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Immer einen Schritt voraus

Er hat einen Durchmesser von viertausend Metern. Er rast durch den Weltraum mit einer Geschwindigkeit von 20 Kilometern pro Sekunde, zur Zeit irgendwo zwischen Mars und Jupiter. Seit seiner Entdeckung im Jahr 2003 war er bekannt unter dem Zahlenkürzel 128036. Jetzt heißt er Rafael Nadal.
Er, das ist ein Asteroid. Eine Woche nach Nadals Wimbledonsieg wurde der Name Rafael Nadal auch in der unendlichen Weite des Weltraums zur
festen Größe. Das Planetarium auf Mallorca hatte einen Antrag gestellt, den Mini-Planeten nach dem berühmten Sohn der Insel zu benennen, und die International Astronomical Union hatte zugestimmt   zu Ehren eines der größten Tennisspieler aller Zeiten, wie es hieß.
Es ist eine hübsche Symbolik. Schon allein, weil Nadals Stern, um im Bild zu bleiben, ebenfalls 2003 aufging. Damals, in der Juni-Ausgabe, titelte tennis magazin: Achten Sie auf diesen Jungen! Am 6. Juli 2008, fünf Jahre später, schloss sich der kosmische Kreis. Vorübergehend. Denn die Karriere von Rafa, wie ihn Freunde, Fans und Fachleute nennen, geht natürlich weiter. Aber wenn man an diesen kühlen, windigen Sommerabend denkt, an dem Nadal den goldenen Wimbledon-Pokal im Blitzlichtgewitter tausender Kameras in den Händen hielt, fragt man sich schon: Was soll jetzt noch kommen? Nach dieser Nacht, in der die Blitze der Fotografen wie funkelnde Sterne aussahen. Nach diesem 6:4, 6:4, 6:7, 6:7, 9:7 gegen den fünfmaligen Champion Roger Federer, einem Match, das schon jetzt als eines der besten aller Zeiten gilt.
 
Keine Zeit zum Feiern
Nadal der Galaktische. Nach dem Triumph von Wimbledon blieb er auf seiner eigenen Umlaufbahn, die ihn zurück in den Schoß seiner Familie nach Mallorca katapultierte. Dort verbrachte er einige ruhige Tage. Das neue Ziel hatte er aber schon klar im Visier:  Ich will jetzt die Nummer 1 werden, sagte Nadal vor den Masters-Turnieren in Toronto und Cincinnati. Die Chancen standen gut: Federer strauchelte und hatte viele Punkte zu verteidigen. In Toronto verlor Federer sein erstes Match, Nadal gewann das Turnier der Abstand schmolz. Nächs-te Etappe: Cincinnati. Federer verlor wieder früh, im Achtelfinale gegen Ivo Karlovic. Jetzt war klar: Nadal würde den Schweizer ablösen. Zwar scheiterte der Spanier im Halbfinale gegen Novak Djokovic, doch seit dem 18. August steht Nadal an der Topposition im ATP-Ranking als 24. Spieler seit Einführung der Computer-Rangliste 1973. Um mich richtig zu freuen, fehlt mir im Moment die Zeit, gab Nadal in Cincinnati zu. Zum Feiern werde ich wohl erst nach dem Davis Cup-Halbfinale Ende September kommen falls ich dann noch die Nummer 1 sein sollte, scherzte er.  
Momente, um über die eigenen Leis-tungen in Ruhe zu reflektieren, gibt es für Nadal während der Hast von Turnier zu Turnier kaum. Dabei hat er schon längst Historisches erreicht.
Seit Björn Borg 1980 ist Nadal der erste Spieler, der die French Open und Wimbledon im selben Jahr gewann. Seit Manolo Santana 1966 ist er der erste spanische Wimbledonsieger. Spricht man mit Nadal über die historische Dimension, fällt immer wieder das Wort unglaublich. Schon als Kind habe ich davon geträumt, in Wimbledon zu siegen, sagt er. Den Spruch Gras ist für Kühe, den viele Spieler bei Misserfolgen bemühten, hörte man von Nadal nie. Selbst bei seinem Wimbledondebüt 2005, als er in der zweiten Runde verlor, war Nadal fasziniert vom Spiel auf Rasen. Als er das erste Mal die French Open gewonnen habe, sei es unbeschreiblich gewesen, sagt Nadal, aber Wimbledon, er spricht es nicht aus, aber man spürt, was er meint, ist für ihn noch fantastischer.

Das Duell gegen Federer
Der Centre Court von Wimbledon, das war fünf Jahre lang das Wohnzimmer von Roger Federer. Der Ort, an dem am Mythos des Schweizers gestrickt wurde wie früher bei Borg, der ebenfalls fünfmal in Serie siegte. Federer war der Harry Potter des Tennis, und sein Schläger der Zauberstab, mit dem ihm Dinge gelangen, die kein anderer schaffte. Das heißt nicht, dass der Zauber vorbei ist. Noch immer gibt es die vielzitierten Federer-Momente, im Wimbledonfinale beispielsweise, als bei Matchball Nadal Federers Rückhand aus der Bedrängnis noch im äußersten Winkel des Platzes landete. Nur: Es gibt einen Konkurrenten, der zumindest gleichwertig ist. Er spielt nicht so schön, aber er ist zur Zeit erfolgreicher. Die Geschichte Nadals ist auch die Geschichte Federers. Ich hätte ihn erschießen müssen, um die Nummer 1 zu werden, witzelte vor ein paar Jahren Goran Ivanisevic und beschrieb die Situation zwischen ihm, der Nummer zwei, und dem für den Kroaten unschlagbaren Pete Sampras, der Nummer 1.
Das Verhältnis zwischen Nadal und Federer ist anders. Keiner wäre ohne den anderen der Spieler, der er heute ist. Es ist ein Duell wie das zwischen Borg und McEnroe. Faktisch ist es bereits größer. In sechs Grand Slam-Finals standen sich Nadal und Federer gegenüber, jeweils in den letzten drei Jahren in Paris und Wimbledon so etwas gab es zuvor noch nie. Viermal siegte der Spanier, zweimal der Schweizer. Insgesamt führt Nadal im direkten Vergleich 12:6. Zwar sagt Federer: Ich genieße es in gewisser Weise gegen ihn zu spielen. Es ist gut, diese Rivalität zu haben, aber die Bilanz wird ihn, der stets als Nummer 1 angetreten war, nerven. Nadal sagt: Ich habe immer großen Respekt vor ihm. Ich bewundere ihn sehr, doch im Grunde weiß er, egal auf welchem Belag er gegen Federer antritt, die Chance, am Ende den Platz als Sieger zu verlassen, ist groß. Nadal war seinem Kontrahenten oft einen Schritt voraus nur in der ATP-Weltrangliste noch nicht. Es war eine merkwürdige Situation. Drei Jahre in Folge, 2005 bis 2007, war Rafael Nadal am Jahresende stets die Nummer zwei hinter Federer. Doch im direkten Vergleich war er meist besser. Heldenhaft! Rocky Nadal schlägt Federer im Match des Jahrhunderts. Es ist egal, was die ATP sagt, Rafa, du bist die Nr. 1, schwärmte die spanische Sporttageszeitung Marca nach Nadals Triumph in Wimbledon. Man kann das so sehen. Für viele war er nach dem Sieg schon die gefühlte Nummer 1. Jetzt ist er es endlich offiziell.

Nadals Verletzungen
Nadal ist ein Phänomen. Er schwört auf Intervalltraining (1000 Meter in drei Minuten mit kurzer Pause dreimal hintereinander), Aquajogging (40 Minuten im unteren bis mittleren Pulsbereich) und Training an der Rudermaschine (40 Minuten am Stück). Er ist wahrscheinlich der fitteste Spieler auf der Tour, auch wenn seine getapten Knie Anzeichen eines Patella-Spitzensyndroms eher auf einen Patienten hindeuten.
Noch am Ende der letzten Saison wurde über ein Karriereende Nadals spekuliert. Den Wirbel hatte ausgerechnet sein Onkel und Coach Toni ausgelöst, als er der Zeitung Diario de Mallorca von einer Fußverletzung seines Neffen erzählte. Es ist wirklich ernst. Ich weiß nicht, ob das sogar seine Karriere bedroht. Das lasse ich die Ärzte entscheiden. Aber Rafael muss jetzt vorsichtiger sein, wurde Toni Nadal zitiert. Hintergrund war ein Ermüdungsbruch im linken Fuß, den sich Nadal 2005 zuzog. Anschließend versuchte Nadals Kommunikations-Manager Benito Perez-Barbadillo die Wogen zu glätten, aber die Meldung schwappte schon durch die internationale Presse.
 
Abschalten beim Golf
Von der Fußverletzung ist keine Rede mehr. Eher stellt sich die Frage: Wie hält Nadal dieses Wahnsinnspensum durch? Vor den French Open siegte er in Monte Carlo, Barcelona und Hamburg. Und wenn er in Rom nicht eine handtellergroße Blase unter seinem Fuß gehabt hätte, wäre er dort vielleicht auch als Sieger vom Platz gegangen. Wenig später gewann er zum vierten Mal in Folge in Paris. In der Woche darauf holte sich Nadal in Queens den ersten Rasentitel seiner Karriere.
Alle reden von Nadal, aber man sollte mich nicht abschreiben. Mein Teil der Saison beginnt gerade, betonte Federer vor dem großen Finale in Wimbledon immer wieder. Nach der Niederlage zog er sich schwer enttäuscht in sein Penthouse in Dubai zurück. Er las keine Zeitungen, trainierte ein paar Tage nicht, schaltete komplett ab. Als Federer in Toronto auf die Tour zurückkehrte und nach der Rivalität gefragt wurde, lobte er seinen Widersacher: Er hat bewiesen, dass er ein großartiger Kerl und ein großartiger Champion ist. Einen Seitenhieb konnte er sich jedoch nicht verkneifen: Wenn ich gegen ihn spiele, ist es nicht so, als wenn mir Andre Agassi oder Pete Sampras gegenüberstehen würden, aber die Matches gegen Rafael gewinnen an Bedeutung, je häufiger wir spielen, sagte Federer.
Sein Dauerrivale ist auf dem Platz ein Kämpfer, der das Adrenalin der Rivalität braucht, sich förmlich an ihr berauscht. Zuhause, auf Mallorca, ist er nicht wiederzuerkennen. Nadal ist dann der normale, etwas schüchterne  Junge. Am wohlsten fühlt er sich nach wie vor in der Familie mit Vater Sebastian, Mutter Ana-Maria, Schwester Maribel, Onkel, Tanten, Oma und Opa. Sie alle waren nach London gereist, um ihren Rafa in Wimbledon siegen zu sehen. Als der Clan wieder auf die Insel zurückkehrte, hielt sich die Nadal-Mania in Grenzen. Es gab einen Empfang vor dem Rathaus von Manacor. Mehr Offizielles war nicht vorgesehen. Nadal spielte viel Golf, ging schwimmen, fischte. Einmal bereiteten ihm Freunde ein Überraschungsessen. Mit dem Training begann er erst nach acht Tagen Pause.
Wo endet die unglaubliche Karriere von Rafael Nadal? Wie entwickelt sich die Rivalität mit Federer? Nadal ist 22 Jahre alt. Er hat fünf Grand Slam-Turniere gewonnen, insgesamt 29 Titel, rund 20 Millionen Dollar Preisgeld erspielt. Nach ihm einen Asteroiden zu benennen, macht durchaus Sinn. Hoffentlich fällt der Mallorquiner nicht in ein Schwarzes Loch.    Andrej Antic
Nadals Rekorde

Vier French Open-Siege in Folge (2005 bis 2008). Damit stellte er den Rekord von Björn Borg ein.
115 von 117 Matches auf Sand gewonnen.
Seit Mats Wilander 1982 erster Spieler, der als Debütant die French Open gewinnt (2005).
Erster Spieler seit Björn Borg 1980, der Roland Garros und Wimbledon im selben Jahr gewinnt (2008).
Wimbledonsieger im längsten Finale aller Zeiten (4:48 Stunden).
Erster Sieg bei einem ATP-Turnier (Mallorca) mit 15 Jahren, zehn Monaten.
Mit 18 Jahren und sechs Monaten
  jüngster Spieler, der einen Einzelsieg zum Davis Cup-Gewinn beisteuert (2004).
Erster Teenager mit elf Turniersiegen (2005).
Erster Spieler, der drei Jahre in Folge am Saisonende die Nummer zwei der Welt war (2005 bis 2007).
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