Tennis-Akademie

Die digitale Tennis-Akademie

Wie sich smarte Technik auf das Training auswirkt, weiß Ex-Profi Marc-Kevin Goellner. Er arbeitet in seiner Akademie mit der Tracking-Technologie von Wingfield, die nun auch objektiv die Entwicklung von Trainingsleistungen abbilden kann.

Erschienen in der tennis MAGAZIN-Ausgabe 5/2020

Betritt man die Tennisakademie von Ex-Profi Marc-Kevin Goellner im Kölner Stadtteil Rodenkirchen wird schnell klar: Hier ist jemand am Werk, der Tennis nicht nur komplett verinnerlicht, sondern auch verstanden hat. Auf fünf Hallenplätzen und sechs Außencourts genießen die rund 30 Akademiespieler eine ganzheitliche Betreuung – egal, ob auf dem Court, im Athletik­bereich oder im Mentaltraining.

Doch das ist längst nicht alles, was sofort auffällt. Noch bemerkenswerter ist die Einbindung moderner Trainingstechnologien. Ein Tablet gehört hier – neben einem Tennisschläger – zur Grundausstattung eines jeden Trainers. Vitalwerte der Spieler werden während der Einheiten kontrolliert, die Technik im Video ausführlich analysiert. Mittlerweile ein fester Bestandteil des Trainings auf und neben dem Platz ist die Tracking-Technologie des Tennis-Start-Ups Wingfield aus ­Hannover geworden.

Wingfield-Technologie an der Akademie von Marc-Kevin Goellner

Zwei Courts hat Goellner mit den charakteristischen weißen Wingfield-Boxen ausgestattet, die einfach anstelle eines normalen Netzpfostens platziert werden. Darin verbaut sind zwei Hochleistungskameras, die alles, was auf dem Court geschieht, aufzeichnen, mit Hilfe künstlicher Intelligenz analysieren und in Form von Grafiken und Daten per App aufs Handy oder Tablet beamen. Zusätzlich zeichnet noch eine Kamera am Platz-ende das Geschehen auf. So wird alles erfasst, was für Spieler wichtig ist: Winner, Punkte, Fehler, Treffpunkte, Spinarten, Schlagarten,
Schlagpositionen, Aufprallpunkte der eigenen Bälle in der gegnerischen Hälfte und etliche Details mehr. 

Marc-Kevin Goellner

GEHÖRT ZUR TRAININGSEINHEIT: Goellner bespricht mit Wagner die erhobenen Daten von Wingfield und wertet mit ihr Videos aus.

Goellner ist nun einen Schritt weiter gegangen und hat die Wingfield-Technologie systematisch ins Training an seiner Akademie eingebaut. „Wingfield ermöglicht mir auf dem Platz völlig neue Korrekturansätze. Das System wertet alles aus – von Schlaggeschwindigkeiten bis hin zur Schlaghöhe. Im Video kann ich zudem stets auf die Technik der Spieler eingehen und habe am Ende alle Trainingstools, die ich sonst einzeln hätte kaufen müssen, in einer einzigen App”, erklärt der frühere ­Davis Cup-Gewinner, der 1993 zur siegreichen deutschen Mannschaft zählte. 

Spielanalyse am Tablet

Wer Goellner an einem normalen Trainingstag in seiner Akademie begleitet, bekommt einen guten Eindruck davon, an welchen Stellen die Wingfield-Technologie schon Anwendung findet. Eine der größten Herausforderungen als Coach ist es, dem Spieler plausibel zu erklären, was man selbst auf dem Platz sieht. Goellner und sein Trainerteam gehen daher bei Bedarf direkt im Anschluss an eine Übung die Trainingsdaten am Tablet mit den Athleten durch. Gemeinsam werden Videos zur Technikkorrektur gesichtet. Geschwindigkeits- und Platzierungs­daten werden ausgewertet, um den Erfolg gesetzter Übungsziele zu kontrollieren: Wie viele Bälle wurden ins Zielfeld gespielt? Konnte im Rahmen einer Rhythmusübung ein zuvor festgelegtes Geschwindigkeitsniveau gehalten werden?

„Die Spieler verstehen nun besser, was sie auf dem Platz überhaupt machen und welche Auswirkungen bestimmte Anpassungen auf ihr Spiel haben. Aus meiner Sicht ist die direkte visuelle Rückmeldung der Schlüssel zu steigenden Lernkurven und erleichtert unsere Arbeit enorm”, sagt Goellner. Insbesondere im Rahmen von Trainingsmatches kommt dies zum Tragen. „Mit Wingfield kreieren wir eine matchähnliche Situation. Sobald bei den Spielern das Bewusstsein geschaffen ist, dass sie gefilmt werden, geben sie die entscheidenden Prozente mehr auf dem Platz”, hat Goellner beobachtet. 

Eine intuitive Navigation ermöglicht es den Trainern im Anschluss, bestimmte Matchsequenzen noch einmal im Video zu besprechen und anhand der Matchstatistiken Rückschlüsse für kommende Trainingsschwerpunkte zu ziehen. Was auffällt: Insbesondere für die Arbeit mit größeren Gruppen ergeben sich hier völlig neue Möglichkeiten.

Trainingsfortschritte sind besser messbar

Während Goellner auf Platz 1 mit Profi­spielerin Stephanie Wagner arbeitet, duellieren sich zwei weitere Spieler auf dem benachbarten Wingfield-Court in einem Trainingsmatch. Die Ergebnisse werden im Nachgang zusammen mit Goellner besprochen, weil er die Daten eines Trainingsmatches lesen und Schlüsse daraus ziehen kann. 

Häufige Anwendung findet zudem ein von Wingfield etabliertes Bewertungssystem, das erstmals eine objektive Einordnung der Schlagfähigkeiten eines Spielers erlaubt. Verschiedene Gütekriterien eines Schlags, wie dessen Präzision oder Geschwindigkeit, werden dabei auf simple Scores heruntergebrochen. In regelmäßigen Abständen werden mit den Spielern der Akademie Leistungstests durchgeführt, in denen diese Scores gemessen und ausgewertet werden.

Marc-Kevin Goellner

SMARTE COURTS: Goellner hat zwei Plätze mit der Wingfield-Technologie ausstatten lassen. Dafür ist eine Box notwendig, die wie ein normaler Netzpfosten verwendet wird.

Anhand der Daten können so nicht nur Stärken oder Schwächen der Spieler ausgemacht und Trainingsinhalte entsprechend angepasst, sondern erstmals Trainingsfortschritte messbar gemacht werden. Goellner konnte als einer der Ersten das neue Tool testen.  „Wir stehen doch alle auf dem Platz, um uns im Rahmen unserer Möglichkeiten stetig weiterzuentwickeln – ganz egal, auf welchem Niveau. Erhalten Spieler und Trainer die Erfolge des Trainings quasi in Echtzeit per Grafik auf Handy oder Tablet, dann ist das extrem motivierend”, erläutert er. 

Wingfield schafft neuen Wettkampfgeist

Wingfield schafft dabei nicht nur Referenzwerte für sich selbst, sondern entfacht einen neuen Wettkampfgeist unter den Trainierenden. Die Spieler sind heiß darauf, sich zu verbessern, weil durch die Scores Leistungssteigerungen im Training greifbar sind.

Ein konkretes Beispiel aus der Trainingspraxis: Goellner hat mit Stephanie Wagner, 25 Jahre alt und die Nummer 270 der WTA-Rangliste, seit Ende 2019 systematisch an der Verbesserung ihres Aufschlags gearbeitet. Dabei kam dem „Serve-Score“ von Wingfield eine entscheidende Bedeutung zu, weil damit objektiv die Entwicklung der Aufschlagleistung gemessen werden kann. Zu Beginn ging es darum, die Kraftwerte von Wagner zu verbessern und damit das Aufschlagtempo zu erhöhen.

„Ein Anstieg ihres Kraftniveaus hat sich zwar zunächst positiv in ihren Speed-Werten widergespiegelt, hatte jedoch auch negative Auswirkungen auf ihre Aufschlaggenauigkeit“, sagt Goellner. Um das Service nicht nur schnell, sondern auch präzise zu machen, ging es im nächsten Schritt ans technische Feintuning: „Durch Anpassungen ihrer Technik gelang es, die Präzision ihres Aufschlags zu erhöhen. Letztlich konnte Stephanie ihren Serve-Score auf einem Rekordhoch festigen.“ Es sind solche Trainingserfolge, die Goellner in seiner täglichen Arbeit darin bestärken, auf smarte Technologie nicht mehr verzichten zu wollen. 

Infos Wingfield

Das Tennis-Start-Up aus Hannover bietet seine Tracking-Technologie für Clubs, kommerzielle Anlagen und Tennisschulen an. Herzstück der Technik ist eine Box, die wie ein normaler Netzpfosten genutzt wird und mit zwei Kameras alle Daten auf dem Platz aufzeichnet. Über eine App können diese abgerufen und ausgewertet werden. Wingfield bietet seine Boxen in verschiedenen Finanzierungsmodellen ab 199 Euro pro Monat an. Details: www.wingfield.ioNike Jordan Jumpman hoodie in grey – release dates & sneakers., Jordans – Yeezys, Urlfreeze News | cheapest jordan 1 lows