Justin Engel

Klarer Blick: Justin Engel, Jahrgang 2007, gehört zu den größten Tennistalenten in Deutschland.Bild: Imago/Jürgen Hasenkopf

Justin Engel und Diego Dedura: Ein Anfang ist gemacht

Die beiden 17-jährigen Deutschen Justin Engel und Diego Dedura für Schlagzeilen. Unser Kolumnist Alexander Wanke mahnt: Man muss den beiden noch Zeit geben.

Zwei Neue auf der Tennislandkarte in Deutschland – das ist zunächst mal eine gute Nachricht. Wie Justin Engel und Diego Dedura bei den BMW Open in München performt haben, habe ich aus der Ferne beobachtet. Ich war mit einer meiner Spielerinnen in Madrid unterwegs. Aber ich verfolge logischerweise die Entwicklung von Justin und Diego schon länger.  

Bei aller Euphorie – und ja, für den Spruch zahle ich auch fünf Euro ins Phrasenschwein – müssen wir die Kirche im Dorf lassen und wollen keine Vorschusslorbeeren verteilen. Es stimmt, dass beide weltweit zu den Besten ihres Jahrgangs gehören. Diego, 2008 geboren, ist der erste Spieler seines Jahrgangs, der ein Match auf der ATP-Tour gewonnen hat – in München gegen Denis Shapovalov (nach Aufgabe). Das gleiche Kunststück schaffte Justin, Jahrgang 2007, letztes Jahr im kasachischen Almaty, gegen einen Spieler, der nicht in den Top 100 zu finden war.

Justin Engel und Diego Dedura: Keine Überflieger, sondern herausragende Talente

Man sollte aber nicht vergessen: In dem Alter hatten Alexander Zverev und Rudi Molleker schon Challenger gewonnen. Justin und Diego sind keine Überflieger, sondern herausragende Talente, die ihren Weg gehen werden.

Diego eifert seinem Idol Rafael Nadal nach. Er trainiert oft auf Mallorca, ist wie Rafa ein Leftie, und die Intensität auf dem Platz ist jetzt schon imponierend. Aber – und das ist kein Makel, weil er noch viel Zeit hat: Diego ist steifer als Rafa. Er kann nicht so viel Speed auf dem Unterarm generieren. Ihm fehlt auch die Lockerheit im Handgelenk. Was mir gefällt: Er ackert und fightet.

Diego Dedura

Diego Dedura, Jahrgang 2008, ist wie sein Vorbild Rafael Nadal Linkshänder.Bild: Imago/Jürgen Hasenkopf

Die treibende Kraft im Hintergrund ist Diegos Vater, ein Chilene, der Tennistrainer ist. Er weiß genau, dass es bisher alles nur Entwicklungsschritte sind. Man hat noch nichts geschafft. Als ich früher gegen Rafa spielte – er war 18 oder 19 – , kam ich 30-mal ans Netz und Rafa versuchte 30-mal, mit der Rückhand cross zu passieren. Sein ganzes Spiel hat sich über die Jahre massiv entwickelt, so einfach hätte er es mir Jahre später nicht mehr gemacht. Diese Entwicklung fehlt mir – nebenbei bemerkt – bei Alexander Zverev, denn er hat die gleichen Schwächen wie vor zehn Jahren.

Diegos Stärken sind sein Selbstbewusstsein, sein Glaube und sein Grit, wie die Amerikaner sagen. Er ist bissig, ist nicht tot zu kriegen. Logischerweise muss er noch viel athletischer werden.

Justin Engel: Starke Physis

Da ist Justin viel weiter. Im Kraftraum trainiert er jetzt schon wie ein gestandener Profi. Von der Physis wird er ein Tier werden. Ähnlich wie bei Diego ist der Vater die treibende Kraft. Beide Väter wissen das, was gerade passiert ist, einzuordnen. Von Schlagzeilen lassen sie sich nicht beeindrucken. Sie agieren beide mit Härte. Ihre Botschaft an Diego und Justin lautet: Ihr habt noch nichts erreicht.  

Noch ein Satz zu Diegos Jubel nach dem Sieg gegen Shapovalov: Roger, Rafa oder Novak hätten sich nie auf den Boden gelegt, sofern das Turnier nicht vorbei ist. So kam es dann auch zum 1:6, 1:6 gegen Zizou Bergs. Ich hoffe er lernt daraus und wird vom Talent zum gestandenen Profi, der regelmäßig bei den Grand Slams ein Wörtchen mitreden kann.