Iga Świątek, Amanda Anisimova

Iga Switatek gewann gegen Amanda Anisimova eines der kürzesten Finals in Wimbledon.Bild: Imago/Paul Zimmer

Best-of-Five im Grand-Slam-Finale der Damen? Ja, bitte!

Nach dem kurzen Damen-Finale in Wimbledon wird es Zeit, dass Grand-Slam-Finals bei den Frauen endlich über Best-of-Five gespielt werden. 

So etwas hat es 114 Jahre nicht gegeben! Iga Swiatek fertigte im Finale in Wimbledon Amanda Anisimova mit 6:0, 6:0 ab. Der erste „Double Bagel“ in einem Wimbledon-Endspiel seit 1911. Damals verteilte die Britin Dorothea Lambert Chambers gegenüber ihrer Landsfrau Dora Boothby die Höchststrafe.

Als Swiatek über den „heiligen Rasen“ schwebte, wurden Erinnerungen an Steffi Graf wach. Ihr gelang zuletzt ein 6:0, 6:0 in einem Grand-Slam-Finale. Bei den French Open 1988 brauchte Graf nur 32 Minuten, um Natalia Zvereva zu bezwingen. Die völlig überforderte Zvereva kämpfte anschließend nach ihrem ersten und einzigen Grand-Slam-Finale im Einzel mit den Tränen.

Größerer Wert bei Finale über Best-of-Five

Die Parallelen zwischen Zvereva und Anisimova sind da. Auch für Anisimova war es ihr erstes Grand-Slam-Finale. Bei der US-Amerikanerin flossen ebenso nach der 0:6, 0:6-Klatsche die Tränen, als sie sich bei der Siegerehrung für die Unterstützung bei ihrer Mutter bedankte. Es bleibt zu hoffen, dass Anisimova die Chance bekommt, ein weiteres Grand-Slam-Finale zu spielen, um es deutlich besser zu machen.

Bei Endspielen über zwei Gewinnsätze besteht immer die Gefahr, dass es sehr schnell vorbei ist. Die Zuschauer zahlen viel Geld und sollten dafür auch mehr Tennis geboten bekommen. Was spricht dagegen, wenn die Damen in Endspielen auf der größten Bühne, bei den Australian Open, French Open, Wimbledon und US Open, über drei Gewinnsätze spielen? Die körperlichen Voraussetzungen, über mehrere Sätze Spitzentennis zu spielen, haben ohnehin alle Topspielerinnen. Und: Es würde dem Grand-Slam-Titel einen noch größeren Wert verleihen, wenn man diese ultimative Herausforderung gemeistert hat.

Wenn man auf andere Sportarten blickt, gibt es bei Frauen keine Ausnahmeregelungen. Ein Fußballspiel dauert wie bei den Männern 90 Minuten und ein Marathon geht ebenfalls über 42,195 Kilometer. Also: Best-of-Five im Grand-Slam-Finale der Damen? Ich sage: Ja, bitte!

Becker und Petkovic sprechen sich für Best-of-Five aus

Auch Boris Becker und Andrea Petkovic sprechen sich in ihrem gemeinsamen Podcast für drei Gewinnsätze im Damen-Finale bei den Grand-Slam-Turnieren aus. Die Argumentation: Die Herangehensweise an ein Grand-Slam-Finale, das über Best-of-Five ausgetragen wird, wäre völlig anders.

Bei einem Endspiel über zwei Gewinnsätze könne schnell Panik einsetzen – wie im Fall von Amanda Anisimova. Ein Match über drei Gewinnsätze bietet für Spielerinnen wie Anisimova, die ihr erstes großes Finale spielen, mehr Zeit, sich an die Bedingungen zu gewöhnen und sich mit der Zeit freizuspielen.

Becker und Petkovic wollen eine Petition starten für drei Gewinnsätze im Grand-Slam-Endspielen der Damen. Die Entscheidung für die Einführung von Best­-of-Five-­Matches liegt beim Tennisweltverband ITF sowie bei den Veranstaltern der Grand-­Slam-­Turniere. Diese haben sich bislang da­gegen ausgesprochen, auch wenn im Jahr 1976 sogar die Spielerinnen dafür votiert haben.

Best-of-Five: 15 Jahre im Finale das WTA-Masters

„Wir kämpfen nicht um Geld. Alles, was wir wollen, ist Gleichheit“, sagte damals die mehrmalige Grand-­Slam-­Siegerin Betty Stöve. Es gab jedoch eine kurze Zeitspanne, in denen die Damen über drei Gewinnsätze gespielt haben.

Bei den US Open wurde zwischen 1891 und 1901, mit der Ausnahme von 1893, das Finale im Modus Best-­of-­Five ausgetragen. Das erste Fünfsatzmatch der Geschichte bei den Damen spielten 1892 die Britin Mabel Cahill und die US­-Amerikanerin Elisa­beth Moore. Vier weitere Fünfsatzmatches im Finale der US Open soll­ten folgen.

Übrigens: Beim WTA­-Masters, dem Saisonfinale der besten Spielerinnen, wurde im New Yorker Madison Square Garden von 1984 bis 1998 das Finale über Best-­of-­Five gespielt. Dabei kam es zu drei Endspielen, die über die vol­le Distanz gingen. 1990 siegte Monica Seles gegen Gabriela Sabatini in fünf Sätzen. 1995 und 1996 gewann Steffi Graf gegen Anke Huber und Martina Hingis in fünf Sätzen. Während Graf sich damals von der Idee, mehr Matches über drei Gewinnsätze zu spielen, nicht besonders ange­tan zeigte, sah Huber viel Gutes darin.

Best-of-Five waren für die Australian Open 1995 geplant

„Fünf Sätze sind toll für das Damentennis und toll für die Spielerinnen. Ich denke, man sollte dies im Finale der Grand­-Slam­-Turniere haben. Jede Spielerin kann das schaffen“, sagte die Deutsche. Huber hatte allerdings vergessen, dass solch eine Entscheidung kurz zuvor bereits getroffen wur­de. Nach dem Damenfinale 1994 hatten die Veranstalter der Australian Open bekannt gegeben, dass das Damenfinale 1995 über drei Gewinnsätze gespielt werden sollte. Auslöser hierfür war das schnelle 6:0, 6:2 im Finale zwischen Steffi Graf gegen Arantxa Sanchez, das unter einer Stunde beendet war.

Die Australian Open hatten diese Entscheidung jedoch über den Kopf der WTA und der Spielerinnen getroffen. Die Spielerinnen rebellierten wegen der aus ihrer Sicht respektlosen Nichtkommunikation und sorgten dafür, dass das Finale 1995 wie gewohnt über zwei Gewinnsätze ausge­tragen wurde.

Vielleicht führt das kurze Damenfinale in Wimbledon zwischen Swiatek und Anisimova nun zum Umdenken – und die angekündigte Petition von Becker und Petkovic hat Erfolg. Die Siegerin des Wimbledonfinals 2025 hätte mit großer Wahrscheinlichkeit ebenso Iga Swiatek geheißen, wenn im Best-of-Five-Modus gespielt worden wäre. Allerdings: Die Chance auf ein unterhaltsameres und spannenderes Finale wäre vermutlich deutlich größer.