2017 US Open Tennis Championships – Day 7

NEW YORK, NY - SEPTEMBER 03: Julia Goerges of Germany returns a shot in her women's singles fourth round match against Sloane Stephens of the United States on Day Seven of the 2017 US Open at the USTA Billie Jean King National Tennis Center on September 3, 2017 in the Flushing neighborhood of the Queens borough of New York City. (Photo by Matthew Stockman/Getty Images)

Julia Görges: „Man muss Neues zulassen können“

Julia Görges ist die neue Nummer eins im deutschen Damentennis. Durch ihren Erfolg beim Turnier in Moskau überholte die Fed Cup-Spielerin ihre Kollegin Angelique Kerber und steht nun auf Rang 18. Es ist der Lohn einer hervorragenden Saison, die noch nicht zu Ende ist. Görges nimmt an der WTA Elite Trophy im chinesischen Zhuhai teil (31.10 bis 5.11.). Dort sind Spielerinnen auf den Positionen 9 bis 20 im WTA Race spielberechtigt. tennis MAGAZIN sprach mit der Norddeutschen über ihr verändertes Spiel, den Trainerwechsel vor zwei Jahren und ihre Ziele.

Frau Görges, Sie spielen eine starke Saison, haben drei Endspiele erreicht und nun in Moskau ihren ersten Titel seit sechseinhalb Jahren gewonnen. Ist es das bisher beste Jahr ihrer Karriere?
Ich bin mit meiner Entwicklung sehr zufrieden und habe mich über die zwei Jahre mit meinem neuen Team enorm weiterentwickelt. Wenngleich noch immer viel Spielraum nach oben vorhanden ist. Es geht mir aber nicht darum, beste Deutsche zu sein. Ich möchte auf mich schauen. Es zählen nicht in erster Linie Titel, sondern dass ich Woche für Woche konstant mein Tennis spiele. Am Ende ist entscheidend, dass man eine Runde weiterkommt. Am nächsten Tag fragt keiner mehr, ob man schönes Tennis gespielt hat. Man muss einen Weg finden, die Matches zu gewinnen. Das habe ich in dieser Saison oft geschafft. Es ist schön zu sehen, dass ich mich in eine positive Richtung bewege.

Geschafft: Mit dem Sieg beim Kremlin Cup in Moskau sicherte sich Julia Görges erstmals seit 2011 wieder einen Titel auf der WTA-Tour.

Ist das ein Prozess über Jahre? Auch etwa Angelique Kerber erlebte einen Leistungssprung mit Ende 20.
Definitiv. Man kann seinen Körper nicht innerhalb von zwei Monaten auf ein komplett neues Level bringen. Das ist ein langsamer Prozess, der sich nach und nach einstellt und der verbunden ist mit der Erfahrung auf dem Court. Ich habe sieben Jahre die gleiche Stimme gehört (die von Ex-Coach Sascha Nensel, d. Red.), jetzt höre ich seit zwei Jahren die gleiche Stimme, aber ich höre sie anders. Dieser Schritt war wichtig in meiner Karriere. Ich hatte vorher Erfolg, aber ich wollte noch einmal etwas anderes entwickeln, weil ich glaube, dass ich noch nicht an meinem Limit angekommen bin. Deswegen bin ich sehr überzeugt von der Arbeit, die wir im Team mit Michael Geserer (Headcoach, d. Red.) und Florian Zitzelsberger (Physio und Fitnesstrainer, d. Red.) machen. Ich denke, die Ergebnisse und auch meine körperliche Entwicklung zeigen, dass das der richtige Weg ist.

Wie schwer fällt ein solcher Schritt aus einem jahrelang gewohnten Umfeld?
Ich glaube, dass man das eine Kapitel erst abschließen muss, um überhaupt etwas neues zulassen zu können. Das hat mich auch eine gewisse Zeit gekostet, weil man sich in einem gewissen Muster befindet. Es sind andere Ansätze. Das heißt aber nicht, dass das eine richtig und das andere falsch ist. Für mich war es einfach an der Zeit zu sagen: „Okay, ich möchte gerne noch einmal etwas anderes ausprobieren, weil ich glaube, dass noch viel in mir steckt“. Ich werde zwar 29, aber ich glaube mit guter physiotherapeutischer Betreuung kann man sehr gut noch viele Jahre spielen. Und wenn man Spaß daran hat, sollte man es auch tun. Glücklicherweise kann ich mich über meinen körperlichen Zustand nicht beklagen. Ich habe immer investiert, um mit einem Physiotherapeut zu reisen und ich glaube, das macht sich bezahlt.

„Ich möchte noch ein paar Jährchen dranhängen“

Wie lange möchten Sie noch spielen?
Vor Jahren habe ich einmal gesagt, dass ich bis 30 spielen möchte. Das muss ich revidieren, ich bin ja schon bald 29 (lacht). So wie ich jetzt zu meinem Beruf und meinem Sport stehe, sehe ich das inzwischen etwas anders und möchte noch ein paar Jährchen dranhängen.

Einige Spielerinnen arbeiten regelmäßig mit einem Mentalcoach. Machen Sie so etwas auch?
Sicherlich kommt das hier und dort in Betracht, aber ich glaube, dass auch sehr viel von einem selbst kommen muss. Ich habe damit in den letzten Jahren auch meine Erfahrungen gemacht, aber wichtig ist, dass mein Team hinter mir steht und mir das richtige „Mindset“ gibt. Zusammen kann man sehr viel bewirken. Das wiegt viel stärker als alles andere.

Besteht nicht die Gefahr, dass man sich irgendwann auf die Nerven geht?
Eigentlich nicht. Jeder hat genug Freiraum. In den USA war ich zum Beispiel in den ersten beiden Wochen mit meinem Hittingpartner Andreas Trägner unterwegs. Dann kam mein Coach Michael Geserer hinzu. Zuletzt in Moskau war Michael dann nicht dabei, sondern nur Florian. Es sind fliegende Wechsel sozusagen, bei denen man neuen Input bekommt. Wir haben da eine gute Balance gefunden.