Florian Mayer

Florian Mayer im Interview: „Ich habe zwei Jahre für die Erholung gebraucht”

Der frühere Weltranglisten-18. Florian Mayer über die Zeit nach der Karriere, mentale Probleme, Elternfreuden und sein Karriere-Highlight.

Herr Mayer, wo erreichen wir Sie?

Ich bin auf Fuerteventura, im Robinson Club Jandia Playa. Ich bin schon öfter da gewesen, sechsmal in den letzten eineinhalb Jahren. Ich helfe an der Tennisschule von Erkan Soysal mit, gebe ein paar Trainerstunden am Tag, spiele Showdoppel. Das ist jedes Mal eine coole Zeit.

Können die Leute noch etwas mit Ihrem Namen anfangen?

Auf jeden Fall. Die, die extra fürs Tennis kommen, kennen mich alle. Das ist hier ja eine Art Tennisclub im Club. Das wird gut angenommen. Es gibt jede Woche ein Turnier zum Kennenlernen. Ich mache anschließend mit Erkan Interviews. Es gibt Showdoppel mit anderen Trainern. Gutes Tennis zu sehen, gefällt den Leuten. Ein lockeres Pläuschchen an der Tennisbar auch.

Wie spielstark sind Sie noch?

Wenn ich Bälle schlage, fast wie früher. Aber mir fehlt die Matchpraxis. Ich spiele keine Matches mehr. Das merke ich bei Aufschlag und Return. Die Schnelligkeit, in die Ecken zu kommen, lässt von Jahr zu Jahr nach.

Wie sieht Ihr normales Leben aus?

Recht entspannt. Ich gebe zuhause in Oberhaching auch Trainerstunden. Nicht in der TennisBase, sondern auf einer anderen Anlage. Im Sommer kommt dann eine neue Aufgabe. Meine Frau und ich erwarten Nachwuchs.

Verfolgen Sie noch die Profitour?

Auf jeden Fall. Ich gucke alle Turniere, die Grand Slams, die 1000er, 500er. Es lässt vielleicht ein bisschen nach mit den Jahren. Je länger die eigene Karriere vorbei ist. Ich spiele auch keine Ligaspiele mehr, aber ich verfolge die Ergebnisse.

2018 haben Sie bei den US Open Ihr letztes Match gegen Borna Coric gespielt. Wie denken Sie heute darüber?

An dieses Match denke ich gar nicht so sehr. Aber klar hat mich das Karriereende beschäftigt. Ich habe zwei Jahre gebraucht, um mich von der Karriere körperlich und mental zu erholen. Das war ein langer Prozess. Ich bin jetzt wirklich angekommen im Leben danach. Mir geht es gut. Ich habe keine großen Probleme. Da bin ich sehr dankbar.

Viele fallen in ein Loch. War das so bei Ihnen?

Ein bisschen. Es ist alles abgefallen. Die Anspannung der ganzen Jahre, der Stress. Das hat gedauert, bis sich das justiert hat. Bis man im normalen Leben angekommen ist. Auf einmal ist alles weg. Auch eine Komfortzone. Man fliegt zu den Turnieren, spielt Matches, hat Training. Das bricht weg. Die Struktur bricht weg. Auf der anderen Seite habe ich es gebraucht, viel Freizeit zu haben. Nicht viel zu machen. Die Batterien aufzuladen, hat erstaunlich lange gedauert. Aber man braucht auch eine Aufgabe. Die Trainerstunden zuhause sind mir wichtig. Ich habe die letzten zwei, drei Jahre auch in verschiedenen Ligen gespielt, in Deutschland, Österreich und der Schweiz, sofern das durch Corona möglich war. Damit habe ich die Karriere langsam ausklingen lassen.

2008 hatten Sie eine Burnout-Erkrankung. Ein paar Jahre später haben Sie sie öffentlich gemacht. Es gibt den Fall Naomi Osaka. Das Thema psychische Erkrankungen nimmt zu. Ist die Tennistour Gift für sensible Menschen?

Gift würde ich nicht sagen. Der Druck, Jahr für Jahr die Ergebnisse liefern zu müssen, um sich wieder für die Hauptfelder von großen Turnieren zu qualifizieren, ist groß. Bei Verletzungen ist man erstmal raus. Es ist kein leichtes Leben. Jeder geht da anders mit um. Ich denke, jeder Spitzensportler in einer Einzelsportart hat in seiner Karriere auch mal Phasen, in denen es ihm psychisch nicht so gut geht. Ob man das jetzt Burnout nennt oder anders. Oft kommt eine Verletzung, die einen ein halbes Jahr rauswirft, aber bei der man auch auftanken kann. Es gibt kaum Spieler, die 15 bis 20 Jahre durchspielen. Das schafft kaum ein Körper.

Sie haben rund 7,3 Millionen Dollar Preisgeld gewonnen. Haben Sie ausgesorgt und müssten nie wieder arbeiten?

Schwierige Frage. Es kommt drauf an, wie man lebt nach der Karriere. Ich muss schon noch ein bisschen arbeiten und es ist auch schön, dass man eine Aufgabe hat. Aber ich bin auch sehr dankbar dafür, wie meine Karriere gelaufen ist. Dass ich ein Polster habe, dass ich nicht nach der Karriere darauf angewiesen war, sofort wieder zu arbeiten und Geld zu verdienen.

Wie gefiel Ihnen der Name Grashüpfer? Die Bild taufte Sie so, als Sie 2004 das Viertelfinale in Wimbledon erreichten.

Ich kann mich gut dran erinnern. Es ging so. Witzig war das vielleicht für Außenstehende. Für mich war es nicht der Highlight-Name.

Was bedeutet Ihnen der Titel von Halle 2016? Sie waren als Nummer 192 krasser Außenseiter. Im Finale schlugen Sie Alexander Zverev, im Halbfinale Dominic Thiem.

Das war definitiv der größte Erfolg meiner Karriere. Auch emotional. In Deutschland ein 500er zu gewinnen, in Halle, auf Rasen – das werde ich nie vergessen. Der Pokal steht bei mir im Wohnzimmer. Das sind so schöne Erinnerungen. Auch wenn es schon mehr als fünf Jahre her ist. Es lief richtig gut für mich. Da habe ich tolles Tennis gespielt und verdient den Titel geholt.

Florian Mayer

Beim ATP-Turnier in Halle gewann Florian Mayer seinen zweiten und letzten ATP-Titel.

War das der Lieblingsmoment?

Die zwei Wimbledon-Viertelfinals, der erste Turniersieg in Bukarest, der Sieg beim World Team Cup – das waren die Highlights. Aber der Sieg in Halle hat alles getoppt.

Ihre schlimmste Erfahrung?

Es gab bittere Niederlagen im Davis Cup, etwa im Viertelfinale zuhause in Stuttgart gegen Frankreich. Ich führte 2:0-Sätze und 5:4 gegen Richard Gasquet. Ich servierte zum Match und auf einmal aus dem Nichts bekam ich Krämpfe von der Anspannung. Das war eine extrem bittere Niederlage. Für mich gefühlt habe ich das Team im Stich gelassen. Die Chance gegen den Favoriten war da. So gingen wir mit 0:2 ins Doppel. Das war extrem ärgerlich.

Nächstes Jahr werden Sie 40. Hätten Sie mit der Reife von heute etwas anders gemacht?

Ich hätte mir mehr Pausen genommen, mehr Zeit für Regeneration. Das geht vielen Spielern so. Man hat Verpflichtungen, Turniere zu spielen. Man kommt unerwartet in Hauptfelder und spielt dann beispielsweise ein Masters 1.000er in Shanghai. Zwischendurch tritt man noch an den Wochenenden in der Bundesliga an. Das alles zu entzerren, sich Pausen zu nehmen, Urlaub zu machen und auch mal auf ein Turnier zu verzichten – das hätte ich im Nachhinein anders gemacht.jordan retro shoes mens release dates | 2018 nike air force 1 mid just do it white black orange bq6474 100