50 Jahre WTA-Ranking: Königinnen der Weltrangliste
Vor 50 Jahren, am 3. November 1975, wurde erstmals das WTA-Ranking veröffentlicht. Ein Rückblick auf Meilensteine in der Geschichte der Damen-Weltrangliste.
Wenn die diesjährige Saison auf der WTA-Tour mit den WTA-Finals im saudi-arabischen Riad (1. bis 8. November) endet, wird folgende Frage beantwortet: Wer sichert sich die Chris Evert WTA World No.1 Trophy – die Auszeichnung für die Spielerin, die das Jahr als Nummer eins im WTA-Ranking abschließt? Die Trophäe zeigt einen silbernen Tennisball mit einer Sternenkarte, der das Tennisuniversum symbolisiert.
Alle Nummer-eins-Spielerinnen der Vergangenheit und Gegenwart werden durch einen Diamanten am Himmel dargestellt, der für den Einfluss jedes Champions auf das Damentennis steht. Die Oberfläche des Tennisballs in Form einer Sternenkarte ist von Hand mit Tausenden winziger Punkte versehen, die alle professionellen Spielerinnen repräsentieren, die jemals diesen Sport ausgeübt haben und in Zukunft ausüben werden.
WTA-Ranking feiert 50-jähriges Jubiläum
Seit 2018 wird die Chris Evert WTA World No.1 Trophy vergeben, die nach der Spielerin benannt ist, die vor 50 Jahren, am 3. November 1975, die erste offizielle Nummer eins der Computer-Weltrangliste im Damentennis war.
„Es ist mir eine Ehre und ein Privileg, dass mein Name auf dieser Trophäe steht. Es ist die ultimative Leistung, in irgendeinem Bereich die Nummer eins der Welt zu sein. Als ich ein junges Mädchen war, träumte ich immer davon, ein Grand Slam-Turnier zu gewinnen, aber ich hatte noch größere Träume davon, die Nummer eins zu sein, denn dabei geht es darum, konstant und konzentriert zu sein und im Laufe des Jahres viele hochwertige Siege zu erzielen. Das ist für mich ein Champion“, sagte Evert.
Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des WTA-Rankings blickt tennis MAGAZIN zurück auf Meilensteine in der Geschichte der Damen-Weltrangliste.
Chris Evert: Die Erste

Ikone ihres Sports: Chris Evert gewann 18 Grand-Slam-Titel im Einzel.Bild: Imago
Als am 3. November 1975 die Damen-Weltrangliste eingeführt wurde, konnte es nur eine Spielerin geben, die zur Premiere ganz oben steht: Chris Evert. Die US-Amerikanerin, damals 20 Jahre alt, hatte seit Jahresbeginn 15 Turniere gewonnen, darunter die French Open und die US Open. Für Evert war es etwas besonderes, die erste auf dieser prestigeträchtigen Liste zu sein. „Es erfüllte mich mit Stolz, einem Gefühl der Erfüllung und Selbstvertrauen. Es war ein wirklich schönes Gefühl. Das ist das Ziel, das man erreichen möchte. Jeder würde gerne die Nummer eins werden. Es ist ein Ziel, das nur sehr wenige Menschen erreichen“, sagte Evert.
260 Wochen führte die US-Amerikanerin die Weltrangliste an, zuletzt zehn Jahre nach ihrem Nummer-eins-Debüt. „Die Weltrangliste war immer eine sanfte Erinnerung daran, dass ich die Nummer eins war, aber ich habe versucht, mich nicht zu sehr darauf zu konzentrieren, weil ich mich nicht von meiner eigentlichen Aufgabe ablenken lassen wollte, nämlich Turniere zu gewinnen. Die Gegnerinnen hatten es auf mich abgesehen. Ich wusste, dass mir dieser Platz genauso schnell wieder genommen werden konnte, wie ich ihn erreicht hatte. Obwohl man als Nummer eins mehr Druck hat, hat man auch mehr Selbstvertrauen. Man glaubt mehr an sich selbst. Ich hatte das Gefühl, dass es mich inspirierte, daran festzuhalten und weiter zu versuchen, besser zu werden.“
Steffi Graf: Die Längste

„Fräulein Vorhand”: Steffi Graf beendete achtmal eine Saison als Nummer eins der Welt – Rekord!Bild: Imago
Es war nur eine Frage der Zeit, bis Steffi Graf die Nummer eins der Welt im Damentennis wird. Dank ihres Turniersieges in Los Angeles, wo sie im Finale mit 6:3, 6:4 gegen Chris Evert siegte, übernahm die 18-Jährige am 17. August 1987 als erste Deutsche, sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen, die Führung in der Weltrangliste und stieß Martina Navratilova vom Tennisthron. In den vergangenen 52 Wochen hatte Graf 81 ihrer 84 Matches gewonnen und dabei zwölf Turniersiege erringen können.
„Jetzt bin ich am Ziel meiner Träume angelangt, und da will ich mich möglichst lange halten“, sagte Graf über ihren Sprung an die Weltranglistenspitze. Ihre erste Regentschaft als Nummer eins dauerte 186 Wochen – Rekord, gemeinsam mit Serena Williams, die ebenfalls 186 Wochen in Serie die Weltrangliste anführte. Am 30. März 1997 stand Graf das letzte Mal ganz oben in ihrer 377. Woche als beste Spielerin der Welt – immer noch Rekord!
Evonne Goolagong: Die Kürzeste

Späte Glücksgefühle: Erst im Jahr 2007 erkannte die WTA Evonne Goolagong als Nummer-eins-Spielerin an.Bild: Imago
Nur zwei Wochen führte die Australierin Evonne Goolagong die Weltrangliste an – und das mit 31-jähriger Verspätung! Im Jahr 2007 wurde Goolagong nachträglich zur Nummer eins gekürt. Fehlende Papieraufzeichnungen, die nicht einberechnet wurden, führten dazu, dass Goolagong vom 26. April bis 9. Mai 1976 nicht die Spitzenposition auf der WTA-Tour innehatte. Goolagong, eine Aborigine-Frau vom Stamm der Wiradjuri, wurde damit die zweite Nummer-eins-Spielerin in der Geschichte der WTA-Tour.
„Unglücklicherweise war unser System in den frühen Tagen der Computer-Weltrangliste nicht perfekt. Als es ans Licht kam, dass sie tatsächlich im Jahr 1976 für eine Zeitspanne die Nummer eins übernimmt, war es wichtig, diese Errungenschaft anzuerkennen“, sagte der damalige WTA-Präsident Larry Scott. „Nach all den Jahren ist das eine große Überraschung für mich. Ich bin sehr stolz“, sagte Goolagong, die in ihrer Karriere sieben Grand Slam-Titel im Einzel gewann.
Martina Hingis: Die Jüngste

Wunderkind: Martina Hingis hatte ihre großen Erfolge im Einzel allesamt als Teenager.Bild: Imago/Laci Perenyi
Der Rekord der jüngsten Nummer-eins-Spielerin scheint einer für die Ewigkeit zu sein. Bereits im Alter von 16 Jahren und 125 Tagen erklomm Martina Hingis den Weltranglistenthron. Mit dem Turniersieg bei den Miami Open im Jahr 1997 sowie 25 Siegen in Folge zu Jahresbeginn verdrängte die Schweizerin Steffi Graf von der Weltranglistenspitze. „Großartig. Es ist schon unglaublich. Ich habe gut geschlafen, ich lebe noch. Sonst hat sich nichts verändert“, sagte Hingis über ihren Meilenstein.
Im weiteren Karriereverlauf blieb sie 209 Wochen lang die Nummer eins im Damentennis. Die Schweizerin war sich ihres einzigartigen Talents bewusst und trug das auch immer wieder in für viele Leute arroganter Weise zur Schau. „Es geht immer nur um Tiger Woods. Ich bin besser als er. Ich war länger an der Spitze und bin jünger. Ich bin einfach besser“, sagte Hingis einst über ihre Zeit als Wunderkind.
Serena Williams: Die Älteste

Jubelsprung: 14 Jahre und 310 Tage liegen zwischen dem ersten und letzten Tag als Nummer eins bei Serena Williams.Bild: Imago
Serena Williams hat in ihrer illustren Karriere zahlreiche Rekorde aufgestellt. Einer davon ist der Rekord für die älteste Nummer-eins-Spielerin, den sie mit 31 Jahren erstmals brach und sukzessive immer weiter ausbaute. Mit 35 Jahren und 230 Tagen stand Williams zuletzt ganz oben in der Weltrangliste. „Tennis wird jeden Tag gespielt, man muss es jeden Tag tun. Man muss trainieren, im Geschäftsleben ist es genau dasselbe. Man muss sehr diszipliniert sein. Man muss in guten wie in schlechten Zeiten entschlossen sein, und generell entschlossen sein, weiterzumachen“, sagte Williams über ihre Langlebigkeit auf der WTA-Tour.
Tracy Austin: Die Kleinste

Jüngste Turniersiegerin auf der WTA-Tour: Tracy Austin gewann zweimal die US Open.Bild: Imago
Die Körpergröße im Tennis wird zunehmend wichtiger. Daher könnte Tracy Austin ihren Rekord als kleinste Nummer-eins-Spielerin auf Ewigkeit behalten. 1,65 Meter misst die US-Amerikanerin. Als sie im Jahr 1980 im Alter von 17 Jahren und knapp vier Monaten damals zur jüngsten Nummer-eins-Spielerin avancierte, war das keine Sensation. Ihr Weg ging bereits früh steil nach oben. Mit 14 Jahren und 28 Tagen ist Austin bis heute die jüngste Turniersiegerin (1977 in Portland) auf der WTA-Tour. Mit 16 Jahren und 270 Tagen triumphierte sie bei den US Open – die jüngste Siegerin in New York.
Austin war das Wunderkind, das bestimmt war, Großes zu vollbringen. Mit vier Jahren war sie auf dem Cover des Magazins World Tennis. Anhaltende Rückenprobleme zwangen Austin bereits mit 21 Jahren zum Karriereende. 1992 wurde sie schließlich als jüngste Spielerin der Geschichte in die Tennis Hall of Fame aufgenommen. Dem Tennissport ist Austin aber immer treu geblieben, vor allem als fachkundige Kommentatorin für das Fernsehen. „Ich sehe mein Leben in drei Karrieren – meine Tenniskarriere, meine Karriere als Kommentatorin und meine Karriere als Mutter“, sagte die Mutter von drei Söhnen.
Lindsay Davenport: Die Größte

Sanfte Riesin: Lindsay Davenport gewann drei Grand Slam-Titel, Olympia-Gold 1996 sowie vier WTA-Titel als Mutter.Bild: Imago
Auch wenn die durchschnittliche Körpergröße der Topspielerinnen stetig wächst, ist Lindsay Davenport seit mehr als 25 Jahren die größte Nummer-eins-Spielerin im Damentennis. 1,89 Meter misst die US-Amerikanerin, die zwischen 1998 und 2006 98 Wochen die Weltrangliste anführte und sogar viermal ein Jahr als Beste abschloss. „Ich bin nie mit dem Gedanken aufgewachsen, dass ich die Beste der Welt oder eine der erfolgreichsten Spielerinen werden könnte, und doch ist es mir gelungen“, sagte Davenport.
Die Unvollendeten: Jelena Jankovic, Dinara Safina und Karolina Pliskova

Königin ohne Krönung: Jelena Jankovic ist eine von drei Nummer-eins-Spielerinnen ohne Grand Slam-Titel.Bild: Imago
Es gibt insgesamt sieben Spielerinnen, die sich, ohne zuvor ein Grand Slam-Turnier gewonnen zu haben, auf Platz eins der Weltrangliste vorgespielt haben. Vier von ihnen holten diesem Grand Slam-Triumph noch nach: Kim Clijsters, Amelie Mauresmo, Caroline Wozniacki und Simona Halep. Drei von ihnen blieben jedoch im weiteren Karriereverlauf ohne Grand Slam-Titel: Jelena Jankovic, Dinara Safina und Karolina Pliskova. Jankovic ist auch die einzige Spielerin, die ein Jahr (2008) als Nummer eins beendet hat, ohne jemals ein Grand Slam-Turnier zu gewinnen.
„Ich habe es verdient, die Nummer eins zu sein. Ich muss keinem etwas beweisen“, sagte Jankovic. Für Safina war die Nummer eins eine Bürde. „Ich hatte immer den Traum, berühmt zu sein, die Nummer eins zu sein und all das, aber dann fühlte ich plötzlich einen enormen Druck, dort zu sein. Ich hatte nicht erwartet, dass es so hart werden würde. Ich dachte, es würde Spaß machen. Man wird berühmt, man wird die Nummer eins. Und alle sind glücklich. Aber es ist genau das Gegenteil! Alle wollen dich schlagen“, sagte Safina, die insgesamt drei Grand Slam-Finals verlor.
Die Doppelten: Martina Navratilova, Arantxa Sanchez Vicario, Lindsay Davenport, Martina Hingis, Kim Clijsters, Serena Williams, Venus Williams und Aryna Sabalenka

Abteilung Attacke: Martina Navratilova ist ohne jeden Zweifel die beste Volley-Spielerin der Geschichte.Bild: Imago
Die Weltrangliste im Einzel anzuführen, ist schon schwer genug. Umso herausragender ist es, dieses Kunststück auch im Doppel zu vollbringen. Während dies bei den Herren nur John McEnroe und Stefan Edberg vollbracht haben, gelang dieses Kunststück acht Spielerinnen, sechs von ihnen sogar gleichzeitig: Martina Navratilova, Arantxa Sanchez Vicario, Martina Hingis, Lindsay Davenport, Kim Clijsters und Serena Williams.
Aber nur Navratilova beendete ein Jahr als Nummer eins im Einzel und Doppel – und das sogar zweimal. Insgesamt 103 Wochen führte die „Grand Dame“ des Damentennis beide Weltranglisten gleichzeitig an. „Ich habe das Spiel so interpretiert, wie es gespielt werden sollte“, sagte Navratilova über ihre Taktik. Und diese sah vor, bei jeder sich bietenden Möglichkeit ans Netz zu stürmen.
Das große Fragezeichen: Monica Seles

Spielte Vorhand und Rückhand beidhändig: Monica Seles war 19 Jahre alt, als ihre Karriere jäh ausgebremst wurde.Bild: Imago
Es ist die wohl größte Was-wäre-wenn-Frage im Tennis. Wie wäre die Karriere von Monica Seles weiterverlaufen, wenn sie am 30. April 1993 am Hamburger Rothenbaum nicht von einem irren Steffi-Graf-Fan niedergestochen worden wäre? Möglicherweise wäre sie die erfolgreichste Tennisspielerin aller Zeiten geworden. Man weiß es nicht. Fakt ist, dass Seles bis zu diesem Zeitpunkt das Damentennis dominierte und innerhalb von zwei Jahren sieben Grand Slam-Titel gewann.
Die körperlichen Wunden heilten schnell, doch die seelischen Narben waren zu groß für eine schnelle Rückkehr auf die Tour. Seles ließ sich mehr als zwei Jahre Zeit für ein Comeback und wurde dann zunächst als Co-Nummer-eins an der Seite von Graf geführt. Mit der Frage, ob sie ohne Messerattentat die beste Spielerin der Geschichte geworden wäre, wollte sich Seles nicht beschäftigen. „Ich wäre längst verrückt geworden, wenn ich mich das ständig gefragt hätte. Diese Frage ist natürlich da. Aber ich denke, die Schwierigkeiten haben mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Ich bin jetzt ein viel glücklicherer Mensch, als ich es vorher war“, sagte Seles.
WTA-Ranking: Die erste Top 10 (3. November 1975)
1. Chris Evert
2. Virginia Wade
3. Martina Navratilova
4. Billie Jean King
5. Evonne Goolagong
6. Margaret Court
7. Olga Morozova
8. Nancy Richey
9. Francoise Durr
10. Kerry Melville Reid
WTA-Ranking: Alle Nummer-1-Spielerinnen im Überblick
| Spielerin | Erstmals Nummer 1 | Wochen Nummer 1 |
| Chris Evert | 3. November 1975 | 260 Wochen |
| Evonne Goolagong | 26. April 1976 | 2 Wochen |
| Martina Navratilova | 10. Juli 1978 | 332 Wochen |
| Tracy Austin | 7. April 1980 | 21 Wochen |
| Steffi Graf | 17. August 1987 | 377 Wochen |
| Monica Seles | 11. März 1991 | 178 Wochen |
| Arantxa Sanchez Vicario | 6. Februar 1995 | 12 Wochen |
| Martina Hingis | 31. März 1997 | 209 Wochen |
| Lindsay Davenport | 12. Oktober 1998 | 98 Wochen |
| Jennifer Capriati | 15. Oktober 2001 | 17 Wochen |
| Venus Williams | 25. Februar 2002 | 11 Wochen |
| Serena Williams | 8. Juli 2002 | 319 Wochen |
| Kim Clijsters | 11. August 2003 | 20 Wochen |
| Justine Henin | 20. Oktober 2003 | 117 Wochen |
| Amelie Mauresmo | 13. September 2004 | 39 Wochen |
| Maria Sharapova | 22. August 2005 | 21 Wochen |
| Ana Ivanovic | 9. Juni 2008 | 12 Wochen |
| Jelena Jankovic | 11. August 2008 | 18 Wochen |
| Dinara Safina | 20. April 2009 | 26 Wochen |
| Caroline Wozniacki | 11. Oktober 2010 | 71 Wochen |
| Victoria Azarenka | 30. Januar 2012 | 51 Wochen |
| Angelique Kerber | 12. September 2016 | 34 Wochen |
| Karolina Pliskova | 17. Juli 2017 | 8 Wochen |
| Garbine Muguruza | 11. September 2017 | 4 Wochen |
| Simona Halep | 9. Oktober 2017 | 64 Wochen |
| Naomi Osaka | 28. Januar 2019 | 25 Wochen |
| Ashleigh Barty | 24. Juni 2019 | 121 Wochen |
| Iga Swiatek | 4. April 2022 | 125 Wochen |
| Aryna Sabalenka | 11. September 2023 | 62 Wochen* |
*Stand: 27. Oktober 2025
