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Hordorff bringt Boris Becker ins Gespräch als Davis Cup-Teamchef

Dirk Hordorff: „Der DTB kommt seinen Pflichten nicht nach!“

Herr Hordorff, Sie sind Trainer, Manager, Davis Cup-Coach von Taiwan, Immobilien-Kaufmann und nun auch Präsident des Hessischen Tennisverbandes. Was hat Sie motiviert, dieses zusätzliche Amt zu übernehmen?
Mir hat noch nie jemand vorgeworfen, dass ich zu viel mache. Ich hatte schon seit über 25 Jahren HTV-Ehrenämter inne. Im Alter von 18 Jahren war ich bereits Jugendwart im Tenniskreis Hochtaunus-Wetterau. Dem ausgeschiedenen Präsidenten, Dr. Wolfgang Kassing, hatte ich auf seine Anfrage hin sig-nalisiert, dass ich für eine Nachfolge bereitstehe. Insofern schließt sich jetzt ein Kreis.   

Mehr Menschen sollen Tennis wieder toll finden. Wie wollen Sie das schaffen?
Wenn man etwas erreichen will, muss man es verständlich und plakativ ausdrücken. Wie der Aufkleber Tennis ist toll!, den ich als kleiner Junge auf mein Fahrrad geklebt habe. Das ist noch heute mein Lebensmotto. Ich wünsche mir, dass wieder mehr Menschen diese Begeisterung mit mir teilen. Aber leider ist das Gegenteil der Fall. Die Frage ist nun: Warum wenden sich viele Menschen vom Tennissport ab?
 
Sie kennen bestimmt die Antwort.
Weil das Angebot nicht gut genug ist. Die Ursache dafür liegt im rasanten Wachstum während der 80er und 90er Jahre, mit dem der ehrenamtlich aufgebaute Deutsche Tennis Bund überfordert war. Es hilft nichts, jetzt darüber zu jammern, dass wir Mitglieder verlieren. Nötig sind Veränderungen.

Wie sollen die konkret aussehen?
Es muss mehr geschehen in den Bereichen Schultennis, Breiten- und Seniorensport. Nicht alles darf nur auf das Leistungstennis konzentriert werden. Vielfalt ist viel wichtiger. Ein Beispiel: Punktspiele. Jugendliche haben vier oder fünf Tennispunktspiele, dann ist die Saison gelaufen. Im Fußball hat der Nachwuchs 30 Pflichtspiele pro Saison. Unserem Sport würde es guttun, die Saison zu verlängern. Aber es gibt einige, die sagen, dass unsere Topjunioren zu viele andere tennisrelevante Termine hätten und zusätzliche Punktspiele nicht absolvieren könnten. Da frage ich mich, warum die ganze Jugend-Medenrunde auf die Bedürfnisse einzelner Topspieler, nicht aber auf die Mehrheit der Jugend zugeschnitten ist.

Sie haben Alexander Waske zum Aktivensprecher ernannt. Was kann er bewirken?
Eine Menge. Nicht nur, weil er Profi-Erfahrung hat. Er hat Ideen. Jahrelang sind wir in Deutschland falschen Idealen hinterhergerannt. Jeder Landesverband wollte im Jugendbereich so viele deutsche Meister-Titel wie möglich haben. Waske will ein ganz anderes Denken in Hessen etablieren. Weg vom Medaillen-Denken, hin zu einer Förderung, an deren Ende komplett ausgebildete Athleten stehen. Auch in diesem Punkt hat er die volle Unterstützung des Verbandes.
 
Hessen ist nicht allein in Tennis-Deutschland. Wie wollen Sie sich mit den anderen Landesverbänden arrangieren?
Jeder Landesverband versucht, etwas zu bewegen. Wir stehen in einem Wettbewerb der Ideen. Und für jeden guten Einfall egal, von wem bin ich dankbar.
 
2005 wollten Sie DTB-Präsident werden, zogen Ihre Kandidatur kurzfristig zurück. Viele Landespräsidenten äußerten sich damals negativ über Sie. Treffen Sie nun auf Widerstand im Bundesausschuss, wo Sie mit Ihren Amtskollegen an einem Tisch sitzen?
Ich habe viele Freunde im DTB. Es gab genügend Präsidenten einzelner Landesverbände, die meine Kandidatur 2005 unterstützten, auch wenn die Mehrheit sich teilweise in letzter Minute gegen mich
entschied.
 
Sie hatten damals ein Konzept, das den gesamten DTB umgekrempelt hätte. Wollen Sie das nun im kleineren Rahmen in Hessen umsetzen?
Größtenteils schon. Ich bin aber auf keinem Bekehrerkurs und will nicht andere Landesverbände krampfhaft davon überzeugen, dass die Arbeit von mir und meinem Team in Hessen das Allheilmittel für das deutsche Tennis ist.

Sollte der Spitzensport aus den Landesverbänden ausgegliedert werden, wie Sie es schon 2005 forderten?
Das sehe ich nach wie vor so. Nur: Der DTB hat kein funktionierendes Förderkonzept, so dass die Landesverbände die Nachwuchsarbeit weiterhin erledigen müssen. Der DTB erfüllt in diesem Punkt einfach nicht seine Aufgabe.

Warum nicht?
Weil es dort keine Bereitschaft gibt, neue Wege zu gehen. Die Situation ist verheerend. Der DTB kommt seinen ureigensten Pflichten nicht mehr nach, und kann noch nicht mal eine Deutsche Meisterschaft organisieren. Es gibt Versagen auf allen Ebenen.

Der DTB hat doch keine finanziellen Mittel mehr, um großartig etwas zu bewegen.
Das höre ich immer. Und dann wird noch schnell auf die Finanzkrise verwiesen. Fakt aber ist: Der DTB hat seine schlechte finanzielle Lage selbst verschuldet, weil unglaublich viel Geld verschwendet wurde. Nur ein Masters-Turnier von neun weltweit, nur ein deutsches Profiturnier von insgesamt fünf hat jahrelange Verluste eingefahren nämlich Hamburg. Das hat nur einen Grund: Missmanagement. Der DTBhatte viel Geld. Er hat es nur an den falschen Stellen ausgegeben.
 
Was machen andere Turniere in Deutschland besser?
Beim ARAG-World-Team-Cup in Düsseldorf spürt jeder Fan, mit welcher Akribie dort das gesamte Turnier vermarktet wird. Das läuft alles höchst professionell ab. Es existieren langfristige Fernsehverträge, es gibt einen Titelsponsor. Das alles fehlt in Hamburg.
 
Woran liegt das?
Der Fisch stinkt vom Kopf her das gilt auch für den DTB. DTB-Präsident Dr. von Waldenfels hat das Turnier schon durch ein Zeitungsinterview kurz nach seinem Amtsantritt im Jahr 2000 in aller Öffentlichkeit schlechtgeredet. Das war ein Millionenschaden. In der freien Wirtschaft hätte man ihn längst entlassen. Stattdessen jammert er, dass sich kein Titelsponsor findet. Aber Unternehmen sind keine Rettungsdienste für verfehlte Verbandspolitik.

Was fordern Sie von ihm?
Nicht viel. Höchstens, dass er einmal pro Woche eine positive Nachricht über das deutsche Tennis von sich gibt, wie Horst Klosterkemper, der Erfinder des ARAG-World-Team-Cups, einmal sagte.
 
Wie könnte das Rothenbaum-Turnier schwarze Zahlen schreiben?
Ein guter Fernsehvertrag ist das Wichtigste. Und den bekommt man, wenn ein Turnier Atmosphäre und Stimmung ausstrahlt. Deswegen muss ein Turnierveranstalter alles daran setzen, die Tribünen voll zu bekommen. Stimmt die TV-Berichterstattung, kommen auch Sponsoren.
 
Nur ist dadurch noch längst keine gute Quote gewährleistet.
Dafür muss man eben auch etwas tun. In Hessen werden wir künftig alle Medenspieler per E-Mail über aktuelle TV-Termine informieren. Wenn das alle Landesverbände machen würden, könnten die Quoten schon besser sein.  

Kann der neue Turnierdirektor Michael Stich das Rothenbaum-Turnier retten?
Das hoffe ich sehr. Er hätte diese Rolle viel früher übernehmen sollen. Auch das ist ein Versäumnis des DTB. Stich ist als Hamburger gut in der lokalen Wirtschaft vernetzt, er wird von allen Profis geachtet, er ist eine Persönlichkeit trotzdem ist der DTB erst jetzt, in dieser Notsituation, auf ihn zugegangen. Obwohl sich Stich selbst mehrmals anbot, dem Turnier und dem DTB zu helfen. Jetzt ist er in einer verzwickten Lage. Schlechtere Startbedingungen hätte er kaum vorfinden können. Aber: Mit Michael Stich an der Spitze wird wieder Glaubwürdigkeit vorhanden sein. Er ist unabhängig vom DTB, das allein ist schon viel wert.

Neben der finanziellen Krise kommt das laufende Gerichtsverfahren gegen die ATP in den USA hinzu, das das Hamburger Turnier belastet. Gewinnt der DTB das Berufungsverfahren?
Das ist schwer vorstellbar. Es gab schon vor dem ersten Urteil einen Kompromissvorschlag der ATP. Hamburg hätte einen herausgehobenen Status erhalten, nur zu einem anderen Termin. Es hätte auch Ausgleichszahlungen der ATP über viele Millionen Dollar gegeben. Doch der DTB ließ sich darauf nicht ein, sondern zog seine Klage durch. Dieser Starrsinn kommt dem DTB jetzt teuer zu stehen.

DTB und ATP sagen, dass es dieses außergerichtliche Kompromissangebot nie gegeben hätte.
Das ist falsch. Ich habe verlässliche Quellen auf der ATP-Tour, die mir das mehrfach bestätigt haben. Wer so wie ich einen guten Draht zu den Profis im Spielerrat hat, weiß, was auf der Tour läuft.
 
Aber der Ansatz des DTB war doch richtig, um sein Turnier zu kämpfen?
Grundsätzlich schon. Nur man sollte die Ausgangslage bedenken. Der DTB hat im erzkonservativen US-Bundesstaat Delaware zusammen mit einigen arabischen Ölscheichs aus Katar, denen das Hamburger Turnier zu 25 Prozent gehört, ein in den USA ansässiges Unternehmen verklagt. Da waren die Chancen von Anfang an sehr schlecht. Nachdem der DTB erstinstanzlich verlor, dachte man plötzlich über eine Klage in Europa nach, die auch möglich gewesen wäre. Es ist alles falsch gemacht worden, was man nur falsch machen kann. Außerdem: Die Anwaltskanzlei, für die der DTB-Präsident arbeitet, vertritt den DTB in dem Prozess. Das hat einen sehr faden Beigeschmack. Ich würde für den Hessischen Tennisverband doch auch keine Immobilie mit meiner Firma suchen, wenn dieser nach einem neuen Anwesen Ausschau halten würde.

Bei all der Kritik: Macht der DTB auch etwas richtig?
Ich wüsste nicht, was. Es muss doch erlaubt sein, jemanden nach seinen Ergebnissen zu beurteilen. Und die Resultate der Waldenfels-Ära sind einfach katastrophal: finanziell abgebrannt, ohne Vermögenswerte, ohne Sport- und Jugendkonzept und mit einem zunehmenden Mitgliederschwund. Der DTB ist wie ein Beamtenstaat: keine Führungsstärke, kein unternehmerisches Denken.
 
Was muss sich beim DTB ändern?
Als Präsident des Hessischen Tennisverbandes fordere ich, dass ein Deutscher Tennis Bund sich zum Wohle der Landesverbände und zum Wohle des deutschen Tennis entwickelt. Im Moment ist das Gegenteil der Fall. Tennis ist nicht richtig positioniert. Ende der 90er Jahre war es die Arroganz des DTB, später die Nicht-Erkenntnis, etwas für das deutsche Tennis machen zu müssen, die uns in diese Lage gebracht haben. Jetzt setzt sich langsam ein neues Denken durch: Vereine sehen sich zunehmend als Dienstleister. Dieser Trend kommt aber nicht vom Dachverband, sondern von der Basis, den Clubs.
 
Haben Sie genaue Einblicke in die finanzielle Lage des DTB?
Nein, die habe ich nicht. Nur: Es ist einfach nicht erkennbar, dass der DTB über große finanzielle Reserven verfügt. Er hat kein Geld mehr.

Wie realistisch ist eine Insolvenz des DTB?
Sehr realistisch. Vor allem, wenn die ATP auch in der zweiten Instanz vor Gericht gewinnt und der DTB dann 15 Millionen Dollar zahlen müsste. Langfristig hilft dem DTB nur eine Neuorientierung. Das Problem sind die handelnden Personen, nicht die Strukturen im deutschen Tennis. Es müssen neue Leute ans Ruder.

Was wäre deren Hauptaufgabe?
Die Glaubwürdigkeit des deutschen Tennis wiederherzustellen. Das Image des DTB ist am Boden. Es muss alles dafür getan werden, eine neue Attraktivität des Tennis in Deutschland herbeizuführen. Der Dachverband muss Vertrauen schaffen und vernünftig haushalten. Es kann nicht sein, dass ständig Geschäftsführer eingestellt werden, die wenig leisten und für hohe Abfindungen wieder entlassen werden.
 
Wäre das anders, wenn Sie im DTB das Sagen hätten?
Ich kümmere mich um den Hessischen Tennisverband. Das bereitet mir sehr viel Freude. Ein Amt beim DTB habe ich nicht. Und ich strebe auch keines an. In Hessen arbeite ich in einem gesunden Umfeld mit motivierten Mitarbeitern. Ein Wechsel in einen zerstrittenen und finanziell bedrohten Verband wäre da sicher nicht erstrebenswert.

Das Gespräch führten Tim Böseler und Thomas Kosinski

Seit 1992 ist Dirk Hordorff, 52 Jahre alt, Trainer und Manager von Profispieler Rainer Schüttler. Diese Rolle hat ihn in der internationalen Tennisszene bekannt gemacht. Parallel dazu war Hordorff schon immer als Funktionär tätig. Zuerst im Hessischen Tennisverband, 1999 dann im Deutschen Tennis Bund als Sportwart. Von diesem Amt trat er zurück wegen Unstimmigkeiten mit dem damaligen DTB-Präsidium. Hordorff, gelernter Immobilien-Kaufmann mit eigener Firma im hessischen Bad Homburg, übernahm das Management weiterer Tennisprofis (Lars Burgsmüller, Alexander Waske oder Yen Hsun Lu aus Taiwan). 2005 kandidierte er für das Amt des DTB-Präsidenten, zog seine Kandidatur aber kurzfristig zurück. Seit dem 1. März 2009 ist er neuer Präsident des Hessischen Tennisverbandes.104 – Air Jordan 4 Laser Black kaufen kannst – Jordan Legacy 312 Storm Blue – AQ4160 | air jordan 1 retro high og chicago release date