Sabine Lisicki im Interview: „Ich möchte fit auf die Tour zurückkommen“
Sabine Lisicki spricht im Interview über ihren Gastauftritt bei der RTL-Serie „Alles was zählt“, ihr erstes Jahr als Mutter und ihre Comeback-Pläne.
Frau Lisicki, Sie hatten einen Gastaufritt in der RTL-Serie „Alles was zählt“. Wie ist es dazu gekommen?
Ich habe klassisch eine Anfrage bekommen, worüber ich mich sehr gefreut habe, da ich die Serie tatsächlich von der allerersten Folge an gesehen habe.
Es ist also Ihre Lieblingsserie?
Absolut! Ich kann mich noch daran erinnern, wie damals Werbung dafür gemacht wurde, dass eine Sportserie in den Vorabend kommt, was mich begeistert hat. Ich habe mich nach meinen Trainingseinheiten beeilt, um schnell nach Hause zu kommen, um die Serie schauen zu können. Für mich schließt sich ein Kreis, dass ich nun in einer Gastrolle dabei war und mich selbst spielen durfte.
Ist die Schauspielerei eine Option für die Zeit nach Ihrer Tenniskarriere?
Mit solch einer Anfrage hatte ich gar nicht gerechnet. Sie kam aus dem Nichts. Ich habe immer gesagt, dass ich es mir vorstellen kann, vor der Kamera zu stehen. Damit meinte ich aber immer als TV-Tennis-Expertin wie in Wimbledon. Ich bin gespannt, wie es ankommen wird, wenn es im Dezember ausgestrahlt wird. Ich freue mich schon auf das Feedback.
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Sie sind seit einem Jahr Mutter. Wie verlief das letzte Jahr mit Ihrer Tochter Bella?
Es war spannend. In zwölf Monaten passiert so viel mit einem Kind. Ich hätte gedacht, dass ich nach neun bis zwölf Monaten auf jeden Fall auf dem Tennisplatz stehen werde, weil man stets sieht, wie schnell die Spielerinnen nach der Geburt ihres Kindes zurückgekommen sind. Man sieht nicht so sehr die Geschichten, bei denen der Körper etwas mehr Zeit brauchte. Jeder Verlauf einer Schwangerschaft sowie nach der Geburt ist anders. Ich habe ein Jahr voll gestillt. Mir war nicht bewusst, wie anstrengend Stillen für den Körper ist.
Aber ein Tennis-Comeback ist weiterhin das Ziel?
Das ist der Plan. Ich setze mich selbst am meisten unter Druck. Da tat es gut, von den Ärzten zu hören, dass dieser Prozess normal ist, dass der Körper mehr Zeit braucht. Ich möchte fit zurückkommen und deswegen wird es so viel Zeit brauchen, wie es brauchen wird. Wir passen den Trainingsplan dementsprechend an.
Wie sieht ein typischer Tag mit Kind und Training aus?
Ich trainiere am liebsten morgens, weil meine Tochter dann viel Energie hat und sehr gerne mit zum Platz kommt. Das ist schön, wahrscheinlich weil ich in der Schwangerschaft viel Tennis gespielt habe. Sie mag den Ort, sie kennt ihn schon und sie schläft teilweise auf dem Platz ein im Schatten. Nach dem Trainingsblock ist dann Kinderalltag: mit Essen, Mittagsschlaf, Schwimmen und Spielen.
Haben Sie sich Tipps von anderen Müttern auf der WTA-Tour geholt?
Ja, da habe ich dann gemerkt, wie individuell es bei jeder läuft und wie man sich auf das Kind einstellen muss. Die einen haben kaum gestillt, die anderen haben etwas länger gestillt, die einen reisen mit Kind, die anderen ohne, die einen haben eine Vollzeit-Nanny.
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Welche Mutter hat Sie besonders inspiriert?
Tatjana Maria, ganz klar. Ich kenne ihre Tochter Charlotte, seitdem sie ein paar Monate alt ist. Ich habe schon immer meinen Hut davor gezogen, wie sie und ihr Ehemann Charles das gemeistert haben. Das ist wunderschön zu sehen und natürlich eine unglaubliche Erfolgsstory jetzt mit zwei Kindern. Ich freue mich sehr für die beiden, sie haben es verdient.
Wie viel Tennis steckt noch in ihnen?
Man muss sich mit Kind gut aufstellen, damit alles reibungslos abläuft. Ich liebe es, Tennis zu spielen. Derzeit ist kein Ende geplant ist, wo ich sage: ‚Wenn ich so alt bin, höre ich auf.‘ Das Feuer muss lodern. Wenn es nicht mehr lodert, dann höre ich auf.
Haben Sie ein Traumszenario für ein Karriereende?
Für mich war es nach meinem schweren Kreuzbandriss im Jahr 2020 wichtig, zurückzukommen. Ich hatte das Ziel, einen Titel zu gewinnen. Das habe ich geschafft, worüber ich sehr stolz bin. Ich kann mir ein Karriereende auf Rasen gut vorstellen. Wir haben mittlerweile wunderbare Turniere in Deutschland: in meinem Heimatverein in Berlin, wo ich groß geworden bin, dazu ein tolles Turnier in Bad Homburg.
Sie gehörten mit Andrea Petkovic, Julia Görges, Laura Siegemund und Tatjana Maria zu einer Art goldenen Generation. Wie sehen Sie die Entwicklung im deutschen Damentennis?
Nun werden wir goldene Generationen genannt. Das war über viele Jahre, wo wir oben standen, nicht der Fall. Ich glaube, Tennis-Deutschland war verwöhnt, so viele Topspielerinnen auf einmal zu haben. Das ist und war etwas ganz Tolles. Es ist nun mal wirklich schwer, in die Spitze zu kommen. Man muss sehr viel Hingabe haben und am besten früh den Durchbruch schaffen. Man muss sehr viel opfern, um das zu machen. Von daher ist es kein einfacher Weg, dorthin zu kommen.
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Wie intensiv verfolgen Sie derzeit die WTA-Tour?
Recht wenig, da wir unserer Tochter sehr viel Aufmerksamkeit schenken. Wir wollen nicht, dass sie Fernsehen schaut. Dies war der Hauptgrund, warum nicht so viel Tennis lief, abgesehen von den Grand-Slam-Turnieren. Aber selbst da hatte ich schon ein schlechtes Gewissen, weil gesagt wird, man soll die Kinder weg vom Fernseher halten. Ich war dann in einem Zwiespalt. Ich habe so viel geschaut, wie es die Zeit erlaubt hat. Umso schöner war es, in Wimbledon als Expertin vor Ort zu sein.
Gibt es eine Spielerin, der Sie gerne zuschauen?
Für wen ich mich sehr freue, ist Amanda Anisimova, vor allem nach der Hintergrundgeschichte, die sie hat. Sie war wirklich mutig, als sie gesagt hat, dass sie eine Auszeit nehmen muss, weil es ihr psychisch nicht gut geht und die Belastung zu groß ist. Deswegen stand sie auch unter Kritik. Dass Anisimova nach ihrer Rückkehr so abliefert mit zwei Grand-Slam-Finals und wie glücklich sie dabei ist, das tut auch anderen Generationen gut, das zu sehen.
Sie halten weiterhin den Rekord für den schnellsten Aufschlag im Damentennis, den Sie im Jahr 2014 aufgestellt haben. Was bedeutet Ihnen das?
Ich finde es krass, dass der Rekord noch steht, um ehrlich zu sein. Ein Rekord steht ja grundsätzlich nicht so lange, eher ein paar Jahre und nicht über zehn. Es war immer ein sehr großes Ziel von mir, den Aufschlagrekord zu brechen. Dies war auch cool, weil mein Papa eine Doktorarbeit darüber geschrieben hat. Diese Doktorarbeit dann zu bestätigen, so viele Jahre, nachdem er sie geschrieben hat, ist für die Familie etwas ganz Besonderes. Das hat mich für ihn halt sehr gefreut, dass er dort die Bestätigung bekommt.