Christopher Kas: Jetzt spricht der Lisicki-Coach
Der Coach von Sabine Lisicki über die Zusammenarbeit in den letzten Monaten und was man von Serena Williams lernen kann.
Herr Kas, Sie begannen Ihre Zusammenarbeit in Melbourne. Das Grand Slam-Jahr ist vorbei. Wie beurteilen Sie Sabines Entwicklung in den letzten zehn Monaten?
Wir werden am Jahresende Bilanz ziehen. Grundsätzlich ist es so, dass es ein bisschen gedauert hat, bis sich alles eingespielt hat. Wir haben einige Veränderungen vorgenommen. Das ist auch auf dem Platz sichtbar. Sie schlägt beispielsweise stabiler auf. Wir haben ihre Bewegung beruhigt. Sie ist einfacher, ihr Ballwurf ist flacher. Trotzdem kann sie genauso schnell aufschlagen wie früher. Für mich fängt der Aufschlag schon vier, fünf Sekunden vor der eigentlichen Bewegung an. In New York, aber auch schon bei den Turnieren zuvor, hat sie das teilweise fantastisch umgesetzt. Es geht darum, die Phasen zwischen den Ballwechseln zu nutzen. Das ist das, was Serena Williams super macht. Man denkt ja teilweise, sie schläft ein, aber sie ist die Meisterin darin, in den Momenten, in denen Stress entsteht, in denen es Rückschläge gibt, die gleiche Ruhe zu haben wie sonst auch. Die Atmung ist ein großes Thema. Die Fähigkeit, von „on“ auf „off „zu wechseln. Da sind wir dran.
Beim Match gegen Simona Halep im Achtelfinale der US Open unterliefen Ihrem Schützling 72 unforced errors. Wie erklären Sie sich das?
Ich habe bisher noch nichts zu der Partie gesagt und werde es auch jetzt nicht tun. Da bitte ich um Verständnis, weil wir das Match in Ruhe analysieren werden.
An wie vielen Baustellen müssen Sie gleichzeitig arbeiten?
Das ist kein Thema, was nur Sabine betrifft. Das ist bei allen Spielern so. Man arbeitet permanent an Stärken und Schwächen. Tennis ist extrem komplex. Die körperlichen, mentalen und spielerischen Anforderungen sind enorm. Meine Aufgabe ist, zu sehen, wo man aktuell ansetzt. Da habe ich jetzt Erfahrungswerte. Was ist wichtig? Wo müssen wir direkt ansetzen? Das Schöne ist, dass Sabine bereit ist, Dinge zu verändern. Da muss ich sie ausdrücklich loben. Weil das nicht selbstverständlich ist. Es ist auch nicht einfach für jemanden, der schon jahrelang erfolgreich war, neue Dinge anzunehmen. Das Training macht richtig Spaß mit ihr. Es besteht ein sehr, sehr guter Austausch.
Wo setzen Sie Akzente?
Ich werde keine Interna verraten. Generell sind mir Routinen und Rituale wichtig. Dass ich mich immer zu einem bestimmten Zeitpunkt einspiele. Dass ich zu einem bestimmten Zeitpunkt esse. Sabines Warm-up ist fast immer identisch. Massage, Nachbehandlung – die Abläufe sind immer die gleichen. Die Tour ist – und das wissen alle, die dabei sind – großer Stress. Es geht darum, mit vertrauten Abläufen, Stress herauszunehmen.
Welche Ziele formulieren Sie?
Das sind keine Ergebnis- oder Ranglistenziele. Mir geht es darum, dass sie Sachen verbessert. Sachen, die wir kontrollieren können. Wir können nicht kontrollieren, ob Camila Giorgi (die Gegnerin in der zweiten Runde, d. Red.) acht, zwölf oder 14 Doppelfehler macht. Oder 20 oder 28 Winner schlägt – weil sie eine unglaublich gefährliche Spielerin ist. Was wir kontrollieren können, ist, dass Sabine für jeden Punkt vorbereitet ist, dass sie die Taktik, die wir besprechen, über weite Strecken durchführt. Dass sie selbst bereit ist, die eine oder andere Lösung für Probleme auf dem Platz zu finden. Da haben wir große Fortschritte gemacht. Ob sich das im Ranking in den nächsten zwei oder acht Monaten ablesen lässt, weiß ich nicht. Aber irgendwann wird es sich ablesen. Das ist nur eine Frage der Zeit.