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Selbsternannter "LK-King": Guiseppe "Pino" Poso hat einen neuen deutschen Rekord aufgestellt. Bild: Instagram

LK-Vielspieler Giuseppe „Pino“ Poso: „230 Matches bis Jahresende schaffe ich noch“

Giuseppe Poso, genannt „Pino“, hat einen neuen deutschen LK-Rekord aufgestellt. Wie es dazu kam und warum Recovery-Hosen so wichtig sind, erzählt der 54-Jährige im Interview.

Giuseppe Poso sieht noch etwas kaputt aus. Mit Hoodie und Cap sitzt der selbstständige Immobilien-Makler aus Frankfurt vor dem Rechner und erzählt von seinen letzten Tennistagen, die selbst für einen 20-Jährigen fordernd gewesen sein dürften. „Pino“, wie ihn jeder nennt, ist aber schon 54. 2025 hat er einen neuen deutschen Rekord aufgestellt – für die meisten absolvierten LK-Matches in einem Jahr.

Dadurch wurde er in der deutschen Szene zu einer kleinen Berühmtheit. Bei Instagram nennt er sich „lk.king.pino“, dem Tennis ist er aber schon lange eng verbunden. Im Hessischen Tennis Verband ist Pino, dessen Vater aus Italien stammt, Vize-Präsident und verantwortet das Ressort Sport. Im deutschen Tennis gab es bislang keinen Verbandssportwart, der sich so intensiv mit seiner Lieblingssportart identifiziert.

Pino, du hast gestern mal wieder ein LK-Turnier gespielt. Wie ist es gelaufen?
Das erste Match habe ich gewonnen, das zweite verloren. Mir sind dann doch die Körner ausgegangen.

Wieso?
Ich habe von Freitag bis Montag durchgespielt, jeden Tag zwei Matches, insgesamt also acht. Das war schon ein ordentliches Pensum. Jetzt bin ich etwas müde.

Im Großraum Frankfurt könnte ich jeden Tag für ein LK-Turnier melden

An einem normalen Montag kann man bei euch LK-Turniere spielen?
Im Großraum Frankfurt könnte ich tatsächlich jeden Tag für ein LK-Turnier melden. Die Hallenbetreiber veranstalten vormittags LK-Turniere. Dann stehen ihre Courts sowieso leer und die Auslastung ist gering. Solche „Guten Morgen-Cups“ sind beliebt, vor allem bei Selbstständigen wie ich es bin.

Du bist in der LK-Szene inzwischen bekannt, weil du sehr viel spielst. Wie viele LK-Matches hast du 2025 schon bestritten?
Aktuell stehe ich bei 213 Matches. Bis zum Jahresende werden es wohl 230 werden. Neulich wurde ich vom DTB ausgezeichnet, weil ich als erster Spieler in einem Jahr 200 LK-Matches absolviert habe.

Glückwunsch! Aber warum spielst du so viel?
Tennis ist das gemeinsame Hobby meiner Frau und mir, wir spielen beide gerne LK-Turniere. Inzwischen hat auch die zehnjährige Tochter meiner Frau, Ciara, erste LK-Turniere absolviert. Das ist also schon ein Familiending. Wir suchen uns die Turniere gemeinsam aus. Im Idealfall werden alle Konkurrenzen, die wir als Familie brauchen, angeboten. Wenn wir das nicht als Familie gemeinsam machen würden, würde das auch nicht funktionieren. Bei über 200 Matches in einem Jahr ist man nicht mehr viel zu Hause.

 

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Aber du wolltest schon den Rekord brechen, oder?
Naja, ursprünglich war das schon eher eine Schnapsidee. Irgendwann im März 2025 hatte ich gehört, dass der Rekord für die meisten LK-Matches in einer Saison bei 196 steht. Ich habe dann großkotzig behauptet, dass ich locker 200 schaffen würde …

… was dir ja auch tatsächlich gelungen ist.
Ja schon, aber ich musste schlucken, als mir klar wurde, was mir da bevorsteht. Im März war ich bei knapp 40 Matches. Ich habe es dann hochgerechnet und erkannt, dass ich ganz schön Gas geben muss, um es zu schaffen Dann kamen natürlich schnell die Sprüche, dass ich alter Sack so ein Pensum niemals schaffen würde. Das hat mich zusätzlich angestachelt und ich habe es durchgezogen.

Grundsätzlich habe ich eine robuste Physis

Du bist 54 Jahre alt. Hat dein Körper nie gestreikt bei der Belastung?
Meine Frau hat neulich gesagt, dass ich es tatsächlich übertrieben hätte. Da hatte ich zwölf Matches in sechs Tagen gespielt und bin dann in so einer Recovery-Hose auf dem Sofa eingeschlafen. Sie meinte, dass es im Wohnzimmer eine lustige Geräuschkulisse gegeben hätte: das Blubbern der Kompressionshose und dazu mein Schnarchen, herrlich. Aber im Ernst: Ich hatte Gott sei Dank keine Verletzungen. Immer, wenn es zu extrem wurde und sich etwa in der Wade Schmerzen oder Krämpfe andeuteten, habe ich aufgehört. Grundsätzlich habe ich eine robuste Physis, weil ich früher viel Fußball gespielt habe. Und zur Not knetet mich auch mal ein Physiotherapeut durch, den ich privat gut kenne.

Hilft so eine Recovery-Hose wirklich?
Ich rede es mir zumindest ein. Es ist auf alle Fälle ein angenehmes Gefühl und am nächsten Tag ist der Muskelkater nicht ganz so schlimm.

Wie hat sich deine LK über das Jahr verändert?
Anfang des Jahres stand bei ich bei LK 5, jetzt bin ich bei LK 2,4.

Das LK-System bevorzugt Vielspieler. Kannst du das bestätigen?
Grundsätzlich ja. Wer mehr spielt, hat mehr Chancen zu punkten. Viele sagen mir allerdings, dass meine LK nur deswegen so gut sei, weil ich so viel spiele. Das stimmt aber so nicht, denn: Nur teilnehmen reicht nicht, man muss auch gewinnen, um an Punkte zu kommen. Es ist wie im Beruf: Wer mehr arbeitet, bekommt in der Regel auch mehr Geld.

Wie sehr nervt dich der Motivationsaufschlag?
Gar nicht! Ich bin froh, dass es ihn gibt, auch wenn die Begrifflichkeit komplett dämlich ist. Aber ohne den Motivationsaufschlag hätte ich eine LK im Einser-Bereich und das wäre nun wirklich Quatsch.

Jetzt noch weiter aufzusteigen, ist schon extrem schwer

Das heißt, du bist nun an deinem LK-Limit angekommen?
Mehr oder weniger. Je besser man wird, desto schwieriger wird es, noch relevante Punkte zu holen. So ist das LK-System konzipiert. In meinem Fall ist es so, dass ich erst einmal zwei Siege brauche, um überhaupt den Motivationsaufschlag zu egalisieren. Erst beim dritten Sieg punkte ich dann minimal. Jetzt noch weiter aufzusteigen, ist schon extrem schwer.

Braucht das LK-System Minuspunkte bei Niederlagen?
In erster Linie ist das ein Tool für den Breitensport. Wenn ein Herren-40-Spieler aus der Bezirksklasse 30 Kilometer fährt, 60 Euro auf den Tisch legt und zwei Matches knapp verliert, dann sollte man ihn nicht noch zusätzlich bestrafen. Der ärgert sich doch eh genug, weil er noch den Motivationsaufschlag abgezogen bekommt. Das ist ja eine Art Malus. Minuspunkte halte ich für nicht sinnvoll.

Was war deine schlimmste Niederlage in diesem Jahr?
Da kommen mir zwei Matches in den Sinn. Im Sommer habe ich eine Partie verloren, in der ich vier Matchbälle hatte. Das war so ein Match, das mir wieder einmal gezeigt hat, wie sehr Tennis Kopfsache ich. Ich hatte erst Matchbälle meines Gegners abgewehrt, einen Rückstand aufgeholt und dann gedacht, dass ich ihn im Sack hätte. Frei nach dem Motto: „Jetzt musst du den Ball nur noch zweimal reinspielen!“ Das ist aber meistens eine doofe Idee. Am Ende war alles umsonst, was ich vorher gemacht hatte. Da habe ich wieder etwas gelernt – nämlich: Matches muss man selbst zumachen. Wer auf die Fehler vom Gegner hofft, verliert meistens.

Und die zweite Niederlage?
War gegen einen Tischtennisspieler, einen sehr, sehr guten Tischtennisspieler. Seine Tennistechnik sah schlimm aus. Jeder Orthopäde hätte seinen Spaß gehabt, weil der so rumgehackt hat. Mit diesem unorthodoxen Stil konnte ich nichts anfangen. Ich habe glatt verloren, weil ich nicht wusste, was ich machen sollte.

Also selbst nach mehr als 200 Matches trifft man auf Spieler, die so spielen, wie kein anderer Gegner zuvor.
Ja, verrückt, aber so ist Tennis. Der kam um die Ecke und machte sofort vier, fünf Stoppbälle, die bei mir aufsprangen und wieder zurück in sein Feld flogen. Was willst du da machen?

Gefühlt ist es so, dass man fast nie einen Gesunden geschlagen hat

Und was war dein schönster Sieg?
Als ich Wolfgang Nonn, toller Spieler mit Dreier-LK, in Meerbusch bei krasser Hitze nach einem Drei-Stunden-Match mit allem Drum und Dran schlug. Da habe ich bis zum Schluss richtig gut gespielt und gewonnen. Das kommt nicht oft vor. Das Schöne dabei war, dass Wolfgang genau dasselbe Gefühl hatte. Am Netz sagte er mir zu mir: „Besser als heute kann ich nicht spielen, aber du hast noch besser gespielt!“ Das hört man in den höheren Altersklassen sehr selten. Viele, gegen die man gewinnt, haben oft Ausreden: der Rücken, die Schulter, der Fuß. Gefühlt ist es so, dass man fast nie einen Gesunden geschlagen hat.

Trainierst du bei deinem krassen Match-Pensum überhaupt?
Ja, weil das wichtig ist. Mein Trainer Patrice Hopfe, der auch schon einige Tennisprofis betreut hat, sagt immer: „Wenn du viele Matches spielst, verlierst du bei jedem Match deine Technik.“ Das heißt: Es schleichen sich immer wieder schlechte Angewohnheiten ein und du merkst, wie du technisch und spielerisch nachlässt. Ich lege deswegen regelmäßig Trainingseinheiten ein, damit vor allem meine Technik sauber bleibt.

Du hast nun also den deutschen LK-Rekord. Stehst du auch bald im Guinness Buch der Rekorde?
Das habe ich mich auch schon gefragt. Ich habe bereits recherchiert und keine passende Rubrik gefunden. Um das aber genauer zu wissen, habe ich den Verlag angeschrieben. Das kostet übrigens 25 Euro.

Damit man dein Anschreiben überhaupt liest?
Exakt. Ich habe aber noch keine Antwort bekommen – vier, fünf Wochen nach meiner Anfrage. Für eine schnellere Antwort hätte ich 300 Euro investieren zu müssen. Und am Ende kriegt man vermutlich sowieso eine Absage.

Willst du 2026 auch so viel spielen?
Nein, 2025 war eine Ausnahme. Natürlich werden meine Frau und ich regelmäßig Turniere spielen, weil uns das viel Spaß macht und wir dafür gerne Geld ausgeben. Aber 2026 werden es viel weniger Matches sein. Vielleicht spielen wir ein paar Ranglistenturniere, das haben wir bislang nicht gemacht. Das sind noch richtige Turniere mit Halbfinale und einem Endspiel. Da hätte ich mal Lust drauf.

Außerdem willst du doch auch an einem Buch über dein Tennisjahr 2025 schreiben.
Stimmt. Ich habe mir zu allen Matches Notizen gemacht. Meine Gedanken und Gefühle habe ich immer sofort aufgeschrieben, damit sie frisch bleiben. Mal schauen, was aus dem Projekt wird.