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Mail aus Paris: Die verrückte Story von Lucky Loser Trungelliti

Zum ersten Mal in der Geschichte gibt es bei einem Grand Slam-Turnier acht Lucky Loser bei den Herren – völlig absurd. Eine Randgeschichte, die sich in Roland Garros zur großen Story mausert. Die Hauptdarsteller: der Deutsche Oscar Otte, der Inder Prajnesh Gunneswaran – aber vor allem der Argentinier Marco Trungelliti, der Sonntag noch in Barcelona weilte und den heute die komplette Tenniswelt kennt.

Alexander Waske sitzt an einem Tisch auf einer Holzterrasse. Menschenmassen strömen vorbei. Rechts befindet sich der Court Philippe Chatrier, links das neue Village mit seiner futuristischen Holzkonstruktion. Waske baumelt eine Akkredierung um den Hals, auf der „Last Eight Club“ steht. Seit er im Doppel das Viertelfinale in Paris erreicht hat, gehört er zu diesem erlauchten Kreis.

Alexander Waske? Genau, der Ex-Profi und aktuelle Chef der Waske Tennis Academy in Offenbach. In Paris hat er Termine. Und: Er ist irgendwie beteiligt an einer Story, die in Paris Wellen schlägt. Eine schräge Show. Stichwort Lucky Loser. Acht dieser „glücklichen Verlierer“ gibt beziehungsweise gab es dieses Jahr in Paris. So viele wie noch nie, ein merkwürdiger Rekord.

Wahrscheinlich wäre er nicht möglich, wenn sich das Regelwerk der ITF nicht geändert hätte. Die Kurzversion der Änderung: Zieht ein sogenannter Main Draw-Spieler nach der Auslosung aus dem Turnier und die 16 Qualifikanten stehen schon fest, rückt ein Lucky Loser nach. Entscheidend dabei ist für diese Verlierer der letzten Quali-Runde die Weltrangliste. Heißt: Je besser sie platziert sind, desto größer ist die Chance, dass sie ins Hauptfeld einziehen. Und jetzt das Neue: Sie teilen sich das Erstrundenpreisgeld mit den Hauptfeldspielern, die nicht antreten. Für Paris bedeutet das: Die insgesamt 40.000 Euro Gage für die erste Runde werden durch zwei dividiert – jeder bekommt 20.000.

In Paris 2018 sieht das Feld bei den Herren somit so aus: Von den 104 direkt Qualifizierten haben acht Spieler wegen Verletzung nach der Auslosung kurzfristig zurückgezogen – macht nur noch 96. Dazu kommen 16 Qualifikanten, acht Wildcards und noch einmal acht Lucky Loser. Ergibt zusammen 128.

Mischa Zverev macht unfreiwillig Lucky Loser glücklich

Acht Lucky Loser! Wenn nicht alles täuscht, liegt die Zahl zum einen an der Regeländerung. Zum anderen an Mischa Zverev. Weil Zverev in Melbourne verletzt war, trotzdem antrat und nach dem ersten Satz aufgab, wurde er hart bestraft. Es wurde sozusagen ein Exempel statuiert. Die Erstrundengage war wieder futsch. Egal, ob man Zverev Recht oder Unrecht tat – das abschreckende Beispiel war insofern wirkungsvoll, weil – so die ITF – nicht der Eindruck entstehen darf, dass ein verletzter Spieler nur antritt, um sich das üppige Erstrundenpreisgeld zu sichern.

In Paris jedenfalls entstand ein ziemliches Chaos. Die Lucky Loser schienen auszugehen. Als die Veranstalter am Sonntag den Spielplan für Montag online stellten, stand der Gegner für Bernard Tomic noch nicht einmal fest, obwohl der bereits zweite Spieltag bevorstand.

Waskes „unlucky Loser“

Und jetzt kommt Waske ins Spiel. Ein Spieler seiner Akademie stand ganz oben auf dem Zettel als Nachrücker, der Inder Prajnesh Gunneswaran, die Nummer 183 der Weltrangliste. Als Gunneswaran in Absprache mit Waske Paris verließ, standen vier Lucky Loser fest. Die Wahrscheinlichkeit, dass er aufgerückt wäre, war verschwindend gering. Also flog er nach Italien zum Challenger nach Vincenza. Dass er doch im Paris-Hauptfeld stand, erfuhr er auf der Reise. Nach Paris zurückzukehren – dafür war es zu spät. Er war jetzt fest fürs italienische Challenger angemeldet. „Ein unlucky loser“, sagt Waske.

Der Mehr-als-lucky-loser heißt Marco Trungelliti, Argentinier, Nummer 190 der Welt. Der 28-Jährige weilte, als ihn die Nachricht ereilte, dass er jetzt dran sei, in Barcelona. Seine Story kann man im Netz rauf und runter lesen. Deshalb nur die Kurzfassung: Mama Suzanna und die fast 89-jährige Oma Daphne besuchten ihn in seiner zweiten Heimat Spanien, wollten Urlaub machen. Trungelliti hatte erst Zeit für sie, aber dann logischerweise nicht mehr. Mit Mama, Oma und Bruder Andre ging es im Auto wieder nach Paris.

French Open: Trungelliti sorgt schon jetzt für die Story

Kurz vor Mitternacht, nach zehn Stunden Autofahrt war er da – voilà – , schlief fünf Stunden, war um 7.30 Uhr auf der Anlage, trat dann (Montag) um 11 Uhr gegen Tomic an und besiegte den Australier in vier Sätzen.

Um 16.20 Uhr sitzt Trungelliti im proppevollen Interviewraum eins im Stade Roland Garros. Typ Surfer, lockiges Haar, Acht-Tage-Bart. Die Augen glänzen, als er von seiner Odyssee erzählt, die ihn ins Zentrum der Berichterstattung katapultiert. Wie er fünf Minuten überlegte, für Paris zuzusagen. Wie er dann seine Sachen packte und die Oma, die unter der Dusche stand, mit ins Auto verlud. Wie er eigentlich mit Strand geplant hatte.

„Oma ist wichtig, auch wenn sie keine Ahnung von Tennis hat“, sagt der Argentinier und grinst. Wie er sich die Zeit im Auto vertrieben hat? Mit Singen und Kaffee trinken. Ach ja: 1.000 Kilometer in Europa fahren, sei kein Problem. „Das machen Argentinier ständig, wenn sie nicht in Buenos Aires leben.“ In Argentinien sei man froh, wenn man zwei Stunden auf der Straße überlebt. Gelächter im großen Interviewraum. Der nächste Gegner: Marco Cecchinato aus Italien, die Nummer 72 der Welt. Warum sollte die wunderbare Reise des Senor Trungelliti nicht weitergehen? Immerhin schlug er Marin Cilic vor zwei Jahren in Paris.

Lucky Loser – es gab noch einen aus deutscher Sicht interessanten glücklichen Verlierer: Oscar Otte, Kölner, mittlerweile mit eigener Wohnung in der hippen Südstadt. 24 Jahre, Nummer 156 der Welt. Zum ersten Mal in seiner Karriere stand er im Hauptfeld eines Grand Slam-Turniers. Aber für Otte war leider schon am Sonntag Schluss – Viersatzniederlage gegen den Italiener Matteo Berrettini. Dabei sah es nach gewonnenem ersten Satz gar nicht so schlecht aus für den Deutschen Meister von 2015.

Otte kann locker mit 220 km/h servieren. Nur: In den Sätzen drei und vier kam der Aufschlag nicht mehr. Und so verlor er. Klar war Otte enttäuscht. Andererseits: Der 1,96-Meter-Mann sieht sich auf dem richtigen Weg, hat seine Ernährung umgestellt, Gluten und Milch stark eingeschränkt. Er trainiert professioneller – mittlerweile in Mülheim an der Ruhr in der Akademie der in der Szene bekannten Moraing-Brüder. Mit zu seinem Team gehört auch der Neffe seiner Förderer – Mats Moraing (25). „Vor eineinhalb Jahren hat es Klick gemacht“, sagt Otte. Die Folge: Sprung um rund 300 Weltranglistenplätze nach vorne durch gute Resultate bei Future-Turnieren und Challengern.

Ach ja: Zu seinem bisherigen Preisgeld von 29.000 Dollar kamen in Paris 40.000 Euro dazu. Der Grund: Die 20.000/20.000-Regel galt bei ihm nicht. Seine Teilnahme stand vor der Deadline fest. Glücklicher Oscar.

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