2022 French Open – Day Thirteen

SCHOCKMOMENT: Im Halbfinale von Paris gegen Rafael Nadal knickte Alexander Zverev um und riss sich alle Außenbänder im rechten Fuß.

Medizin: „Zverev wird seinem Sprunggelenk wieder vertrauen“

Alexander Zverev riss sich in Paris alle Außenbänder im rechten Sprunggelenk und ließ sich danach operieren. Experte Johannes Holz, Sportmediziner und Orthopäde im OrthoCentrum Hamburg, beantwortet die wichtigsten Fragen zu Zverevs Verletzung.

Interview: Gabriele Hellwig

Alexander Zverev ließ seinen Bänderriss operieren. Ist das der Regelfall bei ­solch schwerwiegenden Verletzungen?
Nein. Eine Operation ist bei einem Bänderriss nur selten notwendig. In der Regel ist es so, dass man bei einer frischen Außenbandverletzung meistens konservativ therapiert, um die ausreichende Stabilität wieder zu gewährleisten. Hier reichen im Grunde Funktions-Tapeverbände und ein physiotherapeutisches Programm. Eine Operation kann aber dann sinnvoll sein, wenn mehrere Bänder verletzt sind und das Gelenk sehr instabil ist. Im Fall von Alexander Zverev lag eine dreifache Bandverletzung vor – also alle drei Bänder des Außenknöchels waren gerissen. Daraus resultiert eine ausgeprägte Instabilität, die mit hochprofessionellem Tennis nicht zu vereinbaren ist, sodass man sich zu einer Operation entschlossen hat.

Sprunggelenk: Sechs Wochen nach der OP kann man die Belastung steigern

Wie läuft so eine OP ab? 
Es stehen mehrere OP-Techniken für eine solche Bandrekonstruktion, auch Band­plastik genannt, zur Verfügung. Die Bandverhältnisse müssen nach möglichst anatomischer Vorgabe wiederhergestellt werden, damit ein physiologisches Gelenkspiel im oberen, aber auch unteren Sprunggelenk erhalten wird. Wenn möglich, verwendet der Arzt dazu das vorhandene Bandmaterial, was gewöhnlich bei einer frischen Verletzung der Fall sein sollte. Hier rafft man die überdehnten und losen Bänder wieder, sodass man es mit Nahtmaterialien oder auch Nahtankern stabilisieren kann. Sowohl bei hochgradigen Instabilitäten als auch bei chronischen Verletzungen kann es notwendig sein, Ersatzgewebe zu verwenden. Hierfür kann man eigenes Sehnengewebe, zum Beispiel die Sehne des kurzen Fußaußenrandhebers, nehmen. Damit erzielt man eine sehr gute Festigkeit. Bei dieser OP-Methode wird das verwendete Sehnenmaterial durch Bohrkanäle im Außenknöchel und im Sprungbein gezogen und so vernäht.

Was sind die typischen Reha-Maß­nahmen im Anschluss an die OP? 
Jede Bandplastik muss zunächst in Ruhe ausheilen. Daher ist eine Ruhigstellung in einem Spezialschuh oder Stiefel, dem „Walker“, notwendig: für etwa vier Wochen, gefolgt von Physiotherapie. In dieser Zeit kann man natürlich auch Lymphdrainage und passives Bewegungstraining des Sprunggelenks im eingeschränkten Rahmen durchführen. In der Regel empfehlen wir für diesen Zeitraum auch eine Entlastung an Krücken, die man für mindestens zwei Wochen im Alltag nutzen sollte. Sechs Wochen nach der OP kann man dann die Belastung steigern. Natürlich in Abstimmung mit dem Orthopäden. Zunächst über eine Teilbelastung, sodass man dann spätestens nach drei Monaten die Vollbelastung erreicht. 

Keine Langzeitschäden zu erwarten

Wie sieht das Aufbautraining aus?
Im Rahmen des Rehabilitationstrainings geht es darum, insbesondere die sogenannten propriozeptiven Fähigkeiten wieder auf das Tennisspiel vorzubereiten. Bei der Propriozeption handelt es sich um ein ganzheitliches Bewegungsgefühl. Es ist notwendig, um koordinierte Bewegungen auszuführen. Bei einer Verletzung werden zwangsläufig Rezeptoren beeinträchtigt, die sich in vielen Bereichen des Sprunggelenks befinden und die für die Eigenwahrnehmung der Fuß- und Knöchelstellung verantwortlich sind. Im Rahmen der Rehabilitation lernen die noch vorhandenen Rezeptoren nach und nach, die Arbeit der verletzten Rezeptoren zu übernehmen. Es sind daher unterschiedliche Maßnahmen zu unterschiedlichen Zeitpunkten in der Rehabilitation notwendig. Das beginnt zum Beispiel mit Weichmattentraining, um das Sprunggelenk wieder an unterschiedliche Untergründe und an die aktive Stabilisierung über den Muskelsehnenapparat zu trainieren. Auch werden verschiedene motorische Übungen durchgeführt, zum Beispiel Seitsprünge und Stoppbewegungen, um den Spieler wieder an die Belastung heranzuführen.

Gibt es Langzeitschäden? 
Nein, es sind bei einer Bandrekonstruktion keine Langzeitschäden zu erwarten, wenn richtig operiert wurde. Denn die Operation hat die notwendige Stabilität des Sprunggelenks zurückgebracht, die gefürchtete verbleibende Instabilität wird vermieden. Wichtig ist aber, schon vor der OP genau zu prüfen, ob nicht nur die Bänder gerissen, sondern vielleicht weitere Strukturen im Sprunggelenk verletzt worden sind, was im Fall von Alexander Zverev zum Glück nicht geschehen ist. Wenn man aber noch mehr Pech hat, können etwa der Knorpel oder die Gelenkrolle bei einem Bänderriss geschädigt werden. Diese müssen dann bei der Operation mit behandelt werden. Um eine dauerhafte Beweglichkeit und Elastizität des Kapselbandapparates nach der OP zu erreichen, sind physikalisch-therapeutische Maßnahmen empfehlenswert. 

Für jeden Spieler eine Herausforderung

Was bringen Bandagen? 
Konventionelle Bandagen finden im Hochleistungssport kaum Einsatz. Vielmehr haben sich Tape-Verbände bewährt. Sowohl in der Initialphase des Belastungsaufbaus als auch bei den ersten spielnahen Trainingseinheiten kann ein Tape-Verband zusätzliche Sicherheit bieten. Tape-Verbände werden dann später zur Normalität für die Profis: als Prophylaxe im regulären Spielbetrieb. Die Tape-Verbände werden vom Physiotherapeuten oder Arzt vor jedem Spiel und jedem Training angebracht. Sie sollten im Anschluss wieder entfernt werden, da sie über eine hohe Festigkeit verfügen und deswegen nicht dauerhaft getragen werden sollten. 

Wie hoch ist die mentale Belastung dieser Verletzung für einen Profi wie Alexander Zverev? 
Solche Verletzungen sind natürlich für jeden Spieler eine Herausforderung, die er irgendwie wegstecken muss. Aber wie wir auch bei anderen professionellen Tennisspielern sehen können – denken Sie nur an Rafael Nadal –, gelingt dies in der Regel sehr gut. Und zwar über ein professionelles Training, das vom gesamten „Funktionsteam“ individuell für den betroffenen Spieler entwickelt wird. Hierzu gehören neben der körperlichen Vorbereitung eben auch die mentale. Der Spieler muss das Vertrauen zu dem operierten, verletzten Gelenk zurückgewinnen. Aber das ist ja bei keinem Profisportler die erste Verletzung in seiner Karriere, sodass jeder damit erfahren ist.

Gut zu wissen: So funktioniert das Sprunggelenk

Das Sprunggelenk verbindet die Unterschenkel- mit den Fußknochen. Es besteht aus zwei Teilen: dem oberen und dem unteren Sprunggelenk. Das obere Sprunggelenk ermöglicht es, den Fuß nach oben und unten, ein wenig auch zur Seite zu bewegen. Das untere Sprunggelenk ist weniger beweglich als das obere Sprunggelenk. Es ermöglicht, den Fuß leicht seitlich zu kippen. Die Bänder des Sprunggelenks verbinden die Knochen fest miteinander. Sie sind robust und elastisch zugleich, da sie sowohl die Stabilität des Gelenkes als auch die Beweglichkeit unterstützen müssen. An der Außenseite des Knöchels verlaufen drei
Außenbänder und an der Innenseite das Innenband, das aus vier Strängen besteht. 

Sprunggelenk

Unser Experte

Unser Experte Dr. Johannes Holz

Dr. Johannes Holz ist Sportmediziner und Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie im OrthoCentrum Hamburg. Dr. Holz besitzt große Expertise in der operativen und konservativen Behandlung von Hochleistungssportlern und Freizeitsportlern.
www.orthocentrum-hamburg.com

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