Andreas Mies

Wo geht der Weg hin? Die Situation ist aktuell diffus für Andreas Mies, der im Ranking nur noch die Nummer 213 ist. Bild: Dirk Loerper

Zurück auf die große Tour

Diesmal in eigener Sache. Nach seinem Absturz in der Weltrangliste kann unser Kolumnist Andreas Mies nicht zur Tagesordnung übergehen. So geht er mit der Krise um.

Wahrheiten auszusprechen fällt oft nicht leicht. Und meine Wahrheit ist – und da bin ich ehrlich mit meinen Fans und den Lesern dieser Kolumne: Es läuft nicht optimal. Ich bin in einer schwierigen Phase. Zugespitzt formuliert: Ich bin in einer sportlichen Krise. Das ist die realistische Beschreibung der Situation in dieser weit fortgeschrittenen Saison. Im Tennis spiegeln die Zahlen den Zustand exakt wider.

Meine Ranglistenposition Ende September 2025: 213. Schlechter stand ich zuletzt vor mehr als zehn Jahren da. Meine schönste Zeit war zwischen 2019 und 2024 – ich stand mit Rang acht in der Weltspitze, gewann zwei Roland Garros-Titel. Soweit die Bestandsaufnahme.

Krisen kennt jeder. Wie man damit umgeht, dafür gibt es etliche Ratgeber. Am Ende muss jeder seinen eigenen Weg finden. Ich bin jemand, der grundsätzlich optimistisch ist. Ich versinke nicht im Selbstmitleid. Ich denke positiv. Aber ich gebe auch zu, dass mir das nicht immer leichtfällt. Manchmal braucht man Hilfe von außen. Seit Anfang 2024 arbeite ich mit einem Mentaltrainer, einem bekannten Sportpsychologen, zusammen. Entweder wir treffen uns, telefonieren oder ­verabreden uns für Video-Calls.  

Ich brauche einen stabilen festen Partner

Worum geht es dabei? Vor allem: sich Ziele zu setzen. Für mich ist klar, dass ich nicht den Rest meiner ­Karriere Challenger spielen will. Ich will zurück auf die große Tour. Ich will wieder angreifen. Für die Grand Slams brauche ich einen Ranglistenplatz um die 70. Mit einem kombinierten Ranking von 140 kommt man rein. Für die Masters 1000 müsste ich Top 30 sein. Mein Ziel ist es 250er, 500er und die Grand Slams zu spielen. Ob ich es dann auch in die Masters schaffe, wird sich zeigen.

Mit wem erreiche ich die Ziele? Seit der Trennung von Kevin Krawietz gab es zu viele Partnerwechsel, vor allem 2025. Das ist ein Grund für den Absturz im Ranking. Ich brauche einen stabilen festen Partner, mit dem ich etwas aufbaue. Entschieden habe ich mich für Patrick Zahraj. Die Auftritte mit ihm in Hamburg und in der Qualifikation von Halle waren vielversprechend.

Wichtig ist für mich, dass ich mit ­zunehmendem Alter noch besser an meiner körperlichen Fitness arbeite und auf ausreichend Regeneration achte. Nach drei bis vier Wochen auf Turnieren brauche ich eine Woche Turnierpause. In der Zeit konzentriere ich mich auf gezieltes Kraft- und Stabilitätstraining. Einen Physio mit auf die Tour zu nehmen und damit noch einmal in die Karriere zu investieren, ist ebenfalls wichtig. 

Ich muss den Spaß zurückgewinnen

Anfang des Jahres gerieten meine Basics aus der Balance, die ich allmählich wieder in den Griff bekomme: Mein Schlaf war nicht optimal, was automatisch meine Disziplin geschwächt hat. Die Qualität meines Trainings und meiner Ernährung litten darunter. Natürlich darf es vereinzelt Nächte geben, in denen man mal schlechter schläft. Dann muss man eben trotzdem sein Bestes an dem Tag geben. Aber ohne einen gesunden Schlafrhythmus fehlt eine der tragenden Säulen für Erfolg in allen Bereichen.

Das vielleicht Wichtigste: Ich muss den Spaß zurückgewinnen. Blödsinn im Training machen, kreative Elemente einbauen. Wie bedeutend der mentale Aspekt ist, sieht man bei Alcaraz, der zwei Matchbälle im US Open-Finale gegen Sinner nicht nutzt und trotzdem lacht. Er lacht die Angst weg. Bublik, der wieder richtig gut spielt, nimmt sich einfach eine Auszeit in Las Vegas. Mir haben Visualisierungsübungen und Videos geholfen. Wie ich in meinen besten Matches gespielt habe. Da will ich wieder hin!