Novak Djokovic

DUBAI, UNITED ARAB EMIRATES - FEBRUARY 28: Novak Djokovic of Serbia plays a forehand during his men's semi final match against Gael Monfils of France on Day 12 of the Dubai Duty Free Tennis at Dubai Duty Free Tennis Stadium on February 28, 2020 in Dubai, United Arab Emirates (Photo by Tom Dulat/Getty Images)Bild: Getty Images

Tennis und die Entdeckung der Langsamkeit

Im Tennis der heutigen Zeit dominieren die schnellen, brachialen und harten Schläge. Weshalb auch langsamere Schläge im Tennis Erfolg haben. 

Im Tennis der heutigen Zeit dominieren die schnellen, brachialen und harten Schläge. Je härter, desto besser. Und diese werden auch gelehrt, frei nach dem Motto, je schneller desto besser. Auch gesellschaftlich muss es heutzutage immer größer, schneller weiter gehen. Stan Nadolny schickte in seinem preisgekrönten Bestseller „Die Entdeckung der Langsamkeit“ John Franklin auf die Reise, den langsamen Helden seines Romans. Ich möchte mich heute mit der Geschwindigkeit im Spitzentennis beschäftigen und aufzeigen, weshalb auch langsamere Schläge Erfolg bringen können. Wir alle sind begeistert von Kyrgios, del Potros oder Verdascos harten und brachialen Schlägen.

Die Big Three nutzen das Tempo der Gegner

Schaut man sich das Video an, fällt auf, dass Djokovic und Nadal überhaupt nicht auftauchen. Auch in anderen ähnlichen Videos sind die Big Three um Federer, Djokovic und Nadal eher unterrepräsentiert. Woran liegt das? Alle drei und auch ein Spieler wie Murray bauen ihr Spiel eher strategisch auf, nutzen das Tempo der Gegenspieler, vermeiden eigene Fehler und achten sehr auf Präzision. Djokovic neutralisiert vor allem durch einen fantastischen Return, spielt extrem solide, hält den Gegner auf Distanz und zieht erst dann an, wenn er eine vernünftige Position hat. Dann aber ist es oftmals gar nicht mehr nötig, den Ball knallhart zu schlagen und ein normaler, schneller kontrollierter Schlag ist ausreichend.

Auch nimmt Djokovic die Bälle sehr früh und baut allein über seine Positionierung viel Druck auf. Dasselbe tut auch Federer. Er nimmt die Bälle früh, oftmals gar als Halbvolley von der Grundlinie und lässt sich nicht zurückdrängen. Zudem verfügt Federer über eine ausgezeichnete Transition, also er bewerkstelligt den Übergang zum Netz hervorragend. Nadal wiederum steht zwar etwas weiter hinter der Grundlinie, penetriert seine Gegner jedoch da immer wieder mit hoch abspringenden Topspinbällen. Vermehrt streut er die letzten Jahre auch den Slice ein, um den Gegner zu tiefen Bällen zu zwingen. Auch Federer spielt gerne und häufiger Slice. Erfreulich ist im Übrigen auch, dass auch die Frontfrau bei den Damen, Ashleigh Barty den Slice sehr oft einsetzt.

Wirklich langsam spielen Federer, Djokovic und Nadal natürlich nicht. Sie sind viel mehr in der Lage das Tempo zu variieren und lassen sich selten dazu hinreißen, hyperschnell zu spielen.

Welche Gefahren lauern bei langsameren Schlägen? Und weshalb wollen alle immer nur schnell spielen?

Die Gefahren bei langsamen Bällen sind, dass der Gegner mehr Zeit hat, sich in Position zu bringen. Ist der Ball langsam und ungenau, entwickelt dieser sich zum Eigentor. Vor allem dann, wenn er noch angenehm abspringt. Deshalb wollen viele Spieler, schnelle Bälle immerzu schnell beantworten, weil sie Angst haben, der Gegner könnte sich gut stellen und mit einem direkten Schlag punkten. Aber das Risiko harter Schläge ist natürlich auch um einiges höher.

Was ist bei langsamen Bällen zu beachten?

Langsame Bälle sollten unbedingt gut platziert sein. Ein Slice zum Beispiel sollte vor allem tief sein und flach abspringen, damit der Gegner nicht gut unter den Ball kommt. Dies sorgt dann dafür, dass der Gegenspieler den Ball anheben muss und oftmals kann er auf einen guten, tiefen Slice nicht den gewohnten Druck machen. Auch ein mittelhoher oder gar hoher Topspin ist weit langsamer, als ein gerader, flacher Ball. Aber mit guter Länge geschlagen, ist man mit einem hoch abspringenden Topspin nur schwer angreifbar. Das Hauptziel langsamerer Bälle ist, das Spiel zu neutralisieren und zunächst einmal Tempo aus dem Spiel zu nehmen.

Wann sind langsame Bälle sinnvoll?

In der Offensive sollte man nicht versuchen, langsam zu spielen, vielleicht mit Ausnahme des Stopps. Aber ist der Ballwechsel ausgeglichen, ist es durchaus sinnvoll, nicht immer volles Tempo zu geben, sondern auch mal einen Slice einzustreuen oder einen etwas dosierteren Ball mit etwas mehr Spin zu spielen. Gerade Tempowechsel sind etwas, mit denen viele Spieler, vor allem junge Spieler, durchaus Probleme haben. Auch hier sind die Big Three meisterlich unterwegs. Tempo raus mit dem Slice, der Gegner spielt mittelschnell zurück und dann wird angezogen und das Gaspedal voll durchgedrückt. Auch ist es möglich, den Gegner mit langsamen Bällen „einzuschläfern“ und dann plötzlich zum Netz zu stürmen. Hier war „Magier“ Fabrice Santoro der Meister aller Klassen.

Am besten zur Geltung kommen aber langsame Schläge in der Defensive. Denn in der Defensive spielt die Platzabdeckung eine sehr wichtige Rolle. Und je schneller man spielt, desto weniger Zeit hat man, wieder in die optimale Position zu kommen.

Im Video sieht man einerseits, dass nun Federer, Djokovic und Nadal sehr häufig vorkommen, andererseits aber auch, dass Verteidigungsbälle oftmals als Slice oder einfach als hoher, langer, langsamer Ball gespielt werden. Das Hauptziel ist es, im Ballwechsel zu bleiben und wieder eine bessere Position zu erreichen, aus der man offensiv agieren kann.

Fazit

Das moderne Tennis wird immer athletischer und schneller. Mit dauerhaft defensivem Spiel und langsamen Schlägen gewinnt man heutzutage keinen Blumentopf mehr. Allerdings ist bedingungslose Offensive für die meisten Spieler auch nicht sehr sinnvoll. Auf dem Profilevel der ATP-Tour verfügen alle Spieler über einen mehr oder weniger guten Aufschlag und zumeist harte Schläge. Die Spreu vom Weizen trennt sich jedoch einerseits beim Return und andererseits beim Defensivspiel beziehungsweise dem Umschaltspiel zwischen Defensive und Offensive.

Hier sind die Topspieler der letzten Dekade mit Federer, Nadal und Djokovic noch immer einsame Spitze. Viele der jüngeren Spieler hingegen haben gerade in diesen Bereichen Defizite, verteidigen nicht ganz so gut wie die älteren Spitzenspieler und agieren in der Defensive mit zu schnellen Schlägen. Auch Tempowechsel beherrschen die Big Three deutlich besser als die nachfolgenden Generationen. Eine lobende Ausnahme ist hier mit Sicherheit Daniil Medvedev, der sein Spiel sehr gut mixt.

Text: Philipp Heger

Philipp Heger ist staatlich geprüfter Tennislehrer und und DTB-B-Trainer. Derzeit arbeitet er als Trainer beim Ski Club Ettlingen und dem TB Gaggenau. Im Jahr 2019 hat er das Buch „Taktik im Tennis” im Neuer Sportverlag veröffentlicht.

Taktik im Tennis

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