Klage der PTPA: Schlag ins Leere
Die Klage der Spielergewerkschaft PTPA wird kaum zu großen Umwälzungen im Tennissport führen, vemuten die Sandplatzgötter. Trotzdem finden sie es schade, dass bei den Verhandlungen hinter den Kulissen keine TV-Kameras dabei waren.
Als die ersten beiden Staffeln der Netflix-Tennis-Doku „Break Point“ ins Programm des Streaming-Anbieters gehievt wurden, waren nicht nur unsere Reaktionen wenig enthusiastisch. Neben vielen kleinen handwerklichen Schwächen wurde besonders bemängelt, dass der Produktion eine größere Geschichte mit rotem Faden durch mehrere Folgen abging. Zu belanglos, zu episodenhaft, ohne das dramatische, alle Protagonisten betreffende Konfliktthema.
Golf hatte bei der „Full Swing“-Doku des gleichen Anbieters mit dem Streit zwischen althergebrachter PGA Tour und dem entstehenden Konkurrenzprodukt LIV Golf und den daraus resultierenden Gewissens- und Interessenkonflikten bei den Profis ganz anders geliefert. Konsequenz: Der Golfsport ging 2025 mit einer dritten Staffel in die erfolgreiche Fortsetzung, während die Tennis-Serie wegen mangelnder Abrufzahlen abgesetzt wurde.
Vorwurf der PTPA: „Verletzung der Menschenwürde”
Jetzt aber hat die PTPA, die Spielergewerkschaft mit keinem Geringeren als Novak Djokovic als Aushängeschild, nach Jahren des relativ unspektakulären Herumdümpelns in Form einer Klage gegen die etablierten internationalen Tennisorganisationen zum vermeintlich ganz, ganz großen Schlag ausgeholt. Die Tennis-Tour als systematische „Verletzung der Menschenwürde“ – kleiner hatte man es gerade nicht zur Hand.
Könnte das Gerichtsverfahren also Ausgangspunkt der – Achtung, Trigger-Warnung! – Disruption der bekannten Tenniswelt und ihrer Strukturen sein und zu dramatischen Veränderungen führen? Eher nicht. Denn der PTPA fehlt, anders als mit der LIV Tour im Golf, eine konkrete Alternative zum Status quo.
Sie bleibt, zumindest bisher, im relativ Unkonkreten, wenn es darum geht, nicht nur die vorhandenen Dysbalancen im (Macht-)Verhältnis von Tennisorganisationen, Turnierveranstaltern und Spielern zuungunsten letzterer zu benennen, sondern auch Lösungen anzubieten.
Reförmchen statt Revolution
Und sie verzettelt sich im Bemühen, die sehr unterschiedlichen Interessen von Topstars, erweiterter Weltspitze und Unterbau des Profitennis allesamt in ein Gerichtsverfahren zu packen, sodass wichtige und richtige Forderungen nach fairerer Bezahlung, einer unabhängigeren Vertretung der Spieler und einer auf diversen Ebenen sinnvolleren und gesünderen Organisation des Turnierkalenders plötzlich neben Weltideen wie dem Ansinnen stehen, in der zweiten Woche von Grand Slams auch noch Schaukämpfe organisieren zu dürfen.
Zudem steht ausgerechnet Novak Djokovic in Bezug auf die Klage bisher nicht auf der Seite „seiner“ Gewerkschaft, sondern reiht sich in die Liste der Topstars ein, die die Klage zurückhaltend bis ablehnend kommentieren. Bei näherer Betrachtung scheint das dann eher auf ein paar Reförmchen als auf ein ausgewachsenes Tennis-Revolutions-Drama mit TV-Qualitäten hinauszulaufen.
Vorfall zwischen Reilly Opelka und Andrea Gaudenzi?
Allerdings: Mit an Bord der PTPA ist Reilly Opelka, der zwar bisher nicht gerade als großer Kämpfer für Solidarität aufgetreten ist, sondern lieber gerne die Doppel-Spieler aus Eigeninteresse gleich ganz von der Tour verbannen würde. Der gab zuletzt an, von einem Profi aus dem ATP-Spielerrat, dessen Namen er aber nicht nennen möchte, im Auftrag des ATP-Chefs Andrea Gaudenzi beim Turnier in Miami im Aufwärmbereich mehr oder weniger deutlich dazu gedrängt worden zu sein, sich von der Klage zu distanzieren.
Schlechtes Timing ist also nicht nur bei der Vorhand ein Problem, sondern auch bei der Produktion von Tennis-Dokus. Da hätten wir ein Kamerateam gebraucht! Um mitzuerleben, wie der 2,11 Meter große Opelka schaut, wenn ein Profikollege ihm so ganz nebenbei androht, über Anwaltskosten und dem Verlust von Pensionsansprüchen sehr viel Geld zu verlieren. Und um zu wissen, welcher Spieler sich das überhaupt traut. Dafür hätten wir dann doch liebend gerne in ein Netflix-Abo investiert.