Überraschung von Cincinnati: Wer ist Térence Atmane?
Der 23-jährige Franzose Térence Atmane spielte beim Masters-Event in Cincinnati das Turnier seines Lebens. Wir stellen den Überraschungsmann etwas näher vor.
Tennis lebt von seinen Geschichten. Die größte Erzählung beim Masters-Turnier Cincinnati drehte sich um einen Franzosen, den vor wenigen Wochen kaum jemand auf dem Zettel hatte. Térence Atmane, 23 Jahre alt, Linkshänder, geboren im nordfranzösischen Saint-Martin-Boulogne, spielte sich als Qualifikant bis ins Halbfinale und eroberte die Aufmerksamkeit der gesamten Tenniswelt. Dass er dabei gleich zwei Top-10-Spieler bezwingen konnte, katapultierte ihn nicht nur in die Schlagzeilen, sondern auch von Rang 136 auf Platz 69 der Weltrangliste.
1 | Chris Woodruff 🇺🇸 | N°550 | Indian Wells 1999 |
2 | Andrei Pavel 🇷🇴 | N°191 | Paris 2003 |
3 | Henri Leconte 🇫🇷 | N°152 | Monte Carlo 1990 |
4 | Borna Ćorić 🇭🇷 | N°152 | Cincinnati 2022 |
5 | Harel Levy 🇮🇱 | N°144 | Toronto 2000 |
6 | Roberto Carretero 🇪🇸 | N°143 | Hamburg 1996 |
7 | Denis Shapovalov 🇨🇦 | N°143 | Montreal 2017 |
8 | Térence Atmane 🇫🇷 | N°136 | Cincinnati 2025 |
9 | Tommy Haas 🇩🇪 | N°126 | Hamburg 1997 |
10 | Jan-Michael Gambill 🇺🇸 | N°126 | Indian Wells 1998 |
Dabei deutete Atmane früh an, dass er mehr ist als ein bloßer Underdog. Mit seinen 1,93 Metern hat er perfekte Vorraussetzungen für einen starken Aufschlag sowie ein solides Grundlinienspiel. Sobald der Ballwechsel startet dominiert der Franzose gerne mit seiner druckvollen Vorhanden, die dank ihres hohen Spins gerade für Rechtshänder nur schwer zu kontrollieren ist. Mit diesem Spielstil hat er bei den Cincinnati Open 2025 gezeigt, dass er mit den besten Spielern der Welt mithalten kann.
Térence Atmane: Vom Qualifikanten zum Halbfinalisten
Dass Atmane diesen Coup landen konnte, war so nicht vorhersehbar. Seit 2019 ist er erst Profi, und noch im August 2025 hatte er erst viermal bei einem Masters 1000-Turnier gespielt. Umso bemerkenswerter, dass er die Qualifikationshürde mit zwei souveränen Zweisatzsiegen nahm, ehe er im Hauptfeld auftrumpfte: Siege gegen Yoshihito Nishioka, Flavio Cobolli und das brasilianische Talent Joao Fonseca ebneten den Weg ins Achtelfinale.
Dort wartete mit Taylor Fritz die Nummer vier der Welt, wo Atmane sein bestes Tennis zeigen musste, um zu bestehen – und das tat er auch. 35 Winner, darunter 13 Asse mit Geschwindigkeiten jenseits der 200 km/h, ließen den US-Amerikaner ins Straucheln geraten. Der Franzose gewann nach Satzrückstand in drei Durchgängen und setzte kurz darauf noch einen drauf.
Im Viertelfinale bezwang Atmane mit Holger Rune den nächsten Top-10-Spieler – diesmal sogar in zwei Sätzen. Spätestens jetzt war er der Shootingstar des Turniers. Sein kurioser Kameragruß nach dem Rune-Sieg, auf dem er „Fermis Paradoxon?!“ notierte, gab zudem einen Einblick in seine Persönlichkeit: Atmane interessiert sich leidenschaftlich für Raumfahrt und die großen Fragen des Universums. „Ich bin fasziniert von der Welt, in der wir leben, vom Weltraum, vom Universum“, erklärte er. Eine passende Metapher, denn auch sein Tennis wirkte in dieser Woche fast außerirdisch.
Térence Atmane: Jannik Sinner stoppt den Lauf
Im Halbfinale wartete schließlich Jannik Sinner, die Nummer eins der Welt. Atmane hielt im ersten Satz stark dagegen, ließ keinen einzigen Breakball zu und zwang den Favoriten in den Tiebreak. Dort setzte sich Sinner knapp durch – und im zweiten Satz zeigte sich die Erfahrung und Klasse des Italieners, den er mit 6:2 gewann. Für Atmane endete sein Abenteuer nach acht Matches in elf Tagen, die ihm körperlich alles abverlangten, aber seinen Namen fest in den Köpfen aller Tennisfans verankerten.
Abseits des Courts zeigt Atmane, dass er keineswegs nur für Tennis lebt. Er liebt die japanische Kultur und Kulinarik, sammelt Pokémon-Karten, weshalb Jannik Sinner zu seinem Geburtstag vor ihrer Halbfinalbegegnung sogar ein Exemplar von ihm erhielt. Im anschließenden Siegerinterview bedankte sich der Italiener für die nette Geste: „Es war ein ziemlich netter Moment vor dem Match. Wir kennen uns noch nicht allzu gut. Daher war es schon sehr nett.“
Auch wenn er in Cincinnati am Ende nicht den ganz großen Coup landete, ist Térence Atmane ein Name, den man sich merken sollte. Sein Aufstieg in der Weltrangliste von Platz 136 auf 69, seine Fähigkeit, Topspieler wie Fritz und Rune zu schlagen, und seine charismatische Art machen ihn zu einem der spannendsten jungen Profis der ATP-Tour.
Hier sind schnelle Fakten über Térence Atmane
• Kometenhafter Aufstieg: Vom Weltranglistenplatz 136 katapultierte sich Atmane bei den Cincinnati Open 2025 durch seinen Halbfinaleinzug auf Rang 69 – erstmals in den Top 100 der ATP-Weltrangliste.
• Pokémon-Enthusiast: Der 23-Jährige ist leidenschaftlicher Sammler seltener Pokémon-Karten. Selbst auf dem Platz zeigte er seine Leidenschaft, indem er Jannik Sinner zu dessen Geburtstag vor ihrer Halbfinalpartie eine besondere Karte schenkte.
• Außergewöhnlicher Intellekt: Mit einem IQ von 158 zählt Atmane zu den denkstarken Spielern auf der Tour. „Ich bin emotionaler als die meisten Tennisspieler, weil ich mehr nachdenke und mehr Gedanken im Kopf habe. Ich war schon immer sehr sensibel, sehr freundlich und auf dem Platz immer sehr nervös.“
• Challenger-Turniersieger in Asien: Auf dem Weg nach oben feierte er Erfolge auf dem Challenger Circuit: 2023 triumphierte er in Zhangjiagang und Guangzhou (China), 2025 wiederholte er seinen Sieg in Guangzhou und gewann zudem den Challenger in Busan (Südkorea).
• Raketenaufschlag: Beim Achtelfinale gegen Taylor Fritz in Cincinnati erreichte Atmane seinen schnellsten Aufschlag des Turniers: 221 km/h.
• Sichere Aufschlagspiele: Im ersten Satz seines Halbfinals gegen Jannik Sinner ließ er keinen einzigen Breakball zu – ausgerechnet gegen den aktuell besten Returnspieler der Tour.
• „The Magician“: Neben Tennis begeistert Atmane mit Kartentricks und erhielt so seinen Spitznamen „The Magician“