ATP World Tour 250 MercedesCup

STUTTGART, GERMANY - JUNE 13: Dominic Thiem of Austria poses with the trophy after the final match againts Philipp Kohlschreiber of Germany on day 10 of Mercedes Cup 2016 on June 13, 2016 in Stuttgart, Germany. (Photo by Deniz Calagan/Bongarts/Getty Images )

Dominic Thiem: Was er den Deutschen voraus hat

Advantage Thiem – Warum Dominic Thiem schafft, was deutsche Spieler in den letzten Jahren nicht geschafft haben. Unser Experte nennt drei Faktoren.

Dominic Thiem ist derzeit in aller Munde. Der wohl beste österreichische Tennisspieler, den es seit Thomas Muster gegeben hat, sorgt bereits jetzt mit seinen 22 Jahren auf der ATP-Tour für Furore. Mit 16 Jahren trainierte Thiem das erste Mal mit Roger Federer. Jetzt, sechs Jahre später, steht er auf Platz sieben der Weltrangliste und spielt somit in der absoluten Weltspitze. Ende 2012 stand Thiem noch auf Position 309 im ATP Ranking. Vor allem in Deutschland reibt sich der Beobachter der Szene verwundert die Augen und fragt sich: Wie macht der Junge das? Thiem gelingt, was seit Boris Becker in Deutschland nur wenigen deutschen Spielern gelungen ist.

Thiems Schlüssel zum Erfolg gehen weit über die üblichen Faktoren wie Talent, Fleiß oder mentale Stärke hinaus. Er ist kein einfacher Tennisspieler – er ist ein Tennis-Unternehmer. Er steht an der Spitze einer exzellent gemanagten Firma, die jeden Karriereschritt strategisch plant. Sein Weg zeigt, dass es auf dem Weg in die Weltspitze um weit mehr geht, als einen guten Trainer zu haben, mit dem man fleißig Bälle schlägt und Gewichte stemmt. Thiem beherzigt zentrale Erfolgsfaktoren, denen gerade auch die deutsche Konkurrenz in den letzten Jahren nicht die entsprechende Beachtung geschenkt hat. Von diesen Erfolgsschlüsseln gibt es mehrere. Sehen wir uns die drei Wichtigsten an:

Erfolgsschlüssel Nr. 1: Spezialisten-Team
Keiner gewinnt alleine – schon gar nicht im Spitzensport. Wer es in die Weltspitze schaffen will, braucht ein Expertenteam um sich herum. Soweit nichts Neues. Der Punkt jedoch ist: Experte ist nicht gleich Experte. Gerade im Tennis gibt es viele Leute, die man als Experten bezeichnen könnte. Doch hier gibt es extreme Unterschiede in der Qualität und vor allem auch in der Spezifikation. Nehmen wir ein Beispiel:

Es ist hinlänglich bekannt, dass Tennisprofis gut beraten sind, eng mit Physiotherapeuten oder Fitnesscoaches zusammenzuarbeiten. Doch hier gibt es massive Unterschiede. Während Durchschnittsprofis oftmals mit Durchschnittscoaches arbeiten, die ein gutes Allgemeinwissen besitzen, hat man im Team Dominic Thiem beschlossen, nur mit Leuten mit absolutem Spezialwissen zu kooperieren. Thiems Erfolgscoach, Günter Bresnik (selbst einer der besten Tenniscoaches der Welt), setzte zwei Jahre lang alles daran, um Alex Stober, einen der weltbesten Physiotherapeuten, für das Team des jungen Österreichers zu gewinnen. „Zwei Jahre lang bin ich ihm hinterher gelaufen“ sagt Bresnik, der Stober bereits seit langer Zeit gut kennt. Ende 2015 war es dann endlich soweit: Stober sagte zu und arbeitet seitdem intensiv mit Thiem. O-Ton von Coach Bresnik: „Für Dominic einen durchschnittlichen Physiotherapeuten zu nehmen, war keine Option. Alex ist ein Spezialist für Tennis.“

Genau hier liegt der Erfolgsschlüssel: Spezialisten brauchen Spezialisten. Gerade im Tennis gibt es sehr spezifische Verletzungsbilder und körperliche Belastungsmuster, wie etwa der Belagswechsel während der Saison. Darauf muss ein Topspieler körperlich vorbereitet und betreut werden. Diese speziellen Kenntnisse besitzen „normale“ Physiotherapeuten oder Fitnesstrainer nicht. Wie sollen sie auch? Stober arbeitete in seiner Karriere bereits mit Größen wie Sampras, Stich und Agassi. Eine klare Erfolgsregel lautet: Wer einer der Größten in seinem Bereich werden will, muss mit Spezialisten zusammenarbeiten, die die Größten in ihrem Bereich sind. Thiem sagt heute selbst: „Im physischen Bereich habe ich mich am meisten verbessert. Ich denke, dass ich da mittlerweile zu den Topleuten gehöre.“ Man sieht: Stober leistet ganze Arbeit und stärkt Thiem – übrigens nicht nur physisch. Denn ganz nebenbei bemerkt: Psychische Stärke entsteht zu 80 Prozent durch physische Stärke.

2016 French Open - Day Seven