Mixed Emotions bei den US Open
Die US Open gliedern das gemischte Doppel aus und formen daraus einen Jux-Wettbewerb für Besserverdienende der Tour. Die Sandplatzgötter zweifeln inzwischen an der Unerschütterlichkeit der Grand Slam-Turniere.
Als mitten in der Sandplatzsaison Meldungen aufpoppten, dass sich die Organisatoren des Turniers in Rom zutrauen, ein zusätzliches Grand Slam-Turnier auszurichten, indem sie sich mal eben die Turnierlizenz von Madrid einverleiben, haben wir eher müde gelächelt.
Denn neben solchen Marginalien wie den Fragen, wie das jetzt bitte noch in den ohnehin übervollen Tour-Kalender passen soll und wie wir es denn dann historisch einordnen sollen, wenn man zukünftig mehr als vier Major-Turniere im Jahr gewinnen kann (und muss, um dann den Kalender-Slam zu gewinnen?), ist für uns klar: Man kann selbstverständlich in Rom oder sonst wo Deals mit Spielerorganisationen oder dem Tennis-Weltverband abschließen, Turniere über 14 oder 15 Tage stattfinden lassen, Felder auf 128 Teilnehmende aufstocken und vielleicht sogar über drei Gewinnsätze spielen.
Aber man kann auch Schloss Neuschwanstein im Disneyland nachbauen und es ist dann trotzdem nicht das echte Schloss. Grand Slam-Tradition kann man nicht kaufen und die Veranstalter in Melbourne, Paris, London und New York sind gut beraten, ebendiese sorgsam zu pflegen, zu hegen und als Alleinstellungsmerkmal zu erhalten. Wir hatten da auch wenig Bedenken und glaubten fest an die Unerschütterlichkeit der großen Vier.
Mixed bei den US Open: Einladungsturnier für die Stars
Dann kündigten die US Open an, ihren Mixed-Wettbewerb zu einer Zirkusnummer in der Woche VOR dem Turnier zu machen. Mit halbierter Feldgröße und Sätzchen (Verzeihung: Sätzen) nur bis vier und nicht etwa besetzt mit den Spielerinnen und Spielern, die sonst die Mixed-Draws der Slams bevölkern. Sondern als Einladungsturnier, bei dem die Fähigkeit, ein gutes Mixed spielen zu können als Auswahlkriterium durchaus weit hinter der persönlichen Star-Power und/oder dem Buzz-Faktor bestimmter Spieler/Spielerinnen-Kombinationen zurücksteht.
Wobei wir uns nicht sicher sind, ob die Tatsache, dass das avisierte Power-Duo Tsitsipas/Badosa abseits des Platzes aktuell gar keines mehr ist, den potenziellen Buzz-Faktor nun mindert oder erhöht. Jetzt ist die Idee, schon in der Qualifikationswoche des Slams allerlei zusätzlichen Ringelpiez mit den bereits anwesenden Stars zu veranstalten, nicht brandneu. Tatsächlich wurden da auch schon manchmal in diversen Konstellationen Mixeds vor Publikum gespielt. Show-Mixed wohlgemerkt.
Und da sind wir dann bei der Analogie zu möglichen, fünften, sechsten und siebten „Grand Slam-Events“ – wo auch immer: Ein „Wettbewerb“, der parallel zur Slam-Quali läuft, den Spaß-Faktor in den Vordergrund stellt und quer über der Veranstaltung das Label „Bitte nicht ernst nehmen und bitte nicht an die Grenzen gehen – dient nur zur Vorbereitung!“ stehen hat, den kann man natürlich organisieren.
Ein Grand Slam-Titel mit Anführungszeichen
Aber er bleibt immer einer in Anführungszeichen und darf deshalb definitionsgemäß nicht Teil der Siegerlisten eines Grand Slams werden, die bisher traditionell das Synonym für die Anerkennung des Abrufens von Bestleistungen auf der großen Bühne unter größtem Druck sind – egal, ob im Einzel, Doppel oder Mixed. Letzteres mag in seiner alten Form nicht so viele Zuschauer anlocken als das geplante Spektakel, sportlich wertvoller ist es aber allemal, auch wenn der teilnehmende Nick Kyrgios auf Instagram im Erfolgsfall das Gegenteil behaupten und erzählen wird, er hätte mal wieder die gesamte Weltspitze geschlagen.
Womöglich ist das auch der modernen Zeit geschuldet und die Sandplatzgötter sind längst aus derselbigen gefallen. Im für uns schlimmsten Fall ist es nur der erste Schritt, um auch andere Wettbewerbe im Slam zu verändern und zu verkürzen. Die Stars jedenfalls haben größtenteils keine Vorbehalte, ihren Doppelkollegen und -kolleginnen das Feuer unter deren eher winzigen monetären Fleischtöpfen auszublasen. Von der angeblichen Kollegialität der „Big Names“ mit dem „Fußvolk“ bleibt am Ende doch nicht viel übrig.