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Petkovic: „Tennis ist eine Schule fürs Leben“

Die Weltranglisten-49. Andrea Petkovic gilt als die etwas andere Tennisspielerin. Parallel zu Ihrer Profikarriere studiert die Einser-Abiturientin aus Darmstadt an der Fern-Uni Hagen Politikwissenschaft. Außerdem schreibt die 22-Jährige in einer regelmäßigen FAZ-Kolumne über ihr Profileben. Am Wochenende möchte Petkovic aber erst einmal beim Relegationsspiel gegen Frankreich in Frankfurt/Main ihr misslungenes Fed-Cup-Debüt vom Februar vergessen machen.

SID: „Lassen Sie wegen einer Klausur auch schon mal ein Turnier sausen?“

Andrea Petkovic: „Beim Turnier in Monterrey vor ein paar Wochen habe ich abgesagt, weil eine Klausur anstand. Mein Studium hat für mich ähnliche Priorität wie Tennis. Ich versuche mich nicht nur als Tennisspielerin weiterzuentwickeln, sondern auch als Persönlichkeit Andrea Petkovic mit vielen Facetten.“

SID: „Aber eine verschobene Uni-Klausur wäre doch nicht so schlimm, oder?“

Petkovic: „Wenn man Dinge wie anstehende Klausuren verschiebt, kann sich ein Automatismus des Verschiebens entwickeln. Aber es gibt ja auch die Möglichkeit, die Arbeiten an den deutschen Botschaften in dem jeweiligen Land zu schreiben, in dem ich gerade bin. Dann wird die Klausur zum Beispiel nach Chicago gefaxt. Und ich könnte dort in der Botschaft sitzen und unter Aufsicht der Mitarbeiter meine Arbeit schreiben.“

SID: „Wie reagiert die Konkurrenz auf ihre vielseitigen Interessen? Auf Ihrer Homepage www.andreapetkovic.com animieren Sie die Fans, Gedichte zu schreiben. Für das Beste gibt es dann einen Tennisschläger von Ihnen. Gelten Sie im Kreis der Weltklassespielerinnen als die Intellektuelle aus Deutschland?“

Petkovic: „Bei uns deutschen Mädels gibt es so etwas wie Neid nicht. Wir kennen uns ja alle aus der Jugend. Gerade im Fed-Cup-Team ist die Stimmung sehr gut. International glaube ich, dass sich viele Mädchen nicht sehr dafür interessieren, was ich mache.“

SID: „In den Medien wurde verbreitet, Sie streben das Amt der Bundeskanzlerin an. Stimmt das? Immerhin haben Sie bei Hessens Ministerpräsident Roland Koch schon einmal ein Praktikum absolviert …“

Petkovic: „Das mit der Kanzlerin war eine Provokation, das darf man nicht zu ernst nehmen. Es ist richtig, dass mich Politik interessiert. Ich bin in Tusla geboren und mit sechs Monaten zusammen mit meinen Eltern nach Deutschland gekommen. Dieses Land hat mir so viele Chancen gegeben. Das politische System Deutschlands beeindruckt mich sehr. Aber erst einmal möchte ich mit meinem Studium fertig werden. Danach ist alles möglich: Master-Abschluss oder Journalistenschule.“

SID: „Zum Tennis: Wie hat man sich das Verhältnis zwischen den Spielerinnen vorzustellen – Zickenkrieg und Psychoterror in der Players Lounge?“

Petkovic: „Natürlich gibt es immer welche, mit denen man sich besser versteht und mit denen man mehr redet. In Miami habe ich mit Kim Clijsters trainiert, sie ist sehr offen und freundlich. Justine Henin ist eher stiller. Sie kommt auf den Platz, begrüßt dich, spielt und verabschiedet sich dann gleich wieder. Enge Freundschaften gibt es international eher nicht. Wir sind eher Kolleginnen statt Freundinnen.“

SID: „Viele Nachwuchskräfte träumen von einer Karriere als Tennisprofi. Was macht den Reiz aus?“

Petkovic: „Es ist eine Schule fürs Leben. Man lernt im Leistungssport viele Dinge, die einen prägen. Man wird abgehärtet. Ich bin immer noch ein Sensibelchen, aber es lässt nach. Ich werde härter, baue mir einen Panzer auf. Außerden bereist man wunderschöne Länder und ist oft braungebrannt …“

SID: „Und wo liegen die Schattenseiten des Profidaseins?“

Petkovic: „Mir wird von meinen Freunden zu Hause in Darmstadt schon vorgeworfen, dass mit mir nichts mehr los sei. Ich sage schon mal das Kino ab, weil ich nach dem Training einfach nicht mehr die Energie habe.“

SID: „Sie sind Weltranglisten-49. – sind Sie auch schon Euro-Millionärin?“

Petkovic: „Wenn ich die Nummer 49 bleibe, dauert das noch ein bisschen. Im Ernst: Ich bin noch weit entfernt von der berühmten Million. Aber es wäre auch das falsche Ziel, danach zu streben. Ich fahre zu jedem Turnier, um es zu gewinnen. Aber erst einmal aus sportlichen Gründen.“

SID: „Am kommenden Wochenende steht das Fed-Cup-Relegationsspiel gegen Frankreich in Frankfurt an. Im Februar haben Sie bei ihrem Einzeldebüt in Tschechien enttäuscht. In der anschließenden FAZ-Kolumne haben Sie gnadenlos Selbstkritik geübt und geschrieben, Sie hätten sich vor Nervosität in die Hose gemacht …“

Petkovic: „Ich habe total versagt und war eine Woche lang in einer Depression. Ich war plötzlich die Nummer eins, ich hatte mich so sehr unter Druck gesetzt und 10.000 Fehler gemacht. Danach habe ich mich sechs Wochen zurückgezogen und keine Interviews gegeben. Die Kolumne hat mir geholfen, das alles etwas zu verarbeiten. Ich muss daraus lernen. Meine Zeit wird kommen.“

SID: „Nehmen Sie eigentlich die Hilfe eines Sportpsychologen in Anspruch?“

Petkovic: „Ich arbeite mit Holger Fischer aus Balingen zusammen. Eine Sitzung dauert etwa zwei bis drei Stunden, in denen man miteinander redet. Ich glaube daran, dass die Psyche Einfluss auf die Physis hat. Seit meinem Kreuzbandriss vor zwei Jahren habe ich bei keinem Turnier mehr wegen Krankheit oder Verletzung absagen müssen. Es ist eine Art Beratung, auch in Sachen Umgang mit der Presse.“

SID: „Sie haben nach Ihrem Kreuzbandriss fast die gesamte Saison 2008 verpasst. Im vergangenen Jahr haben Sie dann den Sprung von Platz 380 in die Top 50 der Welt geschafft. Träumt man von den Top Ten?“

Petkovic: „Früher habe ich mir exakte Ziele gesetzt. Aber Zahlen können limitieren, können Druck aufbauen. Ich habe mich deshalb losgesagt von Zahlen. Ich versuche mich in jedem Match zu verbessern und Konstanz reinzubringen. Durch meine lange Pause damals bin ich noch recht unerfahren auf der Tour.“

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