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US Open Stories: Gänsehaut vor der Nightsession

Amis mögen Aufmärsche und Paraden mit viel Tamtam. Seit 2002 zelebrieren die  Veranstalter der US Open deswegen vor der ersten Nightsession eine Eröffnungsfeier mit Fahnen, hübsch Uniformierten und wummernder Kapelle. Am Ende wird eine tennisplatzgroße US-Flagge akkurat aufgerollt, die Hymne ertönt und die Fans im Arthur Ashe-Stadion, mit der Hand auf dem Herzen, haben meist Tränen in den Augen. Ja, mächtig viel Pathos eben. Echter US-Style, den man nicht mögen muss. 

Vor 40 Jahren wurde alles anders

Als heute die Zeremonie um 19 Uhr Ortszeit begann, war alles noch ein Stück pompöser als sonst. Erst ein in weiß getauchter Gospelchor, dann eine Gruppe von jungen Trommlern, die auf dem Court alles daran setzten, die Perfektion der chinesischen Trommlerarmee bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking zu erreichen. Nun, sie schafften es nicht. Egal, war eh nur das Vorspiel. Denn jetzt feierten sich die US Open selbst: Vor 40 Jahren wurden die „Open“ erst „offen“. 1968 durften zum ersten Mal Profis und Amateure beim gleichen Turnier antreten – ein Novum. Zuvor war das internationale Tennis in ein Amateur- und ein Profilager aufgespalten. Die so genannte „Open Era“ beendete diese schon damals völlig anachronistische Zweiklassen-Gesellschaft. (Wen das Thema interessiert: Einfach mal ins neue tennis magazin schauen, lohnt sich!)
Schauspieler Forest Withaker (Oscarpreisräger, „Der letzte König von Schottland“) betrat den Platz und erinnerte an diese Zeit des Umbruchs. Er huldigte den großen Artuhr Ashe, der vor 40 Jahren in New York – damals noch in Forest Hills – den ersten Titel der „Open Era“ holte. Auf den großen Anzeigetafeln erschienen Bilder aus jener Zeit: Vietnamkrieg, Mord an Martin Luther King, blutige Krawalle in Chicago. Dazu die sonore, schwere Stimme von Withaker und die hymnische Musik: Gänsehaut machte sich im Stadion breit.

Einmarsch der Champions

Schließlich der Höhepunkt: Einmarsch der Champions aus den vergangenen 40 Jahren. Gut, alle haben sie nicht zusammenkriegen können, dennoch war die Parade der Stars beachtlich. Navratilova, McEnroe, Lendl, Evert, Seles, Vilas, Nastase, Newcombe, Laver, Smith, Sabatini, Wilander, Sharapova, Roddick, die Williams-Sisters, Federer und natürlich Boris Becker. „The redhaed from Germany“ nannte ihn der Stadionsprecher und Becker salutierte brav. Ach ja, vor dem Auftritt ließ er verkünden, dass  er sich zur persönlichen Gefühlslage nicht äußern würde. Als ob das überhaupt jemanden interessieren würde …

Agassi und Sampras fehlten. Und Steffi Graf. Dafür waren Virginia Wade (Siegerin 1968) und Svetlana Kuznetsova (ja, auch sie gewann hier, 2004 nämlich) noch da. Und Marat Safin (Sieger 2000). In Jeans und Turnschuhen. Da waren die älteren Ladies not very amused. Venus Willimas sparte sich die ganze Begrüßungsarie mit den anderen Champions und nahm eine Abkürzung, um sich für das große Gruppenbild den richtigen Platz zu sichern.

Dann standen sie alle da unten in der riesigen Betonschüssel. Withaker setzte noch einmal an, Musik erklang, ein Film rauschte durch die letzten 40 Jahre US Open und ja, ich gebe es zu: Gänsehaut stieg langsam an mir empor.

Jetzt können die US Open so richtig beginnen.

Tim Böseler, Redakteur, berichtet täglich in seinem Blog „US Open Stories“ aus New York City

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