ITF Masters World Team Championships

Mit dem Adler auf der Brust: Die deutschen Herren 35 Peter Torebko, Marc Sieber, Gero Kretschmer und Sascha Möller (v.l.n.r.) gewannen bei der Senioren-WM die Silbermedaille.

ITF World Team Championships: Olympische Gefühle

161 Mannschaften aus 32 Nationen in zehn Wettbewerben: Ein großes Tennisfest wurde bei den ITF Masters World Team Championships in der Türkei gefeiert. tennis MAGAZIN war bei der Senioren-WM vor Ort.

Erschienen in der tennis MAGAZIN-Ausgabe 5/2023

Er ist deutlich zu spüren. Dieser Hauch von Olympia, der auf der Anlage Ali Bey Hotel & Resort Manavgat weht. Überall sieht man Nationalflaggen sowie Spielerinnen und Spieler in ihren Nationaloutfits. Dazu ein Mix aus Deutsch, Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Japanisch und vielen anderen Sprachen. Es wird schnell klar: Hier in der Türkei findet aktuell etwas Großes statt. 

Der Tennis-Weltverband hat eingeladen zur ITF Masters World Team Championships. 161 Mannschaften aus 32 Nationen von fünf Kontinenten sind der Einladung gefolgt, um in zehn Altersklassen (Damen/Herren 30, 35, 40, 45, 50) ihre Weltmeister zu ermitteln. Deutschland gehört neben Gastgeber Türkei, den USA, Argentinien und Irland zu den fünf Nationen, die in jedem Wettbewerb eine Mannschaft stellt.

ITF World Team Championships: Wie im olympischen Dorf

Es ist 7:30 Uhr morgens. Im großen Frühstücksraum herrscht hektisches Treiben. Die Atmosphäre: eine Mischung aus Lockerheit, Vorfreude, Angespanntheit und Nervosität. Die Spielerinnen und Spieler versorgen sich am Buffet, um gestärkt in den anstehenden Spieltag, den zweiten des Turniers, zu gehen. Auf dem Rücken der jeweiligen Trainingsanzüge erkennt man sofort, wer welchem Land zuzuordnen ist: Australien, Südafrika, Indien, Mexiko und Chile. Die Anreise in die Türkei geriet für einige Teams zu einer kleinen Weltreise. 

Beim Frühstück ist gerade auch eines der zehn deutschen Teams bei dieser Senioren-WM: die Herren 35. Wobei der Begriff Senioren-WM etwas despektierlich ist, wenn man sieht, welche Hochkaräter hier aufschlagen und wie jung einige ­Teilnehmer noch sind. 

Zum deutschen Herren-35-Team zählen drei gestandene Ex-Profis: Peter Torebko (ATP Einzel 182), Marc Sieber (ATP Einzel 236), Gero Kretschmer (ATP Doppel 79) sowie Kapitän Sascha Möller (Nummer zwei der Senioren-Weltrangliste bei den Herren 30 und 35). Sie sind eines der Top-Teams bei dieser Weltmeisterschaft, nicht nur in ihrer Altersklasse, sondern im gesamten Turnier. 

Marc Sieber

Viel Gefühl im Arm: Marc Sieber gründete nach seinem Karriereende eine Tennisschule in seiner Heimatstadt Straubing.

„Es ist ein tolles Gefühl, hier zu sein. Eine Stimmung wie im olympischen Dorf. Jeder hat ein Zimmer auf der Hotelanlage. Dazu eine Mischung aus Profis und Exoten. Ein olympisches Gefühl“, beschreibt Kretschmer das Ambiente. Recht hat er. Neben zahlreichen ehemaligen Profispielern – mehr als 100 hatten bzw. haben immer noch ein ATP- oder WTA-Ranking – treten auch viele Nationen mit Teams an, die über ein ordentliches Verbandsliga-Niveau nicht hinauskommen. 

An diesem Morgen ist beim deutschen Quartett von Nervosität nichts zu spüren. Zu groß ist ihre Favoritenrolle beim heutigen Spiel gegen die Türkei, nachdem am Tag zuvor Südafrika im Eiltempo bezwungen wurde. „Das Ziel ist eine Medaille“, gibt Kapitän Sascha Möller die ­Marschrichtung vor. Der Schleswig-Holsteiner ist ein ­erfahrener Spieler auf der ITF World Tennis Masters Tour, wie die Senioren-Tour heißt. In Absprache mit dem Deutschen Tennis Bund ist Möller zuständig für die Zusammenstellung der Mannschaft sowie für die Aufstellung am jeweiligen Spieltag. 

„Ich bin froh, dass ich mit Peter, Marc und Gero nicht nur drei extrem starke Spieler, sondern auch drei tolle Persönlichkeiten im Team habe“, sagt der 35-Jährige über seine Mannschaftskollegen. Das Turnierformat ist einfach. Gespielt werden wie bei der Davis Cup-Finalrunde zwei Einzel und ein Doppel. Für das heutige Spiel hat sich Möller für eine andere Aufstellung als am Vortag entschieden. Sieber spielt das erste Einzel als deutsche Nummer zwei, gefolgt von Torebko. Im abschließenden Doppel treten dann Kretschmer und Möller an. 

Perfekter Ort für Team-WM

Zu Fuß geht es weiter in Richtung der riesigen Tennisanlage – mit 61 Sandplätzen eine der größten weltweit. Der perfekte Ort für solch eine Großveranstaltung. „Es ist deutlich entspannter als letztes Jahr in Portugal, wo das Hotel 15 Minuten von der Anlage entfernt war. Hier ist alles an einem Ort, alles macht man zu Fuß. Ein Flair wie im olympischen Dorf kommt so zustande“, sagt Möller über die diesjährige Team-WM, dessen Austragungsort in der Regel jedes Jahr wechselt. Möller füllt sein Kapitänsamt mit Herzblut aus und sitzt, anders als viele andere Kapitäne bei dieser WM, bei allen Matches auf der Bank, außer er spielt selbst. 

„Sascha ist ein hervorragender Kapitän. Er sitzt nicht nur die ganze Zeit auf der Bank, sondern hat auch organisatorisch viel für das Team gemacht“, erzählt Kretschmer. Für den 37-Jährigen Doppelspezialisten ist es, genauso wie für Torebko und Sieber, das erste Senioren-Turnier. Als der Anruf von Möller kam, ob er bei der Team-WM dabei sein möchte, war er Feuer und Flamme. „Ich wäre gerne letztes Jahr in Portugal dabei gewesen, habe mir aber kurz vorher eine Verletzung zugezogen. Ich wollte unbedingt mal im Team für Deutschland spielen, den Adler auf der Brust tragen. Nicht jeder bekommt die Chance dazu. Umso schöner, dass es dieses Jahr geklappt hat“, sagt Kretschmer.  

Peter Torebko

Immer noch ­ordentlich Feuer auf dem ­Schläger: Peter Torebko betreibt genauso wie sein Teamkollege Marc Sieber eine Tennisschule, in Überlingen am Bodensee.

Für viele Spieler aus kleineren Tennisnationen ist die Team-WM ein Privileg und ein einmaliges Erlebnis. Während die großen Nationen wie Deutschland von ihrem Verband ein Budget bekommen, mit dem der Teamkapitän haushalten muss, finanzieren andere Länder ihren Aufenthalt selbst. „Es gibt Unterschiede bei der Unterstützung. Südafrika wird von ihrem Verband überhaupt nicht gefördert und muss alles von Flug bis Kleidung selbst bezahlen“, berichtet Torebko. Dabei sein ist hier das Motto – wie eben bei Olympia.

Die spielerischen Unterschiede zwischen einigen Nationen sind auch auf dem Platz deutlich zu sehen. Die Türken sind gegen das bärenstarke deutsche Team völlig chancenlos. Dass die gravierenden Fußfehler der Türken nicht geahndet werden, liegt auch daran, dass bei der Senioren-WM keine Schieds- und Linienrichter zum Einsatz kommen. Nach nicht mal drei Stunden ist der Spieltag für das Quartett bereits vorbei. 6:0, 6:1 für Sieber, 6:1, 6:1 für Torebko, 6:0, 6:1 im Doppel für Kretschmer und Möller. 

Genügend Zeit für Regeneration, ein weiteres Training – und auch um die anderen deutschen Mannschaften zu unterstützen. „Man hat das Gefühl von einer Gemeinschaft. Es gibt keinerlei Berührungsängste. Auch der Austausch mit den anderen Nationen ist toll. Es ist eine sehr faire und besondere Veranstaltung“, schwärmt Kretschmer über den besonderen WM-Flair. 

Medaillentraum erfüllt 

Zum Abendessen treffen wir das Quartett wieder. Möller gibt seine Entscheidung bekannt, wie er am nächsten Tag im Spiel um den Gruppensieg gegen Kasachstan aufstellt. Er hat sich für die gleiche Aufstellung wie heute gegen die Türkei entschieden. Seine Teamkollegen nicken zustimmend.

Sascha Möller, Gero Kretschmer

Harmonierten prächtig: Sascha Möller (li.) und Gero Kretschmer ­spielten zum ersten Mal gemeinsam Doppel. Bilanz: drei Matches, drei Siege.

Auch Kasachstan wird am nächsten Tag mit 3:0 bezwungen. Nach dem Halbfinalsieg gegen Portugal ist das avisierte Ziel erreicht: Medaille! Letztendlich reicht es für das Herren-35-Quartett nicht wie bei drei anderen deutschen Teams zur Goldmedaille. Italien mit den zwei ehemaligen Profis Matteo Viola und Walter Trusendi erweist sich als zu stark. Den Trip in die Türkei werden Kretschmer, Möller, Sieber und Torebko trotzdem nicht vergessen – olympische Gefühle und Medaille inklusive.Air Jordan 1 Outlet Store online | nike air jordan 1 mid outlet