ich denke nicht über diese Position nach.

Einigen wir uns darauf, dass Sie die Spielerin der Saison sind. Hätten Sie das zu Beginn des Jahres erwartet?
Nein, vor allem nicht, wenn ich bedenke, wie das Jahr anfing. Ich verlor fast jedes Match. Ich war kurz davor, alles hinzuschmeißen und ein Studium zu beginnen. Es war nicht so, dass ich Tennis nicht mehr liebte, aber ich fiel in ein tiefes Loch und fragte mich: Warum muss ich so leiden? Ich trainiere hart und nichts klappt.

Klingt ziemlich dramatisch.
Es war ein Desaster. Ich erinnere mich daran, dass ich im Februar beim Turnier in Doha zusammen mit meinem  Coach Zeljko Krajan über die Anlage spazierte. Wir standen vor einem Sponsorenzelt mit einem tollen Auto, und ich scherzte: So einen kaufe ich dir, wenn ich einmal ein Grand Slam-Turnier gewinnen sollte. Er antwortete: Glaub nicht, dass du so weit davon entfernt bist. Da habe ich gelacht.

Aber er hatte Recht. Im Juni standen Sie im Finale der French Open. Wieso lief es plötzlich so gut?
Entscheidend war das Turnier in Berlin. Von da an änderte sich alles. Ich war plötzlich eine komplett andere Spielerin, ein anderer Mensch. Es hat Klick gemacht. Davor hatte ich immer zu viel von mir erwartet, mich zu sehr unter Druck gesetzt. In Berlin tat ich das, was mir mein Coach mit auf den Weg gab: Schlag den Ball so hart, wie du kannst, und wenn er danebengeht, ist es auch nicht schlimm. Am Ende holte ich den Titel und hatte drei Top Ten-Spielerinnen geschlagen.

War es wirklich so einfach? Verraten Sie uns, wie genau Ihnen Ihr Coach geholfen hat?
Ich war in einer miesen Verfassung, als wir im Februar mit unserer Arbeit begannen. Zeljko musste mir immer wieder eintrichtern: Du weißt, wie man den Ball schlägt, du verstehst das Spiel, aber wenn du deine Emotionen nicht in den Griff bekommst, wird dir das nichts nützen. Er hat dafür gesorgt, dass ich im Kopf stark geworden bin. Außerdem habe ich gelernt, geduldig zu bleiben. Früher . Früher hat mich meine Wut auf dem Platz oft überwältigt, und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Inzwischen gewinne ich oft, auch wenn ich nicht mein bestes Tennis spiele.
Bei den US Open lamentierten Sie nach dem verlorenen Halbfinale gegen Serena Williams, Sie hätten sich benommen wie ein verwöhntes Kind. Ein Rückfall?
Nein, früher war es noch viel schlimmer. In New York war ich müde von der langen Saison. Das Match lief anders, als ich es mir vorstellte, und ich begann, mich über alles zu ärgern: den Wind, meine Schläge. Später habe ich mir die Partie mit meinem Coach auf Video angesehen. Er sagte: Sieh dir an, wie du dich benimmst, und sieh dir Serena an. Für sie war es auch windig, aber sie spielte wie ein Champion. Ich lerne noch, mit solchen Situationen umzugehen.

Sechs Spielerinnen hatten in New York die Chance, Nummer 1 zu werden. Sehen Sie das als gutes oder schlechtes Zeichen für die Damentour?
Es ist eine Zeit des Wechsels. Viele junge Spielerinnen kamen nach oben, seit Justine Henin zurückgetreten ist, und das ist spannend. Bei den US Open spielten die Finalistinen nicht nur um den Titel, sondern auch um die Nummer 1. Es hätte nicht besser laufen können. Ähnlich wird es auch beim Mas-ters am Saisonende sein. Das ist nicht nur für das Publikum reizvoll, sondern auch für uns Spielerinnen. Es motiviert dich, weil du spürst, dass du eine Chance hast, an die Spitze zu kommen.

Kritiker halten das Damentennis für ein-dimensional und wenig inspirierend. Was entgegnen Sie ihnen?
Man kann nie alle zufriedenstellen. Manche sagen, es ist interessant, andere, es ist langweilig.
Aber darüber denke ich nicht nach.
Sie spielen seit dem Jahr 2000 auf der Tour. Warum hat es so lange gedauert, bis Sie den Durchbruch schafften?
Eine volle Saison habe ich erst mit 18 gespielt, also vor vier Jahren. Okay, es hat ein wenig gedauert, aber diese Erfahrung hat mich reifer gemacht. Es gibt junge Spielerinnen, die schnell in die Top Ten kommen und denken, dass es einfach war und sie für immer oben bleiben werden. Aber dann verlieren sie, und wissen nicht, was los ist. Ich habe alle diese kritischen Momente schon erlebt.  Wenn ich heute ein enges Match spiele, weiß ich: Es gab schon viel schwierigere Situationen, aus denen ich mich befreit habe.

Was tut Dinara Safina, wenn sie nicht auf dem Platz steht?
Mich erholen. Nach dem Turnier in Tokio war ich ein paar Tage in München. Mein Trainer hat dort eine Wohnung. Ich liebe diese Stadt, bin ein bisschen durch die Maximilianstraße geschlendert und habe mir drei Pullover gekauft, weil es in Deutschland so kalt war. Aber normalerweise kaufe ich nichts. Ich genieße es, in den Geschäften nur zu gucken. Es lenkt mich ab. Ich liebe es auch, mit Freundinnen essen zu gehen.

Was bestellen Sie?
Salat.

Klingt sehr diszipliniert. Sündigen Sie nie?
Nein. Wenn ich es mir verdient habe, ordere ich ein Dessert. Und ich trinke nur Wasser. Ich habe auch noch nie in meinem Leben eine Zigarette geraucht.

Es wird auf der Damentour viel über Glamour gesprochen. Es gibt eine große Werbekampagne, in der Ihre Kolleginnen in schönen Kleidern auftreten.  Interessieren Sie sich für Mode?
Wenn ich zehn Tage frei habe, ziehe ich auch einmal ein Kleid an, aber Sie werden mich auf einem Tennisturnier nicht mit ausgefallenen Kleidern sehen. Ich ziehe das an, was mir passt. Ich bin da sehr einfach.

Ihr Bruder Marat scheint der schillerndere Typ zu sein. Wie beschreiben Sie Ihr Verhältnis zueinander?
Es ist eine normale Bruder-Schwester-Beziehung, auch wenn wir als Kinder nicht viel Zeit miteinander verbrachten. Er zog ja schon mit 14 nach Valencia. Aber das Verhältnis ist trotzdem eng. Wir telefonieren nicht jeden Tag. Es reicht, dass wir wissen, wo der andere gerade ist und er da ist, wenn der andere ihn braucht.

Wie hat er auf Ihre jüngsten Erfolge reagiert?
Eigentlich redet er nicht viel darüber. Ich glaube, er muss sich noch daran gewöhnen, dass die kleine Schwester jetzt so gut ist.

Das Interview führte Andrej Antic
Dinara Safina

Geburtstag:     27. April 1986
Geburtsort:      Moskau
Wohnort:         Monte Carlo
Größe:             1,82 Meter
Gewicht:          70 Kilogramm
Schlagarm:      Rechtshänder
Profi seit:         2000
Preisgeld:         5 258 801 Dollar
Trainer:            Zjelko Krajan
Bekleidung:      Adidas
Schläger:          Babolat Pure Storm MP
Turniersiege:    9
Weltrangliste:   3
Größte Erfolge:  Siege in Berlin, Los Angeles, Montreal, Tokio, Finale French Open, Halbfinale US Open (2008); Sieg in Gold Coast, Finale Charleston (2007), Finalistin Wimbledon Junioren (2001).
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