Martina Hingis (r.) darf weiter von Gold träumen

Story: Die geduldige Frau Hingis

Die Geschichte der verpassten Olympiaden erzählt die Geschichte der Tennisspielerin Martina Hingis. 2000, in Sydney, wäre sie die große Favoritin auf Gold gewesen; fünf Grand Slams im Einzel und sieben im Doppel hatte sie bereits gewonnen, führte seit drei Jahren die Weltrangliste an. Doch Hingis verzichtete, wollte sich schonen. Schon damals, mit 19 Jahren, meldete sich ihr Körper und forderte Ablass für die Jahre der Tortur. Ihre Füße machten Probleme, sie schmerzten unter der Last, die ein Mädchen in der Welt der Tennisdamen zu tragen hatte.

2004 verfolgte sie Olympia in Athen vor dem Fernsehgerät, das chronische Leid hatte sie im Vorjahr in den Ruhestand gezwungen. Doch bereits 2005 startete sie ein Comeback, schaffte es wieder unter die besten Zehn der Welt. Den Weg zurück nach ganz oben blockierten die schmerzende Hüfte, der lädierte Rücken. Und ein positiver Dopingtest: Kokain, in Wimbledon 2007. Die Schweizerin bestritt die Einnahme, verzichtete aber auf eine Fortsetzung ihrer Karriere – sie habe keine Lust auf eine juristische Auseinandersetzung mit dem Verband, so ihre offizielle Version. Dieser sperrte sie dennoch für zwei Jahre, auch für Olympia 2008 in Peking. Als vier Jahre später die Spiele in London starteten, war Hingis aus dem Tenniszirkus verschwunden.

Racket als Konstante

Schlagzeilen machte sie dennoch, abseits des Centre Courts. Hingis blieb rastlos, ihr Leben ein steter Wandel. Beziehungen gingen zu Bruch, privat wie beruflich. Die Verlobung mit Tenniskollege Radek Stepanek wurde annulliert, die Ehe mit Springreiter Thibault Hutin hielt zwei Jahre – bis dieser behauptete, Hingis und ihre Mutter hätten ihn geschlagen. Hingis wechselte Liebhaber, Trainer, Kolleginnen. Das einzige, von dem sie sich nie trennen konnte, ist der Tennissport. Die weißen Linien, die im rechten Winkel das Feld begrenzen – gleich, ob in Zürich oder Tokio – es scheinen die einzigen Konstanten ihres Lebens. Ihre Schläger dienen nicht allein dem Return des gelben Filzballes, sondern geben Martina Hingis auch das, was ihr im Leben oft zu fehlen schien: Halt.

2013 folgte das nächste Comeback, im Doppel und Mixed hat sie seitdem sieben weitere Grand Slams gewonnen. Wer sie heute auf dem Platz sieht, kann sich die Krankenakte der Martina Hingis schwer vorstellen, sie hüpft leicht über den Platz, schlägt hart, reagiert blitzschnell. Und könnte nun, mit Timea Bascinszky an ihrer Seite, ihrer wechselhaften Karriere den vielleicht letzten großen Titel hinzufügen.

Die Chance auf eine Medaille wirkte noch vor wenigen Tagen klein. Ihr vorgesehener Mixed-Partner Roger Federer musste die Brasilien-Reise verletzungsbedingt absagen, wenig später folgte auch ihre geplante Doppelpartnerin Belinda Bencic. Hingis nahm es gelassen: „Die Situation ist nun mal so. Ich habe aufgehört, irgendetwas zu planen in meiner Karriere.“

Hingis lebt im Moment. Nach dem Sieg am Donnerstag fragte sie die Schweizer Pressevertreter, wer denn nun im Halbfinale warte – sie habe sich den Spielplan nicht angeschaut. Die Journalisten mussten sie vertrösten, die Gegnerinnen stünde noch nicht fest. Martina Hingis zuckte lächelnd mit den Achseln. „Dann schauen wir mal.“ Warten kann sie.

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