Iga Swiatek

Iga Swiatek triumphierte 2022 zum zweiten Mal beim Grand Slam-Turnier auf Asche.Bild: Getty Images

Iga Swiatek im Interview: „Meinen Spielstil habe ich von Nadal”

Mit dem Triumph bei den French Open wurde Iga Swiatek zur Volksheldin in Polen. Ein Gespräch über die Auswirkungen des Grand Slam-Titels, ihr großes Vorbild und ihren besonderen Spielstil.

Erschienen in der tennis MAGAZIN-Ausgabe 1-2/2021

Manche Interviewtermine sind schwierig zu koordinieren. Bei Iga Swiatek läuft alles recht flüssig. Am Abend vor den Gespräch mit tennis MAGAZIN meldet sich das Management der French Open-Siegerin. Ob für uns am nächsten Tag um 18:50 Uhr ein zehn bis 15-minütiges Telefoninterview möglich wäre? Selbstverständlich! Drei Minuten vor dem geplanten Interview leuchtet eine WhatsApp-Nachricht von Swiatek auf dem Smartphone auf. „Hey, hier ist Iga. Kann ich dich auf der Nummer in drei Minuten anrufen?“, fragt die 19-jährige Polin. Pünktlich um 18:50 Uhr ruft Swiatek dann an. „Ich habe leider nur zwölf Minuten Zeit“, sagt sie gleich zu Beginn. Anschließend hat sie einen weiteren ­Termin. Um ihren vollen Terminkalender nicht durcheinanderzuwirbeln, halten wir uns an die vorgegebene Zeit. 

Frau Swiatek, Sie sind die erste Grand Slam-Siegerin im Einzel aus Polen. Was ist in Ihrer Heimat passiert nach Ihrem Sieg bei den French Open? 

Es ist alles verrückt. Plötzlich bin ich berühmt hier in Polen. Jeder erkennt mich auf der Straße. Mein Leben hat sich völlig verändert. Ich brauchte einige Wochen, um mich an die neue Situation zu gewöhnen. Das Medieninteresse ist enorm. Ich finde, dass ich damit sehr gut zurechtkomme. Derzeit bin ich mittendrin in der Vorbereitung auf die neue Saison und bin wieder da, wo ich mich am wohlsten fühle – auf dem Platz. 

Sind Sie nun ein Superstar in Polen? 

Ich würde mich nicht als Superstar bezeichnen. Um einer zu werden, müsste ich einige Jahre an der Spitze stehen. Aber: Halb Polen hat das Finale bei den French Open geschaut. Ich habe auf jeden Fall viele neue Freunde in Polen gewonnen.  

Was war der beste Moment nach Ihrem Sieg bei den French Open? 

Als ich gewonnen habe, war ich in einem Schockzustand. Mir war nicht bewusst, dass ich eine Grand Slam-Siegerin bin. Als ich in den Urlaub an die polnische Ostseeküste fuhr, habe ich endlich begriffen, dass ich tatsächlich die French Open gewonnen habe. Das Schönste an dem Sieg ist die Tatsache, dass ich etwas erreicht habe, wovon ich so lange geträumt habe. Ich bin aber die gleiche bescheidene Person, die ich vorher auch war – mit den gleichen Träumen und Zielen. 

Was haben Sie sich als Belohnung für den French Open-Sieg gekauft? 

Nach dem Titel habe ich als erstes Quietscheentchen bestellt. Das ist recht ungewöhnlich. Es sollte ein witziges Geschenk für meine Teammitglieder sein, weil sie den gleichen Humor wie ich haben. Wir sammeln alle Quietscheentchen. 

Iga Swiatek

Iga Swiatek gewann 2020 sensationell die French Open.

Wie würden Sie Ihre Persönlichkeit beschreiben? 

Auf dem Platz bin ich aggressiv, stur und mag es zu dominieren. Im Leben bin ich ehrlich, geradeaus und versuche, ein positiver Mensch zu sein. 

Ihr Vater hat Ihnen den Rat gegeben, keine Mannschaftsdisziplin, sondern eine Einzelsportart zu betreiben. Warum? 

Mein Vater Tomasz war Ruderer und hat im Vierer-Boot an den Olympischen Spielen 1988 in Seoul teilgenommen. Manchmal hasste er es, dass er von anderen abhängig war. Auch wenn er alles gegeben hatte, verlor er teilweise Rennen, weil seine Teammitglieder nicht in der besten Verfassung waren. Deshalb wollte er, dass ich und meine Schwester Agata eine Einzelsportart ausüben und unser Schicksal in den eigenen Händen haben. 

Ihr Spielstil mit den harten Grundschlägen, vor allem die hohe Topspin-Vorhand, erinnert an Herrentennis. Schauen Sie viel Herrentennis und spielen Sie viel gegen Männer? 

Ich spiele viel mit Männern, da es auch nicht allzu viele Spielerinnen in Polen gibt. Dadurch kann ich mich schneller als Spielerin weiterentwickeln. Als ich jung war, habe ich nicht allzu viel Tennis geschaut. Der einzige Spieler, der mich fasziniert hat, war Rafael Nadal. Meinen Spielstil habe ich mir wohl von ihm abgeschaut. Ich mag es, mit viel Topspin auf die Bälle zu schlagen. Mein erster Trainer hat mir auch gesagt, dass es für ein Mädchen ungewöhnlich ist, mit Topspin zu spielen. Er hat mir geraten, mich darauf zu fokussieren, da es eines Tages eine große Stärke sein wird. 

Was ist so besonders an Rafael Nadal? 

Da ich ihn nun nicht nur als Spieler, sondern auch als Mensch etwas kenne, respektiere ich ihn noch mehr als Person. Er ist bescheiden und ist der gleiche Typ geblieben, der er vorher war, bevor er so viele Titel gewonnen hat. Als ich jung war, habe ich es geliebt, wie er aussieht und mit welcher Energie er spielt. 

Agnieszka Radwanska war der große Superstar im polnischen Tennis. Was haben Sie von ihr gelernt? 

Aga war nicht mein Idol, da ich wie gesagt hauptsächlich Herrentennis und Matches von Nadal geschaut habe. Sie war aber eine unglaubliche Inspiration für junge Spielerinnen aus Polen. Sie hat gezeigt, dass es möglich ist, auf dem höchsten Level zu spielen, auch wenn wir nicht das beste Fördersystem in unserem Land haben. Sie hat mit ihrer tollen Karriere bewiesen, dass man es auch alleine schaffen kann und es sich lohnt, dafür zu kämpfen.

Sind Sie besorgt, dass der French Open-Sieg ein One-Hit-Wonder bleiben könnte? 

Nein. Ich fokussiere mich darauf, weiter hart an mir zu arbeiten und so zu bleiben wie ich bin. Es ist klar, dass ich jetzt nicht die Überspielerin bin, nur weil ich ein Grand Slam-Turnier gewonnen habe. Ich weiß auch, dass einige Spielerinnen zu kämpfen hatten nach so einem großen Triumph. Ich habe in Rom in der ersten Runde verloren und anschließend die French Open gewonnen. Alles kann passieren. Ich denke, dass auch ich in den nächsten Wochen und Monaten mit Höhen und Tiefen zu kämpfen habe. Mein oberstes Ziel ist es aber, konstanter zu werden. Für 2021 ist die Devise, es in die Top 10 zu schaffen. Ich glaube auch ganz fest daran, dass ich bei allen vier Grand Slam-Turnieren siegen kann.

Vita Iga Swiatek

19 Jahre aus Warschau (Polen) hat eine ältere Schwester, Agata, durch die sie zum Tennis gekommen ist. Iga gewann 2018 die Juniorinnenkonkurrenz in Wimbledon und konzentriert sich seitdem auf ihre Profikarriere. Holte als am niedrigsten platzierte Spielerin (Platz 54) den Titel in Roland Garros. Der French Open-Triumph war gleichzeitig ihr erster Turniersieg auf der WTA-Tour. Sie wurde 2019 von den Fans zur zweitbeliebtesten Spielerin im Damencircuit gewählt.cheap air jordan 1 low | air jordan outlet reviews