Dmitry Tursunov- Karriereende mit 32?

Dmitry Tursunov: „Ich will kein ewiger Comeback-Patient sein“

Nach seinen fast 15 Jahren als Profi auf der Tour ist es in letzter Zeit ziemlich ruhig geworden um Dmitry Tursunov. Der Russe über seine Gesundheit und ein Leben nach einem möglichen Karriereende.

Herr Tursunov, Sie haben seit den US Open 2014 kein Turnier gespielt und sind fast 100 Plätze im Ranking gefallen – was ist los?
Ich leide unter leide unter „Plantarer Fasciitis“, auch bekannt als „Jogger-Ferse.“ Das ist ein hartnäckiger Fersensporn, sehr schmerzhaft. Ich habe etliche Behandlungsmöglichkeiten wie Reha und Schockwellentherapie ausprobiert, aber keine hat mir bis jetzt geholfen. Janko Tipsarevic hat eine ähnliche Verletzung. Er ließ sich operieren und es geht ihm jetzt besser. Das heißt aber nicht, dass mir das auch helfen würde und eine OP ist für mich definitiv die allerletzte Option.

Gibt es denn momentan überhaupt konkrete Pläne für eine Rückkehr?
Ich wollte eigentlich Anfang 2015 auf die Tour zurückkommen, aber mein Körper war einfach noch nicht soweit. Momentan spiele ich wenig, da ich nicht lange laufen kann. Nach 30 Minuten Bälle schlagen tut nicht nur der Fuß weh sondern auch die Hand, da ich dort logischerweise durch meine lange Spielpause keine Hornhaut mehr habe. Ich bin leider noch weit davon entfernt, fit für ein Match zu sein.

„Es wird ein langer, harter Weg zurück“

In Ihrer Karriere waren sie schon öfter verletzt. Zuletzt fielen Sie 2012 lange aus und schafften dann ein starkes Comeback. Kann das wieder klappen?
Es ist ein ziemlich schwerer Test, wieder zurück in die Top 50 zu kommen. Natürlich will ich das schaffen. Momentan kann ich mir aber allerdings wirklich nichts vornehmen. Der erste Schritt wird sein, wieder mehrere Matches hintereinander zu spielen und dann an Turnieren teilzunehmen, ohne sich erneut zu verletzen. Um wieder unter die besten 50 zu kommen, muss man schon ein paar Spiele gewinnen und dafür muss man vor allem eins sein: gesund. Es wird ein langer, harter Weg zurück für mich. Und im Moment stehe ich erst am Anfang dieser Reise.

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French Open 2014: Schon hier hatte Tursunov im Match gegen Federer medizinische Probleme.

Was machen Sie denn momentan den ganzen Tag lang?
Ich wünschte, ich würde ständig coole Dinge machen. Aber leider ist mein Leben gerade ziemlich langweilig. Ich versuche, mich an einen normalen Tagesablauf zuhause in Moskau zu gewöhnen. Den hatte ich auf der Tour ja nie. Das klappt noch nicht immer. Ich nehme mir zum Beispiel dauernd vor, ein paar Lektionen aus meinem Italienisch-Buch zu lernen. Aber dann kommen immer Dinge dazwischen, die ich erledigen muss. Aber momentan dreht sich bei mir sowieso jeden Tag alles um die Frage: Wann werde ich wieder spielen? Werde ich überhaupt wieder spielen können?

Also denken Sie über ein Karriereende nach?
Ich bin definitiv noch nicht bereit aufzuhören und werde versuchen, wieder auf der Tour zu spielen. Aber ich will auch kein ewiger Comeback-Patient sein. Ich war in meiner Karriere schon oft verletzt und musste mich wieder zurückkämpfen. Aber ich bin 32. Wenn ich merke, dass eine Rückkehr auf den Court mich zu viel Zeit und Kraft kostet, muss ich etwas anderes machen.

„Ich weiss gar nicht, was mir ausser Tennis noch Spass bringt“

Und was wäre das?
Tja, das weiß ich noch nicht. Ich habe ja nie etwas anderes als Tennis gemacht und ich habe keine Ahnung, was mir sonst noch Spaß bringt. Das versuche ich nun herauszufinden. Es ist ein bisschen so, als ob man gerade die Schule oder Universität beendet hat und sich nun fragt, was man mit seinem Leben anfängt und welchen Job man macht. Da ich nicht spiele, kommt gerade kein Geld rein. Und ausgesorgt habe ich nicht. Ich würde gerne den ganzen Tag am Strand liegen oder schlafen, aber damit verdiene ich nichts. Klar, ich könnte als Coach arbeiten, genug Ahnung vom Tennis habe ich ja. Aber ich will später auch mal ein Leben ohne ständiges Reisen führen und irgendwann eine eigene Familie gründen.

Sollten Ihre Kinder später dann auch Profispieler werden?
Da habe ich lange drüber nachgedacht. Meiner Meinung nach ist es für ein Kind sehr wichtig dass es tun kann, was es selbst tun möchte – und nicht, was die Eltern wollen. Wichtig ist, dass das Kind motiviert ist und bereit, jeden Tag hart an seinem Erfolg zu arbeiten. Was auch immer mein Kind entscheiden würde, ich würde es definitiv darin unterstützen.

Ihr Landsmann Marat Safin ist nach seiner Profikarriere in die Politik gegangen. Wäre das was für Sie?
Ich interessiere mich schon für Politik. Aber ich müsste mich noch etwas besser auskennen. Außerdem sind mir in der Politik auch immer zu viele Spannungen. Ich bin eher so der „Easy Going“-Typ, der alle so leben lässt, wie sie es wollen. Und das ist in der Politik ziemlich schwer. Du willst Liebe und Frieden für die ganze Welt aber so läuft das leider meistens nicht. Aber wer weiß, was passiert. Das Leben spielt doch meistens eh immer anders als man denkt. Marat hatte fünf Jahre vor seinem Karriereende ganz bestimmt auch noch gar nicht auf dem Schirm, wo er mal landet.