Heinz Günthardt

Erster Schweizer Wimbledonsieger: Für Heinz Günthardt ist und bleibt Wimbledon das Nonplusultra im Tennissport. Bild: Imago/Jürgen Hasenkopf

Heinz Günthardt: „Der schönste Moment, den ich jemals hatte”

Heinz Günthardt triumphierte zweimal in Wimbledon – bei den Junioren und im Doppel. Gegenüber tennis MAGAZIN erinnert sich der Schweizer daran.

Wenn Heinz Günthardt auf seine beiden Wimbledontitel angesprochen wird, leuchten sofort seine Augen. „Das war der schönste Moment, den ich jemals auf dem Tennisplatz hatte. Ein Traum ging damals in Erfüllung“, sagt der Zürcher gegenüber tennis MAGAZIN über seinen Wimbledontitel bei den Junioren im Jahr 1976. Als erster Schweizer überhaupt triumphierte Günthardt damals im Alter von 17 Jahren auf dem „heiligen Rasen“. 

„Wimbledon war das erste Turnier, das ich im Fernsehen gesehen habe, nämlich das Finale 1967 zwischen Wilhelm Bungert und John Newcombe. Mein Bruder ­Markus und ich haben draußen immer Wimbledon nachgespielt. Er war Ken Rosewall, und ich war Newcombe. Wir wussten noch gar nicht, dass auf Rasen gespielt wird, weil damals das Fernsehbild noch schwarz-weiß war. Die Idee, in Wimbledon etwas zu gewinnen, war damals unvorstellbar. Das war als Kind wie ein Spiel, das man spielt, wie Astronaut zu sein“, erzählt Günthardt. Wenige Jahre später wird das Unvorstellbare zur Realität. 

Das letzte Aufschlagspiel wie in Trance

Als er im Jahr 1976 das zweite Mal in Wimbledon bei den Junioren antrat, waren seine Erwartungen riesig. Wenige Wochen zuvor gewann er bereits den Juniorentitel bei den French Open. Doch Wimbledon ist nun mal Wimbledon – die Geburtsstätte des Tennissports und das Nonplusultra für die meisten Spieler. „Ich habe mich etwas unter Druck gesetzt, weil ich das Gefühl hatte, gut genug zu sein, um Wimbledon zu gewinnen. Entsprechend groß war dann die Erlösung, als ich den Titel gewann“, sagt Günthardt über den 6:4, 7:5-Finalsieg gegen den Deutschen Peter Elter. 

Das letzte Aufschlagspiel erlebte er wie in Trance. Seine Erinnerungen daran sind verschwommen. „Ich erinnere mich genau an den Breakball. Ich dachte mir: ‚Peter wird auf meine Rückhand aufschlagen. Dann werde ich die Rückhand longline ziehen, ohne zu zögern. Wenn der Ball auf die Vorhand kommt, ist es halt ein Ass.‘ Der Aufschlag kam tatsächlich auf die Rückhand. Dann hat es ‚wusch‘ gemacht. Das Break war da. Während des Seitenwechsels sagte ich mir: ‚Ich brauche nur noch ein Game, um in Wimbledon den Titel zu holen. Unvorstellbar.‘ Alles andere ist komplett verschwommen. Ich kann mich an keinen einzigen Punkt erinnern, nur an das unglaubliche Glücksgefühl, gewonnen zu haben. Ich habe mich auch später nie so glücklich gefühlt auf dem Platz wie damals“, schildert Günthardt. 

Nach den Junioren folgt der Doppeltitel in Wimbledon

Neun Jahre später, 1985, folgte sein zweiter Coup in Wimbledon – Doppeltitel mit dem Ungarn Balász Taróczy, der mittlerweile als ungarischer Generalkonsul in Barcelona arbeitet. „Wenn wir Gas gegeben haben, waren wir eines der besten Doppel. Richtig versucht zu gewinnen, haben wir aber nur in diesem Jahr, weil damals im Doppel auch über Best-of-five gespielt wurde und es in Wimbledon viel geregnet hat. Wenn man Pech hatte, dann spielte man an einem Tag manchmal zehn Sätze und war platt fürs nächste Einzel“, erzählt er. So geschehen auch nach dem Viertelfinalsieg im Doppel (24:22 im fünften Satz), der körperliche Auswirkungen (Bauchmuskelzerrung) auf Günthards Antreten im Einzel-Viertelfinale hat. 

Als Pionier für die gewaltigen Schweizer Erfolge, die in den Jahren danach folgen sollten, sieht sich Günthard nicht im Geringsten. Es überwiegt aber der Stolz, der erste Wimbledonsieger aus der Schweiz zu sein.  „Die Einstellung damals von unseren Trainern war stets: ‚Wir sind die kleine Schweiz, und wir gewinnen nichts im Tennis. Es ist schön, dass man nach Wimbledon reisen darf.‘ So wurde es früher erzählt. Mir wurde auch ständig in der Schule gesagt, dass Tennis kein Beruf sei. Das war eine Hürde, die ich nehmen musste“, sagt Günthardt über seine beiden Wimbledontitel.

Wimbledonsieger aus der Schweiz

Herren-Einzel

2003 bis 2008, 2009, 2012 2017: Roger Federer

Damen-Einzel

1998: Martina Hingis 

Herren-Doppel

1985: Heinz Günthardt (mit Balász Taróczy)

Damen-Doppel

1996: Martina Hingis (mit Helena Sukova)
1998: Martina Hingis (mit Jana Novotna)
2015: Martina Hingis (mit Sania Mirza) 

Mixed

2015: Martina Hingis (mit Leander Paes)
2017: Martina Hingis (mit Jamie Murray)

Junioren-Einzel

1976: Heinz Günthardt
1998: Roger Federer
2001: Roman Valent

Junioren-Doppel

1998: Roger Federer (mit Olivier Rochus)

Juniorinnen-Einzel

1994: Martina Hingis
2013: Belinda Bencic