Gute Nachrichten für alle
Wer die Sandplatzgötter kennt, weiß, dass sie gerne mal meckern und sich aufregen – über was auch immer. Dieses Mal aber ist alles anders, weil es nicht nur im deutschen Tennis bemerkenswert positive Entwicklungen gibt.
Die Sandplatzgötter spielen mittlerweile im Leben wie auf dem Tennisplatz in Altersklassen, in denen der Blick in verklärender Nostalgie weit in die Vergangenheit geht. Früher war alles besser und so. Und wenn der Blick wie bei uns bis in die vordigitalen 80er und 90er zurückgeht, wird in den Erzählungen auf der Clubterrasse ab dem dritten Pils die Geschichte des persönlichen Filzball-Heldentums mangels Nachprüfbarkeit sogar mit jedem neuen Durchlauf immer noch besser, Aufschlaggeschwindigkeiten höher, Ballwechsel spektakulärer und Siege glatter. Tennis-Altgriechisch steht Anglerlatein in nichts nach.
Und nicht nur unser eigenes Tennis strahlt in der Rückschau im Hochglanz. Die ganze Sportart boomte. Boris Becker (gefühlt) und Steffi Graf (tatsächlich) holten einen Grand Slam-Sieg nach dem anderen und das lief natürlich stunden- und tagelang im Free-TV. Allein schon, weil es noch kein Pay-TV gab. Die Bälle waren vielleicht nicht gelber, hielten dafür aber länger als einen halben Medenspielnachmittag. Und allein Mitglied in einem Tennisclub zu sein, katapultierte einen in der Prestige-Rangliste der Vereinszugehörigkeiten in die Spitzengruppe, kurz hinter Golf- und Lions-Club.
Und jetzt? Altersgerecht neigen wir in Bezug auf die Tennis-Gegenwart zur grummeligen Meckerei – man kann es auch in zahlreichen unserer hier veröffentlichten Kolumnen nachlesen. Die großen Turniererfolge von Angelique Kerber sind schon eine Weile her und Sascha Zverev läuft der Musik bei den Slams 2025 tendenziell zunehmend weiter hinterher. Tennis im TV oder Stream kostet. Es gibt Lizenzgebühren und die Bälle schwächeln wie unsere Kondition.
Deutsches Tennis: Mehr als 1,5 Millionen Spielerinnen und Spieler
Und die Mitgliederentwicklung im DTB … Oh, Moment, halt: Erstmals seit 2012 gibt es wieder mehr als 1,5 Millionen Spielerinnen und Spieler, die in deutschen Tennis-Vereinen versuchen, die Filzkugel irgendwie erst über das Netz und dann ins Feld zu bekommen. Oder sich in Frustrationstoleranz üben, wenn das nicht klappt. Erfreulicherweise melden sich vor allem mehr Frauen und mehr Jugendliche an und sorgen dafür, dass Tennis nicht nur ausschließlich Sandplatzgötter-Altherrensport ist. Seit nunmehr fünf Jahren am Stück ist Tennis in Deutschland auf Wachstumskurs und ist damit Teil eines weltweiten Trends.
Bei den French Open begeisterte in diesem Jahr der deutsche männliche und weibliche Nachwuchs, Justin Engel macht mit 17 Jahren erste vielversprechende Schritte ins Profitennis. Ja, wenn man das im Stream sehen will, muss man heutzutage dafür zahlen – dafür hat man aber anders als früher die Möglichkeit, jedes Match zu verfolgen.
Tennis ist verstärkt Teil der Popkultur
Und wo wir schon bei einer Generation sind, für die Streaming keine Alternative, sondern der Normalfall ist: Dass Tennis für Leute, die jetzt so jung sind wie wir in den 80ern und 90ern, auch über den Court hinaus wieder erfreulich an Relevanz gewonnen hat, erkennt man daran, dass es verstärkt Teil der Popkultur ist. Diverse Filme spielen im Tennis-Kosmos, Mode greift klassische Tenniselemente auf (einfach mal „Tenniscore“ googeln).
Und dass wir nun oft die Textilmarken, in denen die Profis ihre Matches bestreiten, gar nicht kennen, liegt daran, dass junge Fashion-Unternehmen inzwischen den Tennissport als Vehikel ausgewählt haben, um ihre Marken zu pushen. Profis sind beliebte Werbeträger auch für Produkte jenseits der Sportartikelindustrie. Und so langsam kommen auch die Tennisorganisationen auf den Trichter, den Sport in einer digitalen Welt erfolgreich und mit hohen Reichweiten zu präsentieren. Es gibt sie also, die positiven Nachrichten und Entwicklungen rund ums Tennis. Und vielleicht erzählen wir demnächst ausführlich davon auf der Clubterrasse.
Wobei: Die Story, wie wir 1989 den Aufstieg in die Bezirksklasse D klargemacht haben, das wäre heute so ja gar nicht mehr möglich – die müsst ihr natürlich unbedingt auch noch mal hören.