U.S. Open – Day 9

US Open Stories: Muller im Wunderland

Sie kennen Gilles Muller in New York bei den US Open. Oder besser gesagt: Sie haben hier ziemlich schlechte Erinnerungen an den 25-Jährigen aus Luxemburg. 2005, erste Runde, Nightsession im Arthur Ashe-Stadium, ausverkauftes Haus: Muller trat gegen Andy Roddick an, der an jenem Abend seinen 23. Geburtstags feierte. Es sollte eine Riesenparty werden, aber Muller entpuppte sich als Partyschreck. Er schlug Roddick 7:6, 7:6, 7:6.

Damals habe ich im Anschluss an das Match die ganze Nacht lang SMS-Glückwünsche beantwortet. Das mache ich jetzt nicht mehr, erzählte Muller heute in New York. Wahrscheinlich warten jetzt zahlreiche Angehörige und Freunde von Ihm auf einen Antwort. Denn im Moment gibt es genügend Gründe, ihm drei Jahre nach seinem Roddick-Sieg wieder zu gratulieren.

Zwei Siege nach 0:2-Satzrückstand

Über die Qualifikation kam Muller, der zuletzt Challenger-Turniere in Istanbul, Segovia (Spanien) und Neu-Dehli spielte, ins Hauptfeld. In der zweiten Runde sah er gegen Tommy Haas wie der sichere Verlierer aus: 2:6, 2:6 lag er hinten und gewann noch in fünf Sätzen. Zwei Tage später eine ähnliche Aufholjagd gegen Nicolas Almagro. Muller verlor die ersten beiden Sätze 6:7, 3:6 und drehte das Spiel wieder. Das ist wirklich erstaunlich, sagte Muller nach den beiden Comeback-Siegen. Es wird wohl ein wenig dauern, bis ich diese Erfolge verstehen kann.
Viel Zeit blieb ihm nicht, um seinen Trip ins Tennis-Wunderland zu realisieren. Das Achtelfinale gegen Nikolay Davydenko stand an. Nach  seinen strapaziösen Siegen traute ihm hier niemand etwas zu eine Fehleinschätzung. Muller lag schnell 6:4, 4:1 vorne, Davydenko staunte. Dann der Einbruch Mullers: Er verlor fünf Spiele in Folge, Satzausgleich. Jetzt würde das Match schon seinen erwarteten Verlauf nehmen, dachten die meisten. Aber Muller überraschte wieder, überwand sein Tief, holte sich den dritten Satz und zwang Davydenko in den Tiebreak des vierten Durchgangs. Was sich dann abspielte, war ein fantastischer Show-Down mit abenteuerlichen Ballwechseln. Insgesamt wehrte Muller sieben Satzbälle des Russen ab und siegte schließlich 6:4, 4:6, 6:3, 7:6. Das war der verrückteste Tiebreak, den ich jemals gespielt habe, sagte Muller später.

„Bin von mir selbst überrascht“

Als erster Qualifikant seit Nicolas Escude 1999 steht er bei den US Open nun im Viertelfinale. Das beste Ergebnis seiner Karriere. Gegner dort ist Roger Federer. Was Muller soweit gebracht hat, sind vor allem seine Aufschlagqualitäten kombiniert mit seiner aggressiven Spielweise. Muller hat bisher die meisten Asse des Turniers aller Hauptfeldspieler serviert (112) und geht so oft ans Netz wie nur sehr wenige Profis. Serve-And-Volley hat ihn aus vielen brenzligen Situationen befreit. Wie gegen Davydenko, als er im vierten Satz bei eigenem Aufschlag 4:5, 0:40 hinten lag und dann ständig attackierte.

Ich bin von mir selbst sehr überrascht, gibt Muller zu. Eigentlich ist er in einer komfortablen Situation. Er kann befreit aufspielen, hat nichts zu verlieren. Das höre ich jetzt schon seit Tagen. Aber: Ich kann hier eine Menge gewinnen. Das ist auch eine Art Druck, stellt er klar. Auf das Match gegen Federer freut er sich. Denn: Gegen Topspieler schnitt Muller, der Weltranglisten-130., bisher verhältnismäßig gut ab. Von seinen sieben Matches gegen Top Ten-Profis gewann er vier. Davydenko ist der neuste Eintrag in diese Liste, auf der schon Rafael Nadal (Wimbledon 2005), Andre Agassi (Washington 2004) und eben Andy Roddick stehen was man bei den US Open nicht so schnell vergessen wird.

Tim Böseler, Redakteur, berichtet täglich in seinem Blog „US Open Stories“ aus New York City

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