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Sportverletzungen beim Tennis

Generell gilt Tennis als eine Sportart, bei der das Verletzungsrisiko relativ gering ist. Trotzdem landen Tennisspieler immer wieder beim Physiotherapeuten auf der Behandlungsliege.

Text: Oliver Reiff

Tennis gehört sowohl in Deutschland als auch weltweit immer noch zu den beliebtesten Sportarten und findet im Spitzen-, aber auch im Breitensportbereich viel Beachtung. Aus sportphysiotherapeutischer Sicht sind Verletzungen bei Profi- oder ambitionierten Turnierspielern in den letzten Jahren oftmals den extrem gestiegenen Anforderungen an Technik und Athletik geschuldet. Lange und extrem schnelle Ballwechsel, hohe Aufschlaggeschwindigkeiten, die peitschenartige Vorhand und Rückhand und extreme Griffhaltungen für immer mehr Topspin verlangen dem Körper Höchstleistungen ab, die oftmals an die Grenzen der Belastungsverträglichkeit gehen. Dementsprechend häufig sind Verletzungen aufgrund dieser Extrembelastungen.

Jedoch auch im Breitensportbereich leiden Spieler oftmals unter überlastungsbedingten Muskel-, Sehnen-, oder Gelenkbeschwerden. Äußere Bedingungen wie Hallen- oder Außenplätze mit unterschiedlichen Belägen wie Sand, Teppich, Hartplatz oder Rasen haben ebenfalls Einfluss auf das Verletzungsrisiko ebenso wie z.B. die Umgebungstemperatur, das Tennisequipment an sich (Schuhe, Schläger, Besaitung etc.) oder natürlich insbesondere auch der Trainingszustand des Spielers selbst.

Makrotrauma und Mikrotrauma

Manche Spieler überschätzen ihre körperliche Leistungsfähigkeit oder vernachlässigen die Regeneration und riskieren so eine größere Verletzung – der „Worst Case“ im professionellen Bereich führt Physiotherapeut Oliver Reiff aus.

Tennis verlangt neben körperlicher Schnelligkeit, Kraft, mentale Stärke, Koordination, Ausdauer und Beweglichkeit. Eine gewisse körperliche Belastbarkeit und Fitness sollte also auf jeden Fall auch im Hobbybereich vorhanden sein, um einer Gefährdung der Gesundheit präventiv vorzubeugen. Da Tennis bis ins hohe Alter gespielt werden kann, sind bei der älteren Generation eher chronische Erkrankungen Auslöser für Beschwerden. Manchmal kann die notwendige Fitness, Technik oder Kraft nicht mehr aufgebracht werden, was wiederum zu Über-und Fehlbelastungsschäden führt.

Verletzungen im Tennissport werden entweder durch ein direktes Trauma (Makrotrauma) oder durch sich immer wieder wiederholende indirekte Belastungen und Überbelastungen (Mikrotraumen) verursacht. Ein Bänderriss bei einer Sprunggelenksverstauchung wäre beispielsweise ein direktes Makrotrauma, während der Tennisellbogen typisch für überlastungsbedingte Mikrotraumen ist. Verletzungen an den Beinen sind doppelt so häufig wie an der oberen Extremität.

Die häufigsten Tennisverletzungen der unteren Extremität

Sprungelenk: Die häufigen, abrupten und schnellen Richtungswechsel belasten besonders die Sprunggelenke und führen auch nicht selten zu Stürzen. Verstauchungen des Sprunggelenks können zu leichten oder starken Bänderzerrungen oder gar Bänderrissen mit Knochenbeteiligung führen.

Stressfrakturen: Da das gesamte Körpergewicht auf den Füßen lastet, kann es bei langen Matches unter Extrembelastungen besonders im Mittelfußbereich zu Ermüdungsbrüchen (Stressfrakturen) kommen.

Wirbelsäule: Überwiegend an der Lenden-u. Brustwirbelsäule kommt es gelegentlich zu Verletzungen durch wiederholte und extreme Aushol- und Schlagbewegungen. Häufig sind Wirbelgelenksblockierungen oder muskuläre Dysbalancen bei Tennisspielern. Auch die Bandscheiben können betroffen sein. Überlastungsbrüche an den Wirbeln sind eher selten, können aber vorkommen.

Knie: Ähnlich wie beim Sprunggelenk kann es durch die Stop-and-Go-Bewegungen und ständigen Richtungswechsel zu Verletzungen der Bänder, Sehnen oder des Gelenkknorpels kommen. Betroffen sind häufig die Kreuzbänder, die Patellasehne oder auch die Menisken. Eine gute Beinmuskulatur und Beweglichkeit minimiert das Verletzungsrisiko.

Oberschenkel und Waden: Durch Sprints und schnelle Antrittsbewegungen wird die Ober- und Unterschenkelmuskulatur besonders beansprucht. Bei unzureichendem Aufwärmen bzw. Dehnen oder bei besonders langen Matches kann es zu Muskelkrämpfen, Muskelzerrungen oder Faserrissen kommen. Häufig spielt dabei auch das Trinkverhalten des Spielers eine Rolle. Eine zu geringe Trinkmenge begünstigt Muskelverletzungen.

Achillessehne: Auch in Abhängigkeit vom Bodenbelag auf dem gespielt wird, der individuellen Fußstellung und dem Grad der Vorschädigung kann es zu Entzündungen oder selten auch Rissen der Achillessehne kommen. Ein gutes Warm-up und Dehnprogramm kann hier vorbeugen.

Die häufigsten Tennisverletzungen der oberen Extremität

Tennisellbogen: Kontinuierliche Über- und Fehlbelastungen der Sehnen und Muskeln am Ellbogen bzw. Unterarm (z.B. durch falsche Technik oder falsche Schläger bzw. Besaitung oder zu schwache Muskulatur) können zu einer Entzündung in diesem Bereich führen. Um eine Chronifizierung zu vermeiden, sollte man den Arm adäquat schonen. Mit Physiotherapiebehandlungen können hier gute Behandlungserfolge erzielt werden.

Handgelenk: durch falsche oder extreme Griffhaltungen für mehr Topspin oder aber auch durch zu schwere Tennisschläger oder unpassende Griffstärken wird das Handgelenk großen Kräften ausgesetzt. Die Schwachstellen bei hohen Ballgeschwindigkeiten sind dann oft die Sehnen, Sehnenscheiden oder die Knorpelscheibe, die sich im Handgelenk befindet. Stabilisierende Tapeverbände können helfen, diesen Bereich zu schützen.

Schulter: Die Schulter gehört beim Tennis zu den am häufigsten betroffenen Regionen der oberen Extremität. In erster Linie finden sich hier überlastungsbedingte Schmerzen, die durch chronische, sich ständig wiederholende Mikrotraumen entstehen. Besonders beim Aufschlag brauchen die Spieler eine extreme Beweglichkeit, wobei das Schultergelenk besonders beansprucht wird. Zu schwach ausgebildete stabilisierende Muskulatur führt hier zu Instabilität und veränderter Muskel- und Gelenkbiomechanik verbunden mit einer erhöhten Verletzungsgefahr für die Sehnen der Rotatorenmanchette. Begleitend kommt es des Öfteren auch zu Einklemmungserscheinungen (Impingement) der entzündeten und verdickten Sehnen oder des Schleimbeutels. Auch die sogenannte SLAP-Läsion, eine Verletzung der Gelenkllippe an der Schulterpfanne, ist nicht selten. Besonders beim Heben des Armes oder bei Überkopfbewegungen treten dann Beschwerden auf.

Physiotherapeutische Behandlungen sowie Kräftigungs- und Stabilisierungsübungen können oft Abhilfe schaffen, bevor evtl. eine Operation erforderlich sein kann.

Vorbeugung durch Physiotherapie

Nicht nur im Profitennis ist also eine professionelle sportphysiotherapeutische Betreuung von großer Bedeutung, erklärt Reiff. Durch regelmäßige Behandlungseinheiten für eine gute Gelenk-und Muskelfunktion kann definitiv Verletzungen vorgebeugt und die Leistung optimiert werden.

Der „Check-up“ beim Physio wird umso wichtiger, je höher die Ambitionen des Spielers oder der Spielerin sind. Bei den Profis kommt der Physio schon zur Vorbereitung aufs Match für Mobilisation, Tapen, Stretching und Voraktivierung der Muskulatur zum Einsatz, bevor der Spieler/in sein individuelles Warm-up-Programm beginnt und den Platz betritt.

Aber auch bei Hobbyspielern sollte ein gutes Aufwärm- und Dehnprogramm der besonders beanspruchten Muskulatur durchgeführt werden. Zusätzlich kann das Anlegen von Tapeverbänden oder Bandagen bei bestehenden Gelenkinstabilitäten oder Schmerzen hilfreich sein.

Ob nun Profi oder ambitionierter Freizeitspieler – ebenfalls nicht zu vernachlässigen sind nach einem harten Training, Match oder Turnier Regenerationsmaßnahmen und Massagen beim Physio. Hier wird oft an der falschen Stelle gespart!

Tipps bei einer Verletzung

Jeder Tennisspieler erleidet während seiner aktiven Zeit früher oder später eine sportbedingte Verletzung. Ist die Verletzung erst einmal aufgetreten, gilt bei der Erstversorgung immer noch die PECH-Regel:

P: Pause, Aktivität beenden und betroffenes Körperteil Ruhigstellen
E: Eis um die betroffene Stelle ca. 10-15 Minuten zu kühlen
C: Compression mit Anlegen eines Kompressionsverbandes, um größere Einblutungen zu vermeiden
H: Hochlagern und Ruhigstellen des betroffenen Körperteils. Flüssigkeit, die aus den Blutgefäßen in das umliegende Gewebe ausgetreten ist, wird leichter abtransportiert. Das führt dazu, dass sich die Schwellung und die damit verbundenen Schmerzen vermindern.

Nach der Akutphase sollte immer eine komplette Verletzungsausheilung angestrebt werden, um eine Chronifizierung der Beschwerden zu vermeiden. Ein zu früher Wiedereinstieg in den Sport kann kontraproduktiv sein. Um den Heilungsprozess zu beschleunigen, sollte auch hier ein speziell ausgebildeter Sportphysiotherapeut aufgesucht werden.

Experte

Oliver Reiff

Oliver Reiff ist ausgebildeter Sportphysiotherapeut des DOSB. Er ist unter anderem auf der ATP-Challenger-Tour und in der 2. Tennis-Bundesliga aktiv.
Infos: sportphysiotherapie-oliver-reiff.de