ATP-Tour: Die große Masters-Blase
Cincinnati, Shanghai & Co. werden immer größer. Die Spieler schieben Extra-Schichten, die Kassen der Veranstalter sprudeln. Eine gute Entwicklung? Unser Kolumnist Alexander Waske hat da seine Zweifel.
Als vor den US Open wieder einmal die Kritik an den Masters-Turnieren in der XXL-Version aufkamen, hatte ich ein Déjà-vu. Genau die gleiche Diskussion gab es, als ich noch auf der Tour aktiv war. Der damalige ATP-Chef Mark Miles hatte am Turnierkalender geschraubt. Am Ende wurden für Indian Wells und Miami je zwei Wochen geblockt. Damals beschwerten sich die Europäer. Für zwei Turniere vier Wochen USA-Aufenthalt war ein Brett. Inzwischen hat sich das Sunshine Double etabliert. Niemand redet mehr darüber.
Zuletzt also Cincinnati. Über zwölf Tage ging das kombinierte Damen-Herren-Premium-Event mit einem gewöhnungsbedürftigen Finale am Montag. Gewöhnungsbedürftig? Für uns Deutsche vielleicht, für die Amis ist ein sportliches Highlight in der Arbeitswoche völlig normal. In der NBA wird fleißig Basketball gespielt. In der NFL ist Monday Night Football ein Klassiker.
Es geht ums Geld
Die aufgeblähten Masters-Turniere, die ich nicht besonders mag, sind allerdings nur Teil einer Entwicklung, die weit über das Tennis hinausgeht. Es geht – natürlich – ums Geld. Jeder Tag bringt Einnahmen. Das ist auch der Grund, warum die Grand Slams bereits am Sonntag starten. Mit Ausnahme von Wimbledon. Die Zeiten, in denen die Briten für die Tradition auf Geld verzichten, sind allerdings auch vorbei. Ein Hauptgrund, warum die Matches im Tennismekka erst am Montag starten, ist der sensible Rasen. Schon als der Middle Sunday als Ruhetag geopfert wurde, schluckten die konservativen Mitglieder im All England Club schwer.
Bei den US Open hat man letztes Jahr errechnet, dass ein zusätzlicher Tag mehr als 30 Millionen Dollar Umsatz bringt. Die Kosten bleiben in etwa gleich, da die Infrastruktur ohnehin steht und die vielen Volunteers für einen Burger und Getränke ihr Hobby leben.
Da passt auch die neue Mixed-Veranstaltung in die Philosophie der USTA, dem amerikanischen Verband. Über zwei Tage spielten mit wenigen Ausnahmen die besten Profis der Welt. Von den Spezialisten durfte per Wildcard nur das Siegerduo aus dem Vorjahr dabei sein. Am Ende holten Sara Errani und Andrea Vavassori sogar den Titel und kassierten eine Million Dollar Prämie. Noch nie gab es so viel für ein Mixed, aber in der Gesamtkalkulation waren das Peanuts. Das Geld aus Ticketverkäufen, Merchandising und TV-Verträgen floss noch einmal zwei Tage länger – macht 17 Tage US Open.
Turnier, die sich wie Kaugummi ziehen
Turniere, die sich wie Kaugummi ziehen, zusätzliche Events – die Veranstalter jubeln und die Spieler ächzen, weil sich die längere Turnierdauer, und sei es nur der Aufenthalt im Spielerhotel, beim Körper und der Psyche bemerkbar macht. Das ist bei Tennisspielern nicht anders als bei Fußballern, die Bundesliga, Champions League, Club-WM und in der Nationalmannschaft spielen. Die Folge sind mehr Verletzungen und Burnouts.
Wie weit lässt sich die Spirale drehen? Der Kalender ist durch die Ausdehnung der Turniere jetzt schon rappelvoll. Die 250er- und 500er-Veranstaltungen verlieren an Bedeutung. Das Geld wird in New York und anderswo in der Regel nicht in den Sport reinvestiert, sondern in zusätzliche Lounges für VIPs. Und es gilt nach wie vor: Die Spieler haben zu wenig zu sagen.