Olympia 2004 in Athen

Der zweitgrößte Tennisplatz beim olympischen Tennisturnier 2004 in Athen. Die Anlage lag nach dem Turnier einige Jahre brach. Bild: Imago

Tennis in Griechenland: Die Nachwirkungen von Olympia 2004

Seit den Olympischen Spielen 2004 in Athen hat sich einiges getan im Tennissport in Griechenland.

Olympia schreibt immer wieder die schönsten Geschichten, aber auch die traurigsten. Das hängt immer ganz vom Blickwinkel ab, aus dem man es betrachtet. Das olympische Tennisturnier 2004 in Athen bestätigte dies eindrucksvoll. Die Deutschen Nicolas Kiefer und Rainer Schüttler stießen bei den Olympi­schen Spielen 2004 in Athen ziemlich überraschend ins Finale vor und trafen dort auf die Chilenen Fernando Gonzalez und Nicolas Massu.

Olympia in Athen: Das Drama um Kiefer und Schüttler

Das Doppelfinale begann erst um 22:55 Uhr Ortszeit, da Gonzalez ei­nige Stunden zuvor schon auf dem Platz stand und sich im Match um die Bronzemedaille gegen Taylor Dent nach 3:30 Stunden Spielzeit mit 16:14 im dritten Satz durchsetzte. Wer nun dachte, dass Gonzalez platt war, sah sich getäuscht. Die Bronzemedaille trieb den Chilenen umso mehr an. Kiefer und Schüttler lagen schnell mit 2:6, 2:4 zurück, wurden dann aber mehr und mehr ihrer kleinen Favoritenrolle gerecht.

Das Drama begann dann im Tiebreak des vierten Satzes, als Kiefer und Schüttler bei 6:2­Führung vier Matchbälle in Folge nicht nutzen konnten. Beim vierten Matchball hatte Schüttler einen eher einfachen Volley nicht ins Feld bringen können. Und auch im fünften Satz führten die Deut­schen zunächst mit 3:1.

Die spielerische Überlegenheit von Kiefer/Schüttler machten Gonzalez/Massu mit unbändigem Willen und dem Traum vor Augen, als erste Sportler eine Goldmedaille für Chile zu holen, wieder wett. Und tatsächlich: Um 2:39 Uhr Ortszeit krönten sich Gonzalez und Massu zu Olympia­siegern und schrieben chilenische Sportgeschichte.

Nicolas Kiefer, Rainer Schüttler

Erst Enttäuschung, dann Stolz: Nicolas Kiefer und Rainer Schüttler verpassten auf dramatische Weise die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen.Bild: Imago

Aus Sicht der Deut­schen hieß es am Ende 2:6, 6:4, 6:3, 6:7 (7:9), 4:6. „Das ist so brutal. So eine Chance bekommt man nur einmal im Leben. So eine furchtbare Niederlage werde ich in meinem ganzen Leben nie wieder erleben“, erklärte Kiefer und weinte bittere Tränen. „Vor dem Tur­nier hätte ich mich sehr über Silber gefreut. Jetzt bin ich enttäuscht“, sag­te Schüttler.

Olympia in Athen: Nicolas Massu gewinnt zweites Gold

15 Stunden, nachdem Massu die Goldmedaille im dramatischen Doppelfinale gewonnen hatte, trat der Chile­ne zu seinem zweiten Match um Gold an. Massu ging nach der turbulen­ten Nacht in Athen erst um 06:30 Uhr zu Bett.

Sein Finalgegner, der US-­Amerikaner Mardy Fish, galt nach der Nacht­schicht von Massu als der klare Favorit im Finale. Doch der Wille versetzt bekanntlich Berge. Wie schon im Doppelfinale ging es über fünf Sätze, wieder stand Massu am Ende mit der Goldmedaille da – 6:3, 3:6, 2:6, 6:3, 6:4.

„Ich weiß nicht, wie ich das gemacht habe. Das sind die beiden besten Tage meines Lebens. Ich kann es nicht glauben. Nachdem ich den drit­ten Satz verloren hatte, glaubte ich, dass ich das Match verlieren würde, weil ich mich nicht bewegen konnte. Aber ich habe ein zweites Leben be­kommen. Das ist einfach zu viel, zwei Goldmedaillen in zwei Tagen. Das ist unglaublich für mein Land“, sagte Massu, der in dieser olympischen Woche elf Matches spielte und dabei insgesamt 24 Stunden und 43 Mi­nuten auf dem Platz stand.

Diese beiden Goldmedaillen sind bis heute die einzigen in der chileni­schen Olympiageschichte. Die Ereignisse in Athen haben das Leben von Massu verändert. Das Erstaunliche dabei: Bei den Grand Slams erreichte er im Einzel nur einmal das Achtelfinale. Wäre Olympia in Athen nicht gewesen, dann wäre der Name Nicolas Massu den meisten Sportfans und auch einigen Tennisfans sicherlich kein Begriff mehr.

Olympia in Athen uns seine Auswirkungen auf Tennis in Griechenland

Das olympische Tennisturnier in Athen hatte auch Auswirkungen auf den Tennissport in Griechenland. Zum damaligen Zeitpunkt spielte Griechenland im internationalen Profitennis nur eine untergeordnete Rolle. Es gab wenige griechische Spielerinnen bzw. Spieler mit Top-Platzierungen, und große Turniere fanden kaum in Griechenland statt.

In der folgenden Zeit entwickelten sich mit Stefanos Tsitsipas und Maria Sakkari zwei Spieler aus Griechenland zur Weltklasse. Im September 2021 standen Sakkari und Tsitsipas gleichzeitig in den Top 10 der Weltrangliste – ein Novum in Griechenland. Sakkari erreichte das Halbfinale bei den French Open und US Open und kletterte bis auf Platz 3 im WTA-Ranking.

Stefanos Tsitsipas, Maria Sakkari

Stefanos Tsitsipas und Maria Sakkari sind die Aushängeschilder im griechischen Tennis.Bild: Imago/Shutterstock

Tsitsipas stand zweimal ganz dicht vor dem ersten Grand-Slam-Triumph eines Griechen mit den Endspielteilnahmen bei den French Open und Australian Open. Parallel zur Spielerentwicklung gewann Griechenland an Bedeutung im Turnier- und Tourismusbereich.

Erstmals seit 31 Jahren ein ATP-Turnier in Griechenland

Es entstanden hochwertige Tennisanlagen (vor allem das Mouratoglou Centre). Ein Zeichen, dass Griechenland sich weiter nach vorne bewegte. Außerdem gastieren immer mehr Turniere in Griechenland, auf der ITF-Tour und auf der ATP-Challenger-Tour. In diesem Jahr fand in Athen erstmals seit 31 Jahren wieder ein ATP-Turnier in Griechenland statt.

Seit den Olympischen Spielen Athen 2004 hat sich im griechischen Tennis deutlich etwas bewegt: von einer relativ kleinen Szene hin zu einer stärker sichtbaren, international vernetzten Sportart, getragen von Stars wie Tsitsipas und Sakkari, einer wachsenden Infrastruktur und dem Aufbau eines professionelleren Umfelds. Der Weg ist noch nicht abgeschlossen – insbesondere in Bezug auf Breite, System und Nachhaltigkeit –, doch die Weichen sind gestellt, damit Griechenland im internationalen Tennis weiter aufrücken kann.