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Spain's Nicolas Almagro reacts as he plays against Britain's Andy Murray during the quarter-final of the ATP Qatar Open tennis competition in Doha on January 5, 2017. / AFP / KARIM JAAFAR (Photo credit should read KARIM JAAFAR/AFP/Getty Images)

Nicolas Almagro: „90 Prozent meiner Matches spielte ich mit Schmerzen“

Im April 2019 bestritt Nicolas Almagro sein letztes Profiturnier. Beim Challenger in seiner Heimatstadt Murcia verabschiedete sich der 34-Jährige von der Tour. Nun leitet er die Tennis-Akademie im La Manga Club. Wir haben ihn dort zum Interview getroffen.

Nicolas Almagro bei den US Open 2017

Im April hast du dein letztes Spiel auf der ATP-Tour bestritten. Weshalb bist du zurückgetreten und wie hat sich dein Leben verändert?

Für mich war es sehr leicht aufzuhören. Ich konnte nicht mehr auf 100 Prozent meiner Leistungsfähigkeit kommen, also habe ich Schluss gemacht. Ich wollte dann selbst bestimmen, wann ich aufhöre. Aber es hat schon ein wenig weh getan. Jetzt habe ich ein anderes Leben. Es ist ein neues Leben, ein normales Leben. Ich muss nicht mehr reisen. Ich fokussiere mich jetzt auf ein neues Ziel. Ich kann Zeit mit meiner Familie verbringen und ich habe Zeit für mich selbst.

Almagro: „Ich weiß nicht, wie man jemanden beibringt, eine Vorhand zu spielen“

Du leitest nun die Tennis Akademie im La Manga Club in Cartagena. Wie kam es dazu und was sind deine Aufgaben?

Ich war das erste Mal hier, als ich 12 oder 13 Jahre alt. Andy Murray hat hier trainiert und Lorenzo, der Manager der Tennis Akademie, hat meinen Trainer angerufen und nach Trainingspartnern gefragt. Also habe ich mit Murray gespielt. Dann kam ich vor kurzem wieder hier her mit der Idee, im Sommer ein bis zwei Wochen zu testen, ob die Leitung der Tennis-Akademie zu mir passt. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, wie man Geschäfte macht. Das braucht seine Zeit. Ich weiß auch nicht, wie man jemandem beibringt, eine Vorhand zu spielen. Aber ich kann den Menschen, die hier her kommen, erzählen, wie die Situationen und die Gefühle auf dem Platz sind. Und ich denke, dass ist das Wichtigste. Manchmal machst du alles richtig, du spielst den Ball korrekt und bewegst dich gut, aber wenn du etwas in dir hast, weshalb du dich nicht gut fühlst, wirst du vermutlich trotzdem verlieren. Du musst probieren, die richtigen Lösungen zu finden, genau wie im wahren Leben. Und das sind die Dinge, die ich den Menschen weitergeben kann.

Welche Rolle spielt denn aus deiner Sicht der mentale Aspekt im Tennis?

Zur Zeit ändert sich alles. Tennis hat sich mehr zu einem mentalen Sport als zu einem technischen Sport entwickelt. Benoit Paire, zum Beispiel, er ist ein großes Talent, aber mental falsch eingestellt. Während Federer der absolute Techniker ist, hat Nadal eine viel bessere mentale Stärke. Deshalb schlägt er Federer auch öfter.

Almagro: „Federer spielt nicht gegen dich. Er spielt mit dir.“

Neben Nadal giltst du ja auch als spanischer Sandplatz-Spezialist. War Nadal dein härtester Gegner?

Nein, gegen ihn habe ich ja einmal gewonnen (lacht). Aber im ernst: Mein schwierigster Gegner war Federer, denn er spielt mit dir – und nicht gegen dich. Er ist ganz anders. Federer hat keine Schwächen. Für mich ist Federer 100 Prozent Talent. Und wenn er „on fire“ ist, ist es unmöglich ihn zu schlagen. Aber wenn Gegner wie Nadal oder Thiem 99,9 Prozent der Bälle hoch auf seine Rückhand spielen, bekommt auch er Probleme. Da ist es schwer, eine Lösung zu finden. Ich glaube, der mentale Weg ist der einzige, um Federer zu schlagen. Und ich denke, Nadal schlägt ihn wegen seiner mentalen Einstellung.

French Open 2012: Nadal und Almagro beim Handshake. 13:1 lautet die positive Bilanz für Nadal

Almagro: „Ich glaube nicht, dass Murray wieder auf 100 Prozent spielen wird“

Du hast ja bereits einige Male mit Andy Murray trainiert. In Queen’s spielt er mit Feliciano Lopez im Doppel. Wie schätzt du seine Chancen auf ein erfolgreiches Comeback ein?

Um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass er wieder auf 100 Prozent spielen wird. Wir Spieler haben 80 Prozent der Tage Schmerzen. Und du kannst mit diesem Schmerz nicht auf Dauer spielen. Ich habe 90 Prozent meiner Matches unter Schmerzen gespielt. Irgendwas ist jeden Tag: Wenn die Schulter nicht weh tut, dann das Knie, das Handgelenk oder der Fuß. Ich habe vor einigen Wochen mit Jamie Murray gesprochen und er sagte: „ Der Schmerz ist weg, Andy möchte es noch einmal probieren.“ Aber Jamie würde es auch nicht so machen wie sein Bruder. Andy weiß es, aber er will es trotzdem versuchen. Wenn seine Schmerzen weg sind – warum nicht?

„Ich habe 90 Prozent meine Karriere unter Schmerzen gespielt“, sagt Almagro.

Was wird passieren, wenn Federer, Nadal und Djokovic irgendwann zurücktreten?

Dann hat die ATP ein großes Problem (lacht). Aber das ist dann nicht mehr meins. Ich bin raus. Das werde ich mir dann im Fernsehen anschauen. Ich denke, sie werden versuchen, die junge Generation gut zu integrieren und zu vermarkten. Aber: Kyrgios ist nicht derselbe wie Nadal, Tsitspipas nicht der gleiche wie Federer und Zverev und Thiem sind nicht die gleichen Rivalen wie Federer und Nadal. Es wird bestimmt gut werden, aber nicht so gut, wie es mal war.

Almagro: „Ich war Teil der besten Tennis-Epoche der Geschichte“

Wärst du lieber früher oder später geboren, um in einer anderen Generation Tennis zu spielen?

Nein, 1985 ist der beste Jahrgang (lacht). Und ich bin sehr glücklich, ein Teil des besten Tennis-Epoche der Geschichte gewesen zu sein.

Aber es war auch die härteste Tennis-Epoche der Geschichte …

Ja, aber ich stand in den Top Ten! Es ist fantastisch. Es hätte besser sein können, aber auch schlechter. Ich habe alles gemacht, was ich machen wollte. Ich habe alle meine Träume wahr werden lassen. Ich habe bei Olympia gespielt, bei den Grand Slams. Ich habe beim Davis Cup gewonnen. Ich war ein Top Ten–Spieler.

Und welches Ereignis deiner Karriere war für dich das Größte oder Beste?

Ich könnte kein spezielles Ereignis auswählen. Da entscheide ich mich lieber für meinen ganzen Weg. Das ist das Wichtigste für mich. Ich bin glücklich mit meinem Leben und habe alles getan.

13 Titel hat Almagro in seiner Karriere gewonnen. Alle auf Sand.

Wie sehen deine Pläne für die Zukunft? Wirst du wieder auf die Tour zurückkehren?

Momentan möchte ich gerne noch im Tennis integriert sein, aber ich möchte kein Profi mehr sein. Was die Zukunft bringt, weiß man nie. Vielleicht in vier, fünf, sechs Monaten oder in einem Jahr, ich weiß es aber jetzt nicht. Ich möchte erst mal meinen Geist reinigen. Ich möchte mir Zeit nehmen, meine Familie, das Wetter, einfach alles genießen, abseits vom Tennisplatz, mehr Business, mehr Meetings. Ich möchte versuchen, Turniere zu organisieren.

Treffen im La Manga Club in Cartagena, Spanien. tennisMagazin-Mitarbeiterin Franzi Brülls (re.) trainiert mit Nicolas Almagro.

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